Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

welchen die eingeborenen Beamten durchweg ge- 
nommen werden. Die Beamten selbst, deren Vor- 
fahren wohl auch unter der früheren despotischen 
Sultansherrschaft nicht allzuviel selbständige Befug- 
nisse ausgeübt haben dürften, begnügen sich mit dem 
Schein der Macht um so eher, als diesem Scheine 
sehr positive Vortheile zur Seite stehen. Ehren und 
Geld sind wirksame Mittel der Holländer, um die 
eingeborenen Beamten an sich zu fesseln. Die an- 
gesehene Stellung, deren sich der Beamte in Java 
von Alters her erfreut, wird von der holländischen 
Regierung möglichst noch gehoben. In dem die 
Verwaltung von Niederländisch-Indien regelnden 
Regeerings Reglement wird das Verhältniß des 
Regenten zu dem Assistentresidenten als das eines 
jüngeren Bruders zum älteren Bruder bezeichnet. 
Diese schmeichelhafte Gleichstellung des eingeborenen 
Beamten mit den nächst Generalgouverneur und 
Residenten höchsten holländischen Beamten der Ko- 
lonie scheint bei geeigneten Gelegenheiten noch mög- 
lichst betont und zur Erhöhung des Ansehens des 
Regenten dem Volke vor Augen geführt zu werden. 
So sah ich verschiedentlich Photographien, auf denen 
Assistentresident und Regent in Galauniform und 
mit Gefolge Arm in Arm ausgenommen waren. Auch 
das Ansehen der unteren eingeborenen Beamten 
scheint seitens der holländischen Regierung möglichst 
gehoben zu werden. 
Von nicht minderer Bedeutung dürfte das peku- 
niäre Moment sein. Die Gehälter der Regenten 
sind zum Theil recht erheblich. Zu diesen Gehältern 
treten noch die weiter unten zu erörternden Kaffee- 
prozente, welche bei dem genannten Regenten 
10 000 Gulden jährlich ausmachen sollen. 
Einen etwaigen Mißbrauch ihrer Stellung durch 
die eingeborenen Beamten verhindert die holländische 
Regierung durch häufigere Versetzung der Beamten. 
In dem Sultanat Diokjakarta, dessen Sultan 
schon seit längerer Zeit seine Herrschaftsrechte auf 
die Holländer übertragen hat, scheinen die Verhält- 
nisse ähnlich zu liegen wie im übrigen Java. Eine 
besondere Politik befolgt die holländische Regierung 
in dem Sultanat Solo, welches sich bis in die 
neueste Zeit noch einer größeren Selbständigkeit er- 
freute. Da der Sultan, der Nachfolger der ehe- 
maligen Kaiser von Mataram, der sich selbst mit 
Stolz den Paku Buwonv, den „Nagel der Welt“ 
nennt, bei der einheimischen Bevölkerung in hohem 
Ansehen steht, so ist hier die Gefahr eines Auf- 
standes in höherem Grade vorhanden, als sonst in 
Java. Die Holländer haben daher einmal mili- 
tärische Maßnahmen getroffen. Ein Kastell ist hier 
so angelegt, daß der Kraton des Sultans, insbesondere 
der prachtvolle große Saal des Palastes, jederzeit 
unter Feuer genommen werden kann. Sodann aber 
erkennt die Regierung, in Beherzigung des Grund- 
satzes: „Divide et imperas, in Solo neben dem 
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wohnt in der Residenzstadt selbst einen prächtigen 
Palast, genießt fürstliche Ehren und hat, wie mir 
der — holländische — Kommandant der Leibwache 
des Sultans mittheilte, nicht weniger als 2000 Mann 
Soldaten ständig unter Waffen. Bei der natur- 
gemäß bestehenden Spannung zwischen Sultan und 
Prinz dürften die Holländer an Letzterem im Falle 
eines Ausstandes einen nicht zu unterschätzenden 
Bundesgenossen besitzen. 
Die Eingeborenen werden in Java allgemein 
zu direkten Steuern herangezogen. Persönlich sind 
sie frei und unterstehen dem Schutze der Gesetze, 
welche insbesondere körperliche Mißhandlung Ein- 
geborener (durch Europäer] mit Strafe bedrohen. 
In religiöser Beziehung herrscht eine weitgehende 
Duldsamkeit. Die Christen haben ihre Kirchen, die 
Mohammedaner — und dies sind fast alle Ein- 
geborenen — ihre Moscheen, die Chinesen ihre Tempel. 
Selbst der Hindudienst scheint noch aktive Anhänger 
zu haben. So sah ich in einigen der kleinen Tempel 
zu Brambanan, in welchen sich Bildsäulen der indi- 
schen Gottheiten befinden, noch glimmende Opfer von 
frischen Blumen und Früchten. 
Den christlichen Missionen, welchen früher eine 
Thätigkeit in Java untersagt war, steht jetzt der 
Zugang frei, doch sollen sie bisher keine nennens- 
werthen Erfolge erzielt haben. 
Die Politik der holländischen Regierung hinsicht- 
lich Nichteingeborener wird von dem Gedanken ge- 
leitet, ungeeignete Elemente von der Kolonie fern- 
zuhalten. Es findet eine genaue polizeiliche Kontrole 
aller zuziehenden Personen statt. Jeder Neuankom- 
mende hat die Verpflichtung, sich binnen drei Tagen 
bei der Polizeibehörde zu melden und sich über seine 
Zwecke auszuweisen. Auf diese Bestimmung, deren 
Nichtinnehaltung hohe Geldstrafe nach sich zieht, 
wird durch Anschläge auf den holländischen Dampfern, 
sowie auf den javanischen Eisenbahnen hingewiesen. 
Das Reisen in Niederländisch--Indien ist nur mit 
besonderer Erlaubniß des Generalgouverneurs ge- 
stattet. Die Folge dieser Politik, welche ein Ein- 
dringen von minderwerthigen Europäern in größerer 
Zahl bisher verhindert hat, dürfte außer der Fern- 
haltung des durch solche Elemente der Kolonie direkt 
entstehenden Schadens auch die sein, daß der Euro- 
päer sich zur Zeit noch eines großen Ansehens bei 
den Eingeborenen erfreut. Die Ehrenbezeugungen, 
welche der Eingeborene wohl ursprünglich seinen 
Fürsten und deren Beamten erwies, wie Abnehmen 
des Hutes, Absteigen vom Pferde, Ausweichen, in 
manchen Gegenden Westjiavas auch Niederkauern am 
Rande des Weges, werden im Binnenlande sehr 
häufig auch dem Europäer als solchem erwiesen. 
Die insgesammt etwa eine Viertelmillion an Zahl 
betragenden Chinesen, welche einen großen Theil des 
Handels an sich gerissen haben, werden, sobald sie 
in größerer Anzahl an einem Orte zusammen sind, zu 
Sultan einen unabhängigen Prinzen, den Manku eigener Verwaltungsgemeinschaft zusammengeschlossen 
Negorro („Kuie der Welt“), an. 
Der Prinz be= und unterstehen ihrem eigenen Vorsteher. 
Aehnlich
	        
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