Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

nicht auf einen zweiten Marsch soweit nach Norden 
rechnen kann und daher ohne Urtheil über den Haupt- 
theil von Ruanda, Land und Leute, bleiben würde. 
Nach zweitägigem Marsch erreichte ich den west- 
lichen Theil des Mohasi-Sees, welchen ich am folgen- 
den Tage auf einer guten Papyrusbrücke überschritt. 
Auf diesem Marsche erschienen in südlicher Richtung 
zwei Seen, welche mir als Luhita= und Waschangia- 
See bezeichnet wurden, von denen letzterer in Kisakka 
liegen soll, wahrscheinlich eine der seenartigen Er- 
weiterungen des Nyavarongo oder Kagera. 
Die Verlängerung des Mohasi-Sees bildet ein 
großer Papyrussumpf, welcher mit dem Nyavarongo 
in Verbindung stehen sollte, woran nach der Gestal- 
tung der Bergzüge kaum zu zweifeln war, und was ich 
auf meinem Marsch nach Südosten feststellen konnte. 
Nun durchzogen wir in närdlicher Richtung in 
fortwährendem Auf und Nieder hohes Bergland, auf 
weite Strecken von Osten nach Westen laufende Berg- 
rücken mit theils schwierigen Auf= und Abstiegen. 
Laterit wechselt hier mit Schiefergesteinen und Kalk- 
formationen; bei einem sehr steilen Aufstieg am 
16. März auf dem Marsch nach Muendo am Fuße 
der Ngangiberge fand ich in festen schwarzen Stein- 
blöcken einige Bergkrystalle, leider nur unbedeutende, 
unklare, kleine Stücke. 
Während die Berge kahl sind, Bäume und Sträucher. 
zu den Seltenheiten gehören, sind die tiefen, wasser- 
reichen Thäler dicht bebaut und bewohnt, und herrscht 
in diesem Landstrich ein entschiedener Wohlstand, auch 
sah ich hier zahlreiche größere Rinderherden, schöne, 
wohlgenährte Thiere, der Stolz der Watussi. Die 
vielen versumpften Wasserrinnen in den Thälern 
machten sich beim Ueberschreiten sehr unangenehm 
bemerkbar, da die Reit= und Schlachtthiere oft tief 
einbrachen. 
Am 18. März zeigte die Landschaft einen anderen 
Charakter; die Höhen wurden flacher, und eine dich- 
tere Buschbewachsung ließ sich erkennen, Bäume fehlten 
auch hier. Jetzt konnte man dem Lande den Namen 
eines Hochplateaus geben, während es mir bisher den 
Eindruck eines hohen, schluchten= und flußreichen Ge- 
birgs= und Berglandes gemacht hatte, wie auch später 
wieder. Aber nur kurze Zeit waren die Auf= und 
Abstiege weniger steil, bald kamen wieder die an- 
strengenden Kletterpartien, welche der durch die täg- 
lichen Regengüsse vollkommen durchweichte, glitschige 
Boden, in dem oft Menschen und Thiere Strecken 
von 4 bis 6 m weit abrutschten, noch schwieriger 
machte und die Anstrengungen verdoppelte. 
Vom 20. zum 21. März hatte ich an dem früheren 
Grenzfluß von Mphöroro gelagert und erreichte am 
22, nach zehn, theilweise sehr anstrengenden Märschen, 
seit dem Verlassen von Nyarugenje, die jetzige Grenze 
in der Landschaft Kakisi. 
Von hier wandte ich mich, der Grenze folgend, 
westwärts. Das Bergland, welches allmählich wieder 
zum hohen Gebirgsland wurde, bot größere Stei- 
gungen, breitere, sehr wasserreiche, aber auch tief 
  
versumpfte Thäler, welche die Schwierigkeiten mehrten 
und das Vorwärtskommen sehr erschwerten. Gottlob 
war nur die Natur ein Hemmschuh, denn die vom 
Kigeri mitgegebenen Führer und seine uns voraus- 
gesandten Befehle an die Mtwale, Untersultane, 
sorgten in jeder nur denkbaren Weise für die Ver- 
pflegung der Karawane und für Brennholz, welches 
hier, wie in dem bisher durchzogenen Landstriche, zu 
den theuersten Handelsartikeln gehört. In diesen 
Grenzbezirken traf ich nicht nur Watussi in dem Amte 
der Mtwale, sondern auch Wahutu, welche der Kigeri 
zu seinen Verwaltungsbeamten gemacht hatte, und 
überall Wohlstand, reiche Feldbebauung und viel Vieh. 
Die Schwarzen tragen hier fast ausschließlich nur 
Felle und nehmen die Häute der geschlachteten Thiere 
gern als Tauschartikel für andere Lebensmittel; für 
ein Ziegen= oder Hammelfell erhält man ebensoviel 
Feldfrüchte, als wie für den Gegenwerth des leben- 
den Thieres. 
Am 29. März erreichte ich, nachdem wir viele 
größere Sümpfe passirt hatten, in der Landschaft 
Bugira den Kifuha-See, ein herrliches, von steilen 
Höhen umgebenes Wasserbecken, mit tiesen Ausbuch- 
tungen, welche große Papyrussümpfe bilden und die 
meinem Weitermarsch nach Westen die Form eines 
fortwährenden Zickzacks aufzwangen. 
Hinter den hohen Gebirgszügen tauchte in genau 
westlicher Richtung in weiter Ferne ein hoher Berg- 
kegel auf, welchen die Führer als Ufumbiro be- 
zeichneten. 
Nach äußerst anstrengenden Märschen auf den 
schlechtesten Pfaden lagerte die Karawane am 3. April 
in Kaschebe zwischen dem Nyaburera= und Tschahafi- 
See. Kaschebe gehört zu der Landschaft Ufumbiro, 
und wurde hier der hohe Berg als „Kirunga“ be- 
zeichnet, während der Ufumbiro weiter westlich 
liegen soll. 
Auf dem Marsch am 4. April stiegen wir von 
den hohen Bergen in eine weite Ebene hinab, Lava- 
felder, aus denen der Kirunga-ya--Ufumbiro, wie ich 
ihn nun nenne, gleichsam als einzige, riesige Erhebung 
emporsteigt, obgleich die Höhen an seinem Fuß, recht 
beträchtliche Berge, etwa wie die höchsten Pugu- 
berge, sind. 
Die Eingeborenen haben die kleineren Lavablöcke 
zu Haufen zusammengetragen, so daß die Ebene den 
Eindruck eines großen Friedhofes macht. Zwischen 
diesen Lavahügeln, welche auch theilweise, wie niedrige 
Mauern fortlaufend, ähnlich den westfälischen und 
friesischen Einfriedigungen unregelmäßige Vielecke ein- 
rahmen, werden jetzt die ersten Versuche mit Feld- 
bebauung gemacht, während an den näher am Kirunga 
gelegenen Berg= und Hügelhängen herrliche Felder 
sich ausdehnen und zahlreiche, große, dichtbevölkerte 
Dörfer liegen. 
Die Gegend um den Riesenberg ist vollkommen 
wasserarm; die Bewohner entnehmen das Wasser von 
den in großen Töpfen und Löchern ausgesammelten 
Niederschlägen und aus den sernen Seen oder auch
	        
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