Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Ansiedler in das Innere dringt, desto reicher wird 
der Boden sein, der sich ihm zur Bearbeitung dar- 
bietet. 
Allerdings vermehren sich mit der Entfernung 
von der See, — der Hauptverkehrsader insulärer 
Lagen —, die Transportschwierigkeiten für Produkte, 
was in Samoa aber nicht viel sagen will, da jede 
Insel nur wenige Meilen breit ist, gerade die theuer- 
sten Produkte aber, wie Kautschuk, Muskatnüsse 2c., 
das geringste Volumen einnehmen. 
Die Bebauung des Landes ist in Samoa 
sehr verschieden von der in Kulturländern. 
Das überall auftretende Lavageröll, welches durch 
seine Verwitterungsprodukte den Boden bereichert, 
verhindert die Verwendung von Pflug und Egge. 
Selbst der europäische Spaten ist in den seltensten 
Fällen verwendbar. Derselbe wird durch ein ähnliches 
ganz eisernes Instrument ersetzt, welches bei den 
Walfischfängern zur Verarbeitung des Specks (Blubber) 
des Walfisches dient und Whalespade genannt wird. 
Die Hacke, die Axt und das Buschmesser sind einige 
der brauchbaren Instrumente in Samoa. in Verbindung 
mit der eisernen Brechstange und einem hölzernen 
Pflanzstocke. 
Es kann nicht die Aufgabe dieser Zeilen sein, eine 
bestimmte Kultur zu empfehlen; auch über die Boden- 
bereitung und die Behandlung der Kulturpflanzen 
Samoas ist nichts gedruckt, so daß der Ansiedler ganz 
auf Erfahrung und Beobachtung angewiesen ist. 
Das Hauptaugenmerk hat der Ansiedler jedenfalls 
darauf zu richten, daß er sich Kulturen zuwendet, die 
schnell einen Ertrag liefern, und daß er sich einer 
Kulturpflanze zuwendet, die für Eingeborene nicht 
brauchbar ist. Denn nur so kann er unter obwal- 
tenden Umständen hoffen, seine volle Ernte auch selbst 
einzuheimsen. 
Ueber die Landwirthschaft in den Tropen giebt 
Heinrich Semlers „Tropische Agrikultur" in der 
neuen Bearbeitung von Hindorf viele Aufschlüsse. 
Da dieses Werk jedoch, seinem Umfange entsprechend, 
theuer ist, empfiehlt es sich für kleine Ansiedler, die 
Zeitschrift für tropische Landwirthschaft „Der Tropen- 
pflanzer“ zu lesen, in der von Zeit zu Zeit tropische 
Kulturen nach neuesten Erfahrungen eingehend be- 
sprochen werden. 
Familie, Schule. Das Leben im Urwalde, 
ohne Möglichkeit häufigeren Verkehrs und Gedanken- 
austausches mit Menschen, Nachbarn, verlangt An- 
passung, und nicht Jeder wird Geschmack daran finden. 
Es wäre daher das Günstigste, wenn ein Ansiedler 
schon bei seinem Eintritt in das Ansiedlerleben ver- 
heirathet wäre. Weiße Frauen sind in Samoa nur 
selten. Ist ein Ansiedler erst hier, so hat er nicht 
die Gelegenheit mehr, sich mit einer Weißen zu ver- 
heirathen. Die Verheirathung mit Eingeborenen oder 
Mischlingen sollte möglichst vermieden werden, da solche 
Frauen nicht aus Zuneigung sich mit einem Weißen 
verbinden, sondern um Geld, Waaren und andere 
Beßtzthümer von dem Manne für ihre Familie zu 
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erlangen. Die Nichterfüllung eines solchen Wunsches 
pflegt das nur lockere Eheband zu lösen. Solche 
Frauen haben keinen Sinn für Häuslichkeit, sind nicht 
sparsam, dagegen sehr vergnügungssüchtig. Die 
deutsche Schule in Apia läßt sich die Pflege der 
deutschen Sprache vor Allem angelegen sein, damit 
dem deutschen Nachwuchse die deutsche Sprache er- 
halten bleibe. 
Die Ausrüstung für Samoa. Es handelt 
sich nun noch darum, festzustellen, welche Mittel er- 
forderlich sind, um als selbstarbeitender Ansiedler in 
Samoga sich niederzulassen. Der erforderliche Grund- 
besitz würde mit 50 engl. Acres für eines Mannes 
Kraft groß genug bemessen sein. Da es sich in der 
Hauptsache bei einem Tropenpflanzer aber nicht um 
einjährige Pflanzen, sondern um Bäume handelt, 
welche, wenn einmal gepflanzt, durch den Schatten, 
welchen sie spenden, das einmal bepflanzte Land je 
länger desto besser vor Verunkrautung bewahren, so 
kann man die erwünschte Größe des Grundbesitzes 
besser auf 80 bis 100 Acres annehmen. 
Nach den in Vorstehendem unter „Landerwerb“ 
wiedergegebenen Gutachten, kann man den Kaufwerth 
eines Acre unkultivirten Landes, 1½ bis 2 englische 
Meilen (= 1/ deutsche Meile) vom Strande entfernt 
schon sehr hoch bemessen, auf 4 bis 26 Mk. berechnen. 
100 Acres unkultivirtes Land (4 bis 
26 Mk.) à 20 M. 
Lebensunterhalt für 5 Jahre (monat- 
lich bis 80 Mk. berechnet), nämlich 
bis zur Tragfähigkeit gepflanzter 
Kulturen (80,12,50) 
Ein Wohnhaus, Kochhaus, Federvieh- 
haus (3000 bis 4000 Mk. 4000 
Zusammen 10800 Mk. 
Alle diese Summen sind aber schon sehr hoch 
veranschlagt. 
Der monatliche Lebensunterhalt eines Ansiedlers 
wird schon während des ersten Jahres zum Theil und 
sicher im zweiten Jahre — Kleidung abgerechnet — 
fast ganz aus dem Lande entnommen werden können, 
aus Federvieh, Eiern, Schweinen und den in Samoa 
einheimischen, von Eingeborenen und Weißen gleich 
geschätzten Pflanzenprodukten, wie Taro, Yams, 
Bananen und Brotfrüchten. Subtropische Früchte 
und die Gemüse eines deutschen Küchengartens können 
aber ebenfalls angepflanzt werden, da sie sehr gut 
gedeihen. Für die hier nicht wachsende Kartoffel sind 
die leicht kultivirbaren Bataten — süße Kartoffeln — 
ein recht annehmbarer Ersatz. Für Kleidung sind die 
Ausgaben eines Ansiedlers nicht groß, da man sehr 
leicht gekleidet geht. An Fufßbekleidung dagegen, 
welche hier aber so billig wie in Deutschland ist, 
braucht man fast jeden Monat ein Paar Lederschuhe 
für 8 bis 12 Mk. Barfußgehen soll unfehlbar auf 
die Dauer Elephantiasis nach sich ziehen. 
Die Pflanzen zur Anpflanzung der ersten Pflanzen= 
produkte kosten: 
2000 Mk. 
4800 =
	        
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