Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Stab: Hauptmann v. Kamptz, Oberarzt Kerk- 
sieck, Sergeant Jonczyk, 10 farbige Chargen und 
Soldaten. 
1. Kompagnie: Hauptmann v. Dannenberg, 
Leutmnant v. Lottner, 86 farbige Chargen und 
Soldaten. 
2. Kompagnie: Leutnant Buddeberg, Unter- 
offizier Karnatz, 79 farbige Chargen und Soldaten. 
3. Kompagnie: Leutnant v. Madai, 70 far- 
bige Chargen und Soldaten, 279 Träger. 
Wir gelangten in Eilmärschen am 25. August zu 
dem drei Stunden südlich Tibati gelegenen Fluß. 
Dieser war so angeschwollen, daß ein Durchwaten 
unmöglich war, und mußte daher Alles in dem mit- 
geführten Faltboot übergesetzt werden. Da das 
Uebersetzen zeitraubend und Gefahr im Verzuge war, 
marschirte ich, nachdem die 1. und 2. Kompagnie 
das andere Ufer erreicht hatte, sofort gegen Tibati 
los. Leutnant v. Madai erhielt den Auftrag, mit 
der 3. Kompagnie das Uebersetzen des Gepäcks zu 
decken und dann mit Allem zu folgen. 
Als wir gegen 1 Uhr mittags an die Stadt 
kamen, entnahm ich aus dem ganzen täglichen Ge- 
treibe, wie Kornstampfen und dem gewöhnlichen 
Lärm, daß unsere Annäherung umentdeckt geblieben 
war. Durch das unbewachte Thor gelangten wir 
in die Stadt, nachdem die Truppe aus der einglie- 
derigen Marschformation in Reihen zu zwei Gliedern 
im Laufschritt zusammengezogen war. Das Thor 
wurde alsbald durch sieben Soldaten besetzt. 
Bei unserem Einmarsch strömte zuerst eine neu- 
gierige Menge zusammen, aus der sich bald Leute 
absonderten, die bewaffnet nach dem Innern der 
Stadt eilten, auch packten alsbald die Welber das 
Hausgeräth zusammen und flüchteten. Inzwischen 
gelangten wir, ohne Aufenthalt fortmarschirend, zu 
dem Sultanskral. Einige Bewaffnete und Berittene 
legten auf unseren Zuruf sofort die Waffen nieder 
bezw. saßen ab. 
An der Spitze des Avantgardenzuges drang ich 
sofort in den Kral ein, während die Truppe davor 
Aufstellung nahm. Sultan Mohama wurde in der 
Mitte seiner Weiber, vollständig betrunken, angetroffen. 
Er wurde sofort auf den Platz vor dem Kral ge- 
bracht und dort seine Absetzung verkündet. Einige 
Leute seiner Umgebung hatten dort die niedergelegten 
Waffen wieder ausgenommen, und wurde dann auf 
meinen Besehl von der Truppe gefeuert. So wurde 
jede größere Auflehnung im Keime erstickt. 
Bereits am nächsten Tage ließ der angesehene 
Kabullamann Kadreor anfragen, ob er mit der Be- 
völkerung zurückkommen dürfe, und erschien auch am 
29. selbst. Ich theilte ihm die Absetzung des Sultans 
Mohama mit und meine Absicht, den Jerima Mengeri 
als Sultan einzusetzen, wenn dieser meine Bedin- 
gungen erfüllen würde. 
Am 1. September ging Kadreor selbst zum Jerima 
Mengeri, um denselben zurückzurufen, nachdem alle 
Boten vergeblich entsandt waren. Den 3. September 
138 
  
kam Kadreor mit dem Bruder und dem Sohne des 
Jerima Mengeri zurück. Letzterer ließ mir durch 
diese die Bitte aussprechen, ihn auf seiner Farm zu 
belassen. Er sei ein alter Mann und werde mit 
allen meinen Anordnungen zufrieden sein. Meine 
Wahl fiel dann auf den Jerima Chiroma, einen 
Vetter zweiten Grades des abgesetzten Sultans Mo- 
hama, einen Mann von einigen 40 Jahren mit 
intelligenten scharfen Zügen. Dieser erschien dann 
am 6. September mit vielen Leuten und wurde, 
nachdem ich mit ihm in den folgenden Tagen die 
Bedingungen durchgesprochen und er sich mit Allem 
einverstanden erklärt hatte, am 11. September in 
Gegenwart der zahlreichen Bevölkerung von mir in 
feierlicher Weise als Sultan von Tibati eingesetzt. 
Ich bemerke hierzu: das Saltanat Tibati ist 
durch Abtrennung mehrerer Landschaften erheblich 
geschwächt und hat schon hierdurch seine frühere 
Machtstellung verloren. Die Kriegsentschädigung 
habe ich aus Billigkeitsgründen um die Hälfte her- 
untergesetzt, nachdem ich bekannt gegeben, daß jede 
diesseitige Machtentfaltung unter allen Umständen 
bezahlt werden müsse. 
Dem Sultan Chiroma habe ich unter allen Um- 
ständen den kräftigsten Schutz der Station Joko zu- 
gesichert und die Station mit diesbezüglichen Wei- 
sungen versehen. 
Am 22. September war Alles soweit geregelt, 
daß ich mit der ganzen Truppe Tibati verlassen 
konnte, um nochmals die Station Joko zu besichtigen. 
Ich traf in Joko am 28. September ein und wurde 
von der gesammten Bevölkerung, die mir für ihre 
Befreiung vom Tibatijoch dankten und den gefangenen 
Sultan Mohama mit einem Gemisch von Scheu und 
Haß in Augenschein nahmen, freudig empfangen. 
Sultan Mohama, unfähig zu marschiren, mußte 
zu Pferde transportirt werden. Späterhin ist er, 
da er drei Pferde gedrückt hatte, in einer Hänge- 
matte getragen worden. Er ist hülflos wie ein Kind, 
und habe ich ihm einen Haussasoldaten als Wächter 
und Pfleger geben müssen, da keiner seiner Leute 
ihm folgen wollte. Das einzige Weib, welches ich 
von dem neuen Sultan Chiroma für ihn requirirte, 
war nach dem ersten Marsch entlaufen. Jetzt ist er 
beinahe apathisch und trägt sein Los mit orientalischem 
Phlegme. „Allah hat mich gestraft“, sagte er, als 
ich ihm die Bitte, ihn gegen Lösegeld freizulassen, 
unter dem Hinweis auf Allahs Willen abschlug. Das 
einzige Interesse bringt er dem Alkohol entgegen, 
der ihm von Zeit zu Zeit in kleinem Maße gereicht 
wird. Immerhin halte ich es für durchaus nöthig, 
den Mohama, der in Tibati noch Anhang zu besitzen 
scheint und überaus gefürchtet wird, an der Küste 
selbst zu interniren, und habe ich dem Sultan Chi- 
roma und allen Fullas versprochen, daß dieser gehaßte 
und gefürchtete Mann nicht mehr nach Tibati zurück- 
kommt. Die Gefangennahme des Mohama hat bei der 
ganzen Bevölkerung das größte Aufsehen gemacht und ist 
ein mächtiger Faktor zur Befestigung unserer Herrschaft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.