Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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mäßig beladenen Kanus für die Bergfahrt 86, für 
die Thalfahrt 25 Stunden gebraucht. Wenn ich die 
wahrscheinlich zu gering geschätzte Geschwindigkeit 
von 3 km pro Stunde für die Bergfahrt zu Grunde 
lege, so liegen die Schnellen etwa c = 2 30 
4= 13° 40“ östl. Greenwich. Doch möchte ich 
vermuthen, daß die Geschwindigkeit größer war. 
Meine eingesandten astronomischen Ortsbestimmungen 
werden das ja ergeben. 
Die ganze Strecke von den Schnellen bis zur 
Mündung des Ngoko in den Sanga (etwa 330 km) 
ist selbst für größere Flußdampfer gut schiffbar. Ich 
habe von den Fällen an alle zwei Minuten lothen 
lassen und erreichte bei dem jetzigen mittleren Wasser- 
stand mit einer 3 m langen Rute nur an ganz ver- 
einzelten Stellen Grund, wobei noch zu erwägen ist, 
daß ich mit den Kanus natürlich fuhr, ohne mir das 
Fahrwasser irgendwie auszusuchen. Das Bett des 
Ngoko und Dscha ist tief in felsigen Boden ein- 
geschnitten. Die Strömung wechselt sehr, ist jedoch 
meist gering. Stellen, die für einen Heckraddampfer 
von 10 bis 15 Tonnen, wie sie auf dem Kongo 
fahren, irgendwie schwierig sind, falls der Führer 
sich einigermaßen mit dem Fahrwasser und nament- 
lich mit den an einzelnen Stellen vorkommenden vom 
Wasser bedeckten Klippen bekannt macht, giebt es 
auf der ganzen Strecke nicht. Nicht ganz so günstig 
steht es mit dem Bomba, welcher über Kodiu hinaus, 
etwa 20 km von der Mündung entfernt, für Dampfer 
nicht schiffbar ist. Es sind auch auf dieser Strecke 
an einzelnen Stellen Klippen vorhanden, doch lassen 
sich dieselben bei Kenntniß des Fahrwassers leicht 
umgehen. 
Die übrigen Nebenflüsse des Ngoko bezw. Dscha 
sind kleine Bäche, von denen einige nicht weit von 
der Mündung Teiche bilden, die wegen ihres Fisch- 
reichthums von den Eingeborenen viel besucht werden. 
Seiner Breite und Tiefe nach könnte der 50 m 
breite Kudu, der bei dem Dorfe Balla mündet, wohl 
schiffbar sein, doch versperren zahllose umgestürzte 
Baumstämme sein Fahrwasser schon nahe bei der 
Mündung. 
Was die Ufer betrifft, so sind dieselben weiter 
oberhalb, wie schon erwähnt, stark gebirgig, Alles, 
soweit das Auge reicht, ist von dichtem Urwald be- 
deckt. Die Oelpalme kommt in demselben nur von 
Dschama an stromaufwärts und nur in ganz ver- 
einzelten Exemplaren vor. Gummi kommt überall, 
an einzelnen Stellen sogar in großen Mengen vor. 
Elephanten giebt es überall in großen Mengen, 
gesehen habe ich während der Reise zwar nur drei, 
doch sind beide Ufer auf der ganzen Strecke von 
ihnen buchstäblich zertreten; da ist keine Lache, kein 
Grasplatz, auf dem man nicht frische Spuren in 
Menge sieht, der ganze Wald ist von ihren Pfaden 
dicht durchzogen. Flußpferde und Krokodile sind 
im Fluß häufig, Büffel spürt man viel am Ufer, 
der Fischreichthum ist groß. 
Was die Bevölkerung anbetrifft, so theilt man 
  
den seßhaften Theil derselben in die Nzimu und die 
Misanga ein. Der Name Nzimu bedeutet Busch- 
bewohner und umfaßt eine Vielheit von Stämmen, 
deren größter Theil die unmittelbare Nähe der 
Flüsse meidet und überhaupt keine Kanus besitzt, im 
Gegensatz zu den wasserliebenden Misanga; zu ihnen 
gehören die Tzimburi, die Kunabembe, die Bama- 
bassa und Bangandu. Die sämmtlichen Nzimu sind 
ihrer Sprache, ihren Waffen und Geräthschaften 
nach mit den Fan zweifellos stammverwandt, doch 
werde ich über alle rein völkerkundlichen Sachen 
später gesondert berichten. 
Auffallen muß hier vor Allem die außerordent- 
lich geringe Zahl der Bevölkerung. Der ganze 
Stamm der Misanga, der von der Ngokomündung 
bis Dschama und Dangolo dicht am Fluß oder auf 
den Inseln sitzt, kann kaum mehr als 1000 Seelen 
betragen. Was die Nzimu anbetrifft, so schließt sich 
an Kunabembe und Tzimburi nach Nordost der 
etwas zahlreichere Bangandustamm. Auf die 
kleinen bis an den Fluß vorgeschobenen Bamabassa- 
dörfer, die zusammen nicht 400 Einwohner haben 
mögen, folgt nach Süden der größere Bamabassa- 
stamm erst in einer Entfernung von 3 bis 4 Tage- 
märschen. Von der Station an zieht sich bis zum 
Sanga hin in spärlichen kleinen Dörfern eine weitere 
Abtheilung der Nzimu, deren Zahl wohl auch kaum 
über 1000 hinausgeht. Hiermit ist aber auch die 
Zahl der seßhaften Stämme, die sich in diesem 
großen Gebiet feststellen lassen, erschöpft. 
Nach meinen Erkundungen soll man von Kuna- 
bembe aus die erste Ortschaft im Nordwesten erst 
nach 10 tägigem Marsch durch unbewohnten Urwald 
erreichen. Von den Bangandu aus soll man nach 
Nordosten ebenfalls 10 Tagemärsche durch unbe- 
wohnten Urwald gehen, ehe man ein Dorf trifft. 
Nach Norden und nach Westen zu über die Schnellen 
des Bumba und des Dscha hinaus wußten die Leute 
überhaupt nichts von der Existenz von Ortschaften. 
„Wer nach dort geht, stirbt im Busch und findet 
kein Dorf“, lautete stets die Antwort, so viel Leute 
ich auch aus den verschiedensten Ortschaften befragte. 
Völlig übereinstimmend lauteten auch die Angaben 
dahin, daß das ganze Terrain soweit es bekannt ist, 
mit Urwald bedeckt ist. Von Grasland weiß man 
überhaupt nichts, charakteristisch ist, daß man dasselbe 
hier in dem aus Bangalla und Misanga zusammen- 
gesetzten Kauderwelsch „dzamba nam putu“ (wört- 
lich „Busch der Weißen“) nennt. Es scheint nach 
Allem, daß wir es hier mit einem ungeheueren, 
viele 1000 qkm großen zusammenhängenden inner- 
afrikanischen Urwaldgebiet zu thun haben, dessen 
spärliche Bevölkerung, soweit sie seßhaft ist, sich in 
die Nähe der Flußläufe zusammendrängt, im Innern 
große Strecken unbewohnt lassend. 
Neben der seßhaften Bevölkerung spielen hier 
wirthschaftlich die Stämme der wohhnsitzlosen Ele- 
phantenjäger eine große Rolle, die von den Einge- 
borenen Badyiri, Bakollo oder Bayaka genannt
	        
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