Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

wobei er einen vergeblichen Fluchtversuch machte. 
Die beiden Weiber blieben bei diesem Vorgang ruhig 
zugegen und gaben, als der Baining abgeführt wurde, 
kein Zeichen von Aufregung oder Erstaunen kund. 
210 
Abend das Dorf Vanderam, etwa 500 m hoch ge- 
legen. Hier wurden noch zwei Diebe festgenommen. 
In Banderam, welches aus fünf elenden kleinen 
das Tabu (Muschelgeld) gewonnen wird, 
Hütten besteht, in denen ein Mensch nur in zusammen- 
ganze Anzahl von europäischen Booten, welche Händler 
gekauertem Zustande sich aufhalten kann, wurde über- 
nachtet. Zur Sicherung und Bewachung der ge- 
fangenen Bainingeingeborenen wurden Nachtposten 
ausgestellt. Es war übrigens interessant, zu beob- 
achten, wie sämmtliche Polizeisoldaten, gleichgültig, 
ob Neumecklenburger, Buka oder Neupommern, auf 
die schmutzigen Baining mit tiefer Verachtung herab- 
blickten und in ihrer Unterhaltung über die dummen 
Menschen, die sich so leicht hatten fangen lassen, 
spotteten. 
Am anderen Morgen wanderten wir weiter durch 
Taropflanzungen und Busch. Unterwegs glückte es 
einem der gefangenen Baining, sich seiner Fesseln zu 
entledigen und zu entkommen. Die nächsten Ansie- 
delungen (in der Landschaft Navin) waren von den 
Bainingleuten verlassen, die wohl inzwischen gewarnt 
  
worden waren. Nur eine alte Frau wurde in einer 
Küstensprache kundigen Baining als Dolmetscher ergab, 
Niederlassung angetroffen. Ich ließ die Hütten, so- 
weit eine Betheiligung der Eigenthümer an den 
Embruchsdiebstählen festgestellt wurde, zerstören. 
In der letzten, weiter abliegenden Bainingansie- 
delung, die wir berührten, trafen wir drei Männer 
an, die bei unserer Annäherung ruhig in der Hütte 
sitzen blieben. Zwei davon wurden als an den 
Diebstählen betheiligt gleichfalls festgenommen. 
Es begann nun der stelle Abstieg zum Karro, 
wobei wir den Manor, einen die Felsen hinab- 
schäumenden Gießbach, mehrfach kreuzten. Der Karro 
wurde einige Kilometer flußaufwärts von dem Punkte 
erreicht, von welchem aus wir am Tage vorher den 
Aufftleg auf die Berge angetreten hatten. Am Nach- 
mittag wurde Vunamarita wieder erreicht. 
Unterwegs hatte der Häuptling Tombola von 
Navin, der seitens der Verwaltung als solcher be- 
stätigt ist, dem Pater Rascher die Namen einer 
Anzahl von Bainingeingeborenen genannt, welche noch 
bei den umwohnenden Stämmen als Sklaven ge- 
halten werden sollten. Ich sandte alsbald Tombola 
mit einigen Polizeisoldaten nach dem nächstgelegenen 
Ort Navin, in dem sich noch fünf Sklaven befinden 
sollten. Es wurden mir alsbald auch die fünf 
Sklaven ohne Widerstand ausgeliefert. 
Am folgenden Morgen, dem 10. November, traten 
wir in dem Missionsdampfer mit Herrn Bischof 
Couppé zusammen die Rückfahrt an. Unterwegs 
wurden Vunatalis und Ramandu angelaufen, wo 
noch Sklaven sein sollten. Die Einwohner waren 
alle geflüchtet. Ich beschränkte mich darauf, ihnen 
den Befehl zur Auslieferung der Sklaven unter An- 
drohung eventuellen Vorgehens übermitteln zu lassen. 
  
–— — —— — —— — 
Während unserer weiteren Fahrt hielten wir ein 
Boot und mehrere Kanus an, die auf der Fahrt von 
Watom nach Nakanai (Nordküste von Neupommern) 
begriffen waren, und nahmen den Eingeborenen zwei 
Wir kletterten weiter bergauf und erreichten gegen darin befindliche Bainingsklaven ab. Es ist bemerkens- 
werth, daß die Fahrten der Eingeborenen von der 
Nordküste der Gazelle = Halbinsel nach Nakanai, wo 
einen 
größeren Umfang erreicht haben, als je vorher. Eine 
für Muschelgeld an die Eingeborenen verkauft haben, 
befindet sich im Besitz der letzteren. Die Nakanai- 
fahrten erstrecken sich bis weit nach dem Westen von 
Neupommern. 
Es wurde weiterhin die Jusel Urara angelaufen, 
wo fünf Sklaven sein sollten. Drei davon wurden 
sofort ausgeliefert, die beiden Fehlenden, die nach 
Angabe der Eingeborenen auf einer Fahrt begriffen 
waren, sind inzwischen nachgeliefert worden. 
Die Sklaven waren sämmtlich der Küstensprache 
kundig und erklärten ohne Ausnahme auf Befragen, 
nicht bei ihren Herren bleiben zu wollen. 
Weiterhin wurde die Händlerstation Nonga an- 
gelaufen, wohin sechs Bainingsklaven verbracht sein 
sollten. Wie sich bei Vernehmung der sechs dort 
befindlichen Bainingeingeborenen durch einen der 
waren dieselben ursprünglich als Sklaven geraubt und 
verhandelt worden. Bei dem Händler, dem sie als 
Arbeiter von einem in seinem Dienst stehenden Ein- 
geborenen zugeführt waren, wurden sie als freie 
Arbeiter gleich den anderen farbigen Arbeitern be- 
handelt und bezahlt. Da sie auf Befragen erklärten, 
auf eine bestimmte Zeit im Dienst des Händlers 
bleiben zu wollen, wurden sie dort belassen. 
Am Abend wurde Herbertshöhe erreicht. Die 
befreiten Sklaven, elf an der Zahl, zum Theil noch 
jugendlichen Alters, wurden der Mission vom heiligen 
Herzen Jesu übergeben. Die sechs verhafteten Bai- 
ning sind durch gerichtliches Urtheil zu Gefängniß 
mit Zwangsarbeit verurtheilt worden. 
Ich darf noch einige Bemerkungen über die 
Bainingeingeborenen anschließen: 
Der Baining hat seine Niederlassungen aus- 
schließlich auf den Bergen, wo er umfangreiche Pflan- 
zungen, besonders von Taro, anlegt. Er kennt die 
Seefahrt nicht und kommt zum Ufer nur des Fisch- 
fanges wegen herunter. Die von mir gesehenen 
Batningleute waren sämmtlich mit einer Schmutzkruste 
bedeckt — die übrigen Eingeborenen des Archipels 
sind im Allgemeinen als reinlich zu bezeichnen; 
Muschel= oder sonstiges Geld ist den Baining unbe- 
kannt. Das Verhalten der Baining bei unserer 
Annäherung und bei der Festnahme war total ab- 
weichend von dem Benehmen aller sonst von mir 
gesehenen Eingeborenen bei ähnlicher Veranlassung. 
Auch Sprache und Sitten der Bainingleute sind 
nach den Angaben des Paters Rascher, welcher als 
erster und bisher einziger Europäer die Baining-
	        
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