Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

bewohnern mit Erfolg geübten Prinzip des Ausreißens 
fest und zog sich in die hohen schwer zugänglichen 
Berge zurück. Ich bezog daher früh auf einem die 
Umgebung beherrschenden Hügel Lager und sandte 
nach allen Seiten Boten aus, um die umwohnenden 
Jumben zum Schauri zu rufen. Einen größeren 
Hersscher giebt es hier nicht, jeder Haus= oder Dorf- 
besitzer ist sein eigener Herr und Richter. 
Bis zum Nachmittag waren etwa 40 Dorfälteste 
mit Geschenken zur Stelle, nur ein größerer Mann, 
Madohola mit Namen, ließ mir sagen, die Europäer 
wären zu schwächlich, seinen Berg zu ersteigen. Eine 
Stunde nach Empfang dieser Botschaft war ich bei 
ihm und überraschte ihn so vollständig, daß er noch 
nicht Zeit gehabt hatte, seine Ziegen zu verstecken, 
was sonst immer der Waluguru erstes Geschäft ist; 
auch Madohola selbst erwischte ich noch und nahm 
ihn mit seinen Ziegen und Schafen mit. 
Am folgenden Tage ließ ich mein Lager an der- 
selben Stelle und besuchte in vielstündigem beschwer- 
lichen Rundgang sämmtliche, auch die auf den ent- 
serntesten Bergen gelegenen Ortschaften, wo der größte 
Theil der gestern erschienenen Jumben mich erwartete. 
Weiber und Kinder sah ich aber nur wenige. 
Die kahlen Bergabhänge und Thäler sind für 
Negerkulturen erstaunlich fruchtbar, die Mais= und 
Kornfelder zahllos. Die fruchtbaren Thäler zeugen 
von dem Fleiß der Bewohner, die kaum ein bebau- 
bares Fleckchen übrig gelassen. 
Nach der Ernte werden hier zum ersten Male 
Steuern erhoben werden, was den Leuten schon jetzt 
bekannt gegeben ist. Für jede Hütte wird ein Sack 
bei freiwilliger Herbeischaffung, zwei bis drei Sack 
bei Verweigerung der Abgabe eingezogen werden. 
Ich halte es in diesem Jahre noch nicht für ange- 
zeigt, die Leute zu zwingen, ihre Steuern auf der 
Station selbst abzuliefern, wenn auch dadurch der 
Verkehr mit den Serialbehörden gefördert werden 
und einzelne zutraulicher gemacht würden. Die All- 
gemeinheit würde sich doch weigern; Strafen würden 
nothwendig und die Furcht immer größer werden. 
Ich habe daher bei Simba, dem Eingangs erwähnten 
Jumben, am Mlali und bei Kingo in Mrogoro 
Magazine errichtet, wo die Steuern abgeliefert werden 
können. Der Wagen der Station wird dann von 
dort die aufgesammelten Vorräthe abholen. Ich 
rechne bei oberflächlicher Einschätzung auf 1000 bis 
1200 Centner Getreide, wobei Voraussetzung bleibt, 
daß die Heuschrecken die Ernte nicht vernichten. 
Am 3. bestieg ich den Nyagonga, Tschamballa 
und Songa, besuchte die dort liegenden Dörfer und 
lagerte, zum Mgeta hinabsteigend, da, wo der Fluß, 
von Lukwangule kommend, in vielen kleinen Katarakten 
zu Thal füällt. 
Die folgenden Tage waren bestimmt, den Jumben 
Longwa, dessen Verwandten Kipaira und den Hexen- 
verbrenner Limoto und Kimhanda einzufangen. Die 
Bestrafung derselben hat einen guten Eindruck gemacht, 
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andere versprachen zur Station zu kommen. Flagge 
und Schutzbrief erhielt noch keiner, erst müssen sie 
freiwillig in Kilossa gewesen sein. 
Nach Bestrafung der oben genannten Jumben 
kreuzte ich am 8. in den Bergen umher, den Leuten 
zu zeigen, daß nur die Schuldigen zur Rechenschaft 
gezogen, die friedlich Wohnenden aber geschützt würden. 
Am 9. stieg ich zur Mdulla Kiva Mgali göundr und 
ging von dort zu Kingo, wo am 10. und 11. feier- 
liches Schauri stattfand, zu dem 15 Waluguru-Jumben 
erschienen waren, sie versprachen, von nun an mit 
der Station in Verkehr zu treten, Steuern zu zahlen 
und sich aller Gewaltthätigkeiten zu enthalten. Der 
am ersten Tage wegen seiner geringen Einschätzung 
der Bergsteigfähigkeit der Europäer verhaftete Jumbe 
Madohola erhielt seine Ziegen zurück, er selbst aber 
einen Monat Kette, weil er auf mehrfache Aufforde- 
rung hin zum Schaurt nicht erschienen war. 
Nach Erledigung dieser Angelegenheiten stieg ich 
bei Vituli östlich Mrogoro, wo viele Missionsange- 
hörige fleißigen Ackerbau treiben, wieder in die Berge 
und erklomm in fast senkrechtem Anstieg den Lukenge, 
durchschritt den schönen Urwald, den Herr v. Bruch- 
hausen im Kolonialblatt Nr. 21 1898 beschreibt, 
und lagerte bei Kingaro. 
Der Wald nördlich bei Kingaro ist noch ziemlich 
unberührt von der Brennwuth der Neger geblieben, 
ich maß umgestürzte Bäume von 61 m. Es ist aus- 
gesprochener Urwald, nur an einzelnen Stellen am 
Wege findet man zusammengetragene Reiser an aus- 
gehauenen Plätzen, hier treibt der alte Kingaro, sonst 
ein sehr verständiger Mann, aber bei den Wakami, 
die hier die Ostseite der Berge bewohnen, scharf ge- 
trennt von den Waluguru, als Regenmacher bekannt, 
sein Unwesen. 
Von Kingaro aus besuchte ich Herrn Moritz, 
der eine Kaffeepflanzung anlegt, und kletterte eine 
Stunde ostwärts, einen Pirschweg des Herrn MoriGz 
benutzend, in dem man selbst bei größter Sonnenhitze 
durch das dichte Laub der Baumriesen völlig geschützt, 
in Mütze marschiren kann, nach Kiroka hinab. 
Am 17. ging ich nach Kikundi, wo der zur Station 
versetzte gelernte Jäger, Unteroffizier Scharffenberg, 
den ich auf dem Rückmarsch über seine Thätigkeit in 
Matwiga (Gebiet des Eisenholzbaumes) und im Be- 
zirk instruiren wollte, mich auf meinen Besehl er- 
wartete. 
Am 23. traf ich wieder in Kilossa ein. 
Ueber eine Dienstreise im Rufidvi-Delta 
berichtet Forstassessor v. Bruchhausen unter dem 
8. Februar d. Is., wie solgt: 
In der Zeit vom 28. Januar bis zum 6. Fe- 
bruar habe ich eine Reise mit dem Dampfer „Ulanga“ 
stromanfwärts und wieder zurück nach Usimbe unter- 
nommen, um die vermessenen Landflächen der Iringa- 
  
viele Leute kamen ins Lager und brachten Essen, 
und der Deutsch-ostafrikanischen Plantagen-Gesellschaft
	        
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