Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

ungũnstigen Konjunktur, die Preise auf ein un- 
erträgliches Niveau herabdrückten (Joaquim franco 
Lacerda). Trotzdem wird selbst von brasilianischer 
Seite ([Jornal do Commercio vom 9. Januar 
1898) zugegeben, daß auch heute noch der Kaffeebau 
einkömmlich sei. Die Firma W. H. Croßmann 
Brothers in Santos schätzt die heutige Rente der 
Kaffeekultur auf 25 bis 33 pCt. gegenüber einer 
seitherigen von 100 bis 200 pCt. 
Eine Besserung der Verhältnisse erwartet das 
Jornal do Commercio vornehmlich von einer Ver- 
breitung industrieller Erziehung, um hierdurch von 
einseitiger Pflege der Kaffeekultur abzulenken, von 
einer Verbesserung und Ausdehnung des Verkehrs- 
netzes zur Verringerung der Produktionskosten, von 
der Errichtung von Hypothekenbanken, um dem 
Pflanzer billigen Kredit zu verschaffen. Auch der 
außerordentlich tiefe Stand des brasilianischen Wechsel- 
kurses beeinflußt natürlich in der ungünstigsten Weise 
alle wirthschaftlichen Verhältnisse. 
Trotzdem sei keine Ursache zu allzu pessimistischer 
Auffassung der Lage vorhanden. Brasilien habe 
wenig Schulden im Vergleich zu anderen südamerika- 
nischen Staaten, erhebliche Ausgaben verursache die 
Einwanderung, auf welcher andererseits doch wieder 
die Zukunft des Landes beruht. Die Central= 
regierung habe mit der Ueberlassung des Ausfuhr= 
zolles auf Kaffee (11 pCt. des Werthes) an die 
Provinzen zu viel aus der Hand gegeben. 
Leber Rübah, den vielgenannten derrscher der Reiche 
des mittleren Sudan, 
berichtet Julius Lippert in den „Mittheilungen des 
Seminars für orientalische Sprachen“ Folgendes: 
Räbah (d. h. der Gewinner) gehörte wie auch 
Zubair Pascha dem arabischen Stamme der Ga alijin 
an, die am oberen Nil, etwa bei Chartum, ihre Wohn- 
sitze haben, aber als Gallaba (d. h. Importeure, Klein- 
kaufleute) über den gesammten östlichen Sudan, ja 
bis nach Bornu hin verbreitet sind.)) Sein Vater 
war ein armer Maurer, der sich schlecht und recht 
von seiner Hände Arbeit nährte. Daß Rabah hier 
und da fälschlich als Sklave Zubairs bezeichnet wird, 
ist wohl darauf zurückzuführen, daß er sich schon in 
früher Jugend diesem außerordentlichen Mann, der 
vor seinem öffentlichen Auftreten das Gewerbe eines 
Sklavenjägers betrieb, anschloß und ihm sehr bald 
ein ebenso treuer Freund wie brauchbarer Gehülfe 
bei seinen Unternehmungen wurde. Sicher wird er 
sowohl bei der Unterwerfung der Bahr-al-Gazal= 
Provinz wie bei der Eroberung Darfors thätigen 
Antheil gehabt haben. Als dann Zubair auf einer 
Beschwerdereise zum Khediven in Kairo in Haft be- 
halten und sein von ihm als Stellvertreter zurück- 
gelassener Sohn Sulaimän durch Intriguen zur 
Rebellion gedrängt ward, war Räbah einer der her- 
  
1) Vergl. Nachtigal, Sahara und Sudan II, 234. 
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vorragendsten Unterbefehlshaber des Rebellenheeres. 
Doch das Schlachtenglück war den Aufständischen nicht 
hold. Zu wiederholten Malen aufs Haupt geschlagen, 
wurden sie von Gessi, dem Führer der Regierungs- 
truppen, aufgefordert, weiteren Widerstand als nutzlos 
einzustellen und sich ihm gegen Zusicherung von 
Straflosigkeit zu ergeben. Als in dem Kriegsrath 
der Rebellen, der diesen Vorschlag diskutiren sollte, 
Sulaimän und die Mehrzahl seiner Unterführer sich 
geneigt zeigten, auf diese Bedingung hin zu kapituliren, 
wandte sich Räbah energisch gegen den Vorschlag. 
Seine Ausführungen gipfelten darin, entweder unter 
Preisgabe des bisherigen Herrschaftsgebietes mit ihrer 
gesammten, noch immer nicht unbeträchtlichen Macht 
nach Westen zu ziehen, wo es leicht sein würde, sich 
eine neue Herrschaft zu erkämpfen, oder, wenn man 
schon des Kampfes müde sei, sich nicht dem Gessi, 
sondern direkt der Regierung in Chartum zu unter- 
werfen. Sollte keiner von diesen beiden Vorschlägen 
Annahme finden, so würde er sich genöthigt sehen, 
sich von seinen bisherigen Kameraden zu trennen und 
auf eigene Faust zu handeln. Der überaus verstän- 
dige Rath Räbahs fand weder in der einen noch in 
der anderen Form Beachtung; Sulaimän mit der 
Mehrzahl seiner Unterbefehlshaber ergab sich dem 
Gessi.!) Räbah aber zog, nachdem er von seinen alten 
Waffengenossen bewegt Abschied genommen hatte, mit 
seinen Truppen und dem, was sich ihm von anderen 
Abtheilungen angeschlossen hatte, unter den weithin 
schallenden Tönen der Kriegshörner zum Lager hin- 
aus — in eine ungewisse Zukunft?) 
An dieser Stelle dürfte es angebracht sein, ein 
paar Worte über die Machtmittel, über die Räbah 
bei seinem Auszuge verfügte, einzuschalten. Ich glaube 
nicht, daß sein Heer zu irgend einer Zeit viel über 
3000 Mann stark gewesen sein wird. Und zwar be- 
standen diese Truppen zum kleineren Theile aus 
Ga alijin und Arabern anderer Stämme, die wohl 
die Reiterei des Heeres gebildet haben, zum größeren 
aus Basingern, d. h. europäisch disziplinirten Neger- 
soldaten, die, aus gefangenen Sklaven ausgewählt, 
nach Belieben ergänzt werden konnten. Man darf 
sie wohl passend mit den Mameluken Aegyptens oder 
mit den türkischen Janitscharen vergleichen. Wie ich 
von Augenzeugen seiner Kämpfe in Bornu gehört 
habe, soll Räbah auch über eine Artillerie verfügt 
haben. Daß diese gut bewaffnete und wohldiszipli- 
nirte Truppe barbarischen Negerreichen gegenüber, 
bei denen Feuerwaffen zwar nicht mehr ganz unbe- 
kannt, aber doch noch lange nicht in ausschließlichem 
Gebrauch waren, trotz ihrer numerischen Schwäche 
eine beachtenswerthe Macht repräsentirte, ist ebenso 
selbstverständlich wie durch den Gang der Dinge 
bestätigt. 
1) Sie sollten es bereuen, dem Rathe RNäbahs nicht 
gefolgt zu sein; denn sie wurden trotz der gemachten Zu- 
sicherungen auf Verleumdungen und Intriguen hin am 
15. Juli 1879 insgesammt meuchlerisch niedergemetzelt (ver- 
gleiche Slatin Pascha, Feuer und Schwert im Sudan, S. 28j. 
2) Vergl. Slatin Pascha, ebenda S. 7 bis 28.
	        
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