Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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Nachrichten aus den deutschen Schukgebieten. 
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theibveise nur mit Quellenangabe gestattet.) 
  
Deultsch · Pstafrika. 
Die Cinführung der Bäuser- und Büttensteuer 
ist im Allgemeinen, dank der seitens der Bezirks- 
ämter und Stationen beobachteten Vorsicht und 
Mäßigung, nennenswerthen Schwierigkeiten nicht be- 
gegnet. Eine Heranziehung der einheimischen Be- 
völkerung zur Steuer konnte bisher allein innerhalb 
des nächsten Machtbereichs der Bezirksämter und 
Stationen erfolgen, dort aber meistens ohne Aus- 
übung von Druck oder Anwendung von Waffengewalt. 
Der größte Theil der Bezirksämter und Stationen 
meldet die Möglichkeit einer weiteren Durchführung 
der Steuerverordnung auch in den entfernteren Ge- 
bieten und stellt für das nächste Rechnungsjahr 
größere Einnahmen in Aussicht. 
In den nördlichen Küstenstädten Tanga, Pangani, 
Saadani, Bagamoyo und Dar-es-Saläm ist die 
Steuer leicht eingegangen. Von einer Besteuerung 
des Hinterlandes dieser Bezirke mußte. infolge der 
durch anhaltende Dürre und Heuschreckenplage her- 
vorgerufenen Hungersnoth für dieses Rechnungsjahr 
Abstand genommen werden. 
In den Stadtbezirken Kilwa, Lindi und Milin- 
dani gingen die Steuern gleichfalls glatt und in 
Anbetracht des kurzen Zeitraums reichlich ein. 
Die Entrichtung der Steuer in den reichen Hin- 
terländern dieser Bezirke erfolgt größtentheils in 
Bodenprodukten (Sesam und Mtama) und in dem 
zu Kilwa gehörigen Dondebezirk und dem zu Milin- 
dani gehörigen Makondeplateau in Kautschuk und 
neuerdings auch in Bienenwachs, das einen begehrten 
Ausfuhrartikel bildet. In den Bezirken der Innen- 
stationen wurden die Abgaben zum kleinen Theil in 
baar entrichtet, zum Theil wurden den Stationen 
Bodenprodukte verschiedenster Art und Arbeits- 
leistungen angeboten. Die Bevölkerung zahlte auch 
hier fast durchweg bereitwillig die Steuer, was darin 
seinen Grund hat, daß ein großer Theil der Be- 
völkerung an eine Abgabepflicht schon durch ihre 
Häuptlinge von Alters her gewöhnt war. 
Die abgegebenen Bodenprodukte wurden theils 
an die Askaris und Stationsangehörigen verkauft, 
theils dienten sie zur Verpflegung der Kettengefan- 
genen und Reitthiere, theils auch als willkommene 
Tauschartikel, so z. B. das den Landschaften des süd- 
lichen Muanzabezirkes eigenthümliche Industrieprodukt 
der eisernen Hackenblätter. 
Eine Station — Bukoba — läßt als Natural- 
leistung noch die Verpflegung aller von Bukoba 
ausgehenden Expeditionen zu. 
Die angebotenen Arbeitskräfte finden namentlich 
im Trägerdienst und beim Wege= und Brückenbau 
sowie bei Stationsbauten Verwendung; im Bezirk 
Langenburg tritt noch das Ziegelstreichen und das 
  
—. -F 
Schlagen von Brennholz für den Gouvernements- 
dampfer „Hermann von Wissmann“ hinzu. 
Als Bezirke, in denen die Durchführung der 
Steuerverordnung bisher nur geringe oder gar keine 
Erfolge aufzuweisen hatten, sind die Station Iringa 
und der Bezirk Wilhelmsthal zu nennen. Für Iringa 
fehlte bei dem bisherigen Kriegszustande bis vor 
Kurzem die Vorbedingung zur Besteuerung: Völlige 
Ruhe im Lande. Das Darniederliegen des Land- 
baues, der Viehzucht, wie von Handel und Wandel 
infolge des lange Jahre andauernden Kriegszustandes 
wird bei dem Ergebniß der Steuer noch Jahre lang zu 
Tage treten und den Stationschef zwingen, besonders 
vorsichtig bei der Steuererhebung zu sein und ihn 
veranlassen, erst die Steuerkrast der Eingeborenen 
durch geeignete Maßnahmen zu heben. 
Im Bezirk Wilhelmsthal erfuhren die Vorarbeiten 
zur Einführung der Steuerverordnung durch die 
Nahrungsnoth und die Neueinrichtung des Bezirks- 
amtes und die erst im Laufe des vergangenen 
Sommers erfolgte Uebernahme desselben durch Be- 
zirksamtmann Meyer Verzögerungen. Daher liegt 
ein Bericht über die bei der Durchführung der 
Steuerverordnung gemachten Erfahrungen dem Gou- 
vernement noch nicht vor. . 
Es ist nicht zu verkennen, daß neben den Erfolgen 
der Schutztruppe und den dadurch erreichten Einfluß 
das glückliche Gelingen der Mitwirkung seit Jahren 
sorgfältig vorgebildeter, tüchtiger und einflußreicher 
Jumben, Aliden 2c. zu verdanken ist. Es liegt daher 
durchaus im Interesse des Gouvernements, auf dem 
begangenen Wege fortzuschreiten und die Ausbreitung 
der Verwaltung über weitere Gebiete möglich zu 
machen. Der Fortschritt der eingeborenen Bevölke- 
rung auf geistigem Gebiete ebnet einer umfangreichen 
Durchführung der Verordnung die Wege. Auch außer 
der leichteren Auffassung und Erkenntniß des Wesens 
und Nutzens der Steuer ist die Mitwirkung vorge- 
bildeter Eingeborener nicht zu unterschätzen. So 
leisteten die auf Veranlassung der Bezirksämter durch 
die Lehrer und Dolmetscher im Suahelischreiben 
und -lesen wie im Rechnen ausgebildeten Eingeborenen 
und Küstenleute den Land= und Stadtbezirken bei 
den Vorarbeiten und der Steuereinziehung recht gute 
Dienste. Eine Erhöhung der bisherigen im Etat 
vorgesehenen Summe zur Remunerirung von Aliden, 
Jumben 2c. sowie die Neuanstellung eines weiteren 
deutschen Lehrers im Süden des Schutzgebietes, in 
Kilwa, wird daher für das nächste Rechnungsjahr 
1899 bezw. 1900 zu erwägen sein, da nach den 
gemachten Erfahrungen diese Mehraufwendungen 
sicher durch das Mehrergebniß der Steuer aufge- 
wogen werden. 
Durch die Zulassung von Naturalleistungen wird 
allenthalben das Interesse für die Kultur und Ge-
	        
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