284
—
Nachrichten aus den deutschen Schukgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Drutsch-Pltafrika.
Deutsche Gstafrika-Linie.
Nach dem Berichte des Vorstandes der Deutschen
Ostafrika-Linie über das Betriebsjahr 1899 ergiebt
die neunte Jahresabrechnung des Unternehmens für
den Zeitabschnitt vom 1. Januar bis 31. Dez. 1899
einen Gewinn der Reisen von 1 319 088 Mk. 17 Pf.
gegen 978 392 Mk. 07 Pf. im Jahre 1898. Der
Betriebsüberschuß beträgt 1 308016 Mk. 41 Pfl.
„Es wurden“, heißt es serner, „26 Reisen mil eigenen
Schiffen und eine Reise mit einem gecharterten
Dampfer ausgeführt, alle wie im Jahre 1898 durch
den Suezkanal führend. Das gegen das Vorjahr
günstigere Resultat des Jahres 1899 ist hauptsächlich
durch Zunahme des ausgehenden Verkehrs sowie da-
durch entstanden, daß wir durch die schon im vorigen
Jahresbericht erwähnte Kündigung unseres Vertrages
mit der portugiesischen Regierung uns von dem Rück-
gang des Milreis-Kurses unabhängig gemacht haben,
unter dem wir den größten Theil des Jahres 1898
hindurch noch zu leiden hatten. Auch die Ergebnisse
der Zweiglinien waren befriedigend. Wie aus den
Zeitungen allgemein bekannt, wurden zu Ende des
Jahres 1899 und Anfang des Jahres 1900 unsere
Dampfer „Bundesrath“, „General"“ und „Herzog“
von englischen Kreuzern aufgebracht und die Ladung
der ersten beiden Dampfer auf Kontrebande unter-
sucht mit einem durchaus negativen Resultat. Die
Schiffe haben sämmtlich wieder freigegeben werden
müssen. Die Schäden, die die Linie durch dieses
Vorgehen der englischen Kriegsschiffe erlitten hat,
lassen sich noch nicht übersehen. Die deutsche Reichs-
regierung hat sich der Angelegenheit in nachdrück-
lichster Weise angenommen, und es steht zu hoffen,
daß uns eine Entschädigung seitens der englischen
Regierung zu Theil werden wird. Da unser Sub-
ventionsvertrag mit dem Deutschen Reiche zu Anfang
des Jahres 1901 abläuft, so haben wir der deutschen
Regierung Vorschläge, betreffend die Erneuerung des-
selben für einen ausgedehnteren und den Verhältnissen
entsprechend verbesserten Postdampferdienst unterbreitct.
Diese Vorlage wird demnächst den Reichstag beschäf-
tigen. Wenn, wie wir hoffen, die Vorlage Annahme
sindet, wird voraussichtlich eine Neugestaltung unserer
Gesellschaft nothwendig werden, um die fernere Aus-
dehnung unseres Betriebes und die ersforderliche An-
schaffung weiteren Betriebsmaterials zu ermöglichen.“
lamerun.
Bericht über einen Besuch beim Lultan von Tibati.
Einem Berichte des Oberlientenants Nolte,
Stationschef von Joké im Schutzgebiet Kamerun,
über eine kürzlich zum Besuch des Sultans von
Tibati unternommene Expedition, entnehmen wir
das Folgende:
Am 21. Dezember v. Is. verließ ich mit 45 Sol-
daten die Station und erreichte am 23. den Wute-
ort Chemme. Wie dem Kaiserlichen Gouvernement
bereits bekannt, hatte der Häuptling von Chemme
darüber Beschwerde geführt, daß ihm von Tibati
fünf seiner Leute, welche er mit zwei Elefanten-
zähnen in die größeren Tikarorte zum Einkauf von
Stoffen entsandt hatte, abgefangen und zwei der-
selben getödtet seien. Ich hielt es für dringend
nöthig, daß diese Angelegenheit sofort persönlich von
mir in Tibati geregelt werde.
In Begleitung des Häuptlings Chemme langte
ich am 26. Dezember in Tibati an.
Vier Marschstunden vor Tibati erschienen Boten
des Sultans mit zwei durch einen Lederstrick an-
einander gefesselten Leuten, welche den Ersatz für die
beiden getödteten Chemmeleute darstellen sollten.
Ich befreite die Beiden, zwei vor Jahren gefangene
Wute, und übergab sie Chemme, der sie sofort in
seinen Ort schickte. Es begegnete mir nun eine
Gesandtschaft nach der anderen, die von dem Sultan
den Auftrag hatten, mich zu begrüßen. An dem
Stadtthor sollte ich warten, bis mich der Vertraute
des Sultans, ein Mann namens Abdul Kadri (ge-
wöhnlich Kadrua genaunt), in Empfang nähme. Ich
ignorirte natürlich diese Aufforderung und rückte ein.
Kadrua, ein älterer, Vertrauen erweckender Mann,
begegnete mir zu Pferde mit großem Gefolge gleich
darauf auf der Hauptstraße, begrüßte mich, schwenkte
dann ein und setzte sich an die Spitze meines Zuges.
So geleitet, erreichte ich den Platz vor dem pro-
visorischen Sultanpalais, der von einer 2000 bis
3000 köpfigen bewaffneten Menschenmenge angefüllt
war. Ich ließ aufmarschiren und erwartete, selbst
zu Pferde sitzend, den Sultan. Als er nicht kam,
ließ ich ihn herausrufen. Er erschien auch alsbald
mit seinem ganzen Gefolge und begrüßte mich, wo-
rauf ich zu dem mir angewiesenen Gehöft abrückte.
Das eigentliche Palaver, dem der Häuptling
Chemme als Kläger beiwohnte, fand nachmittags in
meinem Gehöft statt. Sultan Chorima erklärte, der
Herr Kommandeur 7) habe ihm seiner Zeit eröffnet,
daß jetzt alles Elfenbein zum Verkauf nach Yolö zu
bringen sei. Er habe daher die fünf Chemmeleute
in bester Absicht für Nichtbefolgung dieses Besehls
bestrasen wollen. Ich belehrte ihn nun über das
Falsche seiner Auffassung und drohte, ihn aufs Aller-
strengste zu bestrafen, falls er es nochmals wagen
sollte gegen direkte Unterthanen der Station selbst
etwas zu unternehmen. Die übrigen Gefangenen
gab er sofort zurück und zahlte, abgesehen von den
*) Der Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe.