Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

der längs des Flusses die beiden Grenzpunkte des 
Terrains, zwei Hügel, miteinander verbindet. An 
einer Stelle im Deich befindet sich ein Schleusenwerk, 
das die Versorgung der die Plantage durchziehenden 
zahlreichen Kanäle mit Wasser jederzeit ermöglicht. 
Die ganze Anlage der Pflanzung ist sehr zweck- 
mäßig, wenn man ihr auch anmerkt, daß sie nicht 
nach einem einheitlichen Plan, sondern nach und nach, 
den zur Verfügung stehenden Kapitalien entsprechend, 
gemacht worden ist. Sie ist in erster Linie einem 
inzwischen verstorbenen Deutschen Namens Schulze 
zu danken, der Jahrzehnte hindurch Theilhaber der 
portugiesischen Firma, in Wahrheit aber die Seele 
des Ganzen war. 
Daher stammen auch die deutschen Maschinen, die 
im Stande sind pro Tag 20 Pipen Branntwein, die 
Pipe zu 450 Liter, zu liesern. Das gesammte 
Zuckerrohr wird zu Branntwein verarbeitet. 
Deutsche Zucht ist noch in der Art und Weise 
wie hier gearbeitet wird, zu erkennen. Das ganze 
Personal, Weiße und Schwarze, ist von 5 Uhr 
morgens bis 7 Uhr abends mit einer zweistündigen 
Mittagspause thätig. Zu Zeiten wird auch die Nacht 
durchgearbeitet. Die schwarzen Arbeiter stammen 
sast durchweg aus dem Süden, von Novo Redondo, 
und sind, wie üblich, auf fünf Jahre kontraktirt. 
Augenblicklich leidet die Plantage unter einer 
schweren Krise. Die Maschinen stehen schon seit 
Monaten still. Die wolkenbruchartigen Regen des 
Vorjahres, die sechs Monate ununterbrochen an- 
dauerten, haben die sämmtlichen Anpflanzungen 
monatelang unter Wasser gesetzt; da ein Abfluß für 
solche Wassermassen nicht vorhanden war, wurde die 
ganze Ernte total vernichtet. Kaum waren jetzt die 
Folgen etwas verwunden, so sind die Heuschrecken, 
die sich seit fünf Jahren nicht eingestellt hatten, in 
ungeheueren Mengen erschienen. Das gesammte 
Arbeiterpersonal, 560 Leute, hat einen ganzen Monat 
lang nichts weiter gethan, als die einige Centimeter 
unter der Erdoberfläche steckenden Eier der Thiere 
auszugraben und die bereits flüggen nach Möglichkeit 
zu vernichten. In einem Monat sind 15 große Säcke 
mit Heuschreckeneiern gesammelt worden. Der an- 
gerichtete Schaden ist trotzdem außerordentlich groß. 
Die jetzigen Besitzer können diese enormen Verrluste 
nicht mehr aushalten und suchen eine kapitalkräftige 
Gesellschaft zu bilden, welche die Plantage übernehmen 
soll. Sie erwarten ihr Heil von den Belgiern, 
würden aber eine deutsche Gesellschaft unbedingt vor- 
ziehen, da man den belgischen Unternehmungen hier 
im Lande ziemlich skeptisch gegenübersteht. 
Auf der Plantage wird auch Rindvieh= und 
Pferdezucht betrieben, indeß nur noch in geringem 
Maßstabe. Früher waren über 3000 Stück Rind- 
vieh vorhanden, die in einem Jahr der Rinderpest 
allein auf die Hälfte zusammengeschmolzen sind. 
Dabei soll sich übrigens die kleinere, aus dem 
Loandadistrikt stammende Rasse gegenüber der vom 
Süden aus Mossamedes stammenden als widerstands- 
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fähiger erwiesen haben. Jetzt beträgt der ganze 
Bestand noch etwa 200 Stück. Es fehlt zu Neu- 
anschaffungen das Kapital, und die Besitzer sind 
entmuthigt. 
Auch die Pferdezucht wird jetzt etwas vernach- 
lässigt. Als Beschäler dient ein spanischer Hengst 
mit arabischem Blut aus einem Königlichen spanischen 
Gestüt. Die Mutterstuten stammen aus Portugal, 
den Kanarischen und Kap Verdeschen Inseln, eine 
auch aus England. Diese hat die besten Resultate 
ergeben, die schlechtesten die von den Inseln 
stammenden. 
In den weiten Niederungen des Flusses sanden 
die Thiere eine ausgezeichnete Weide, weitere Nah- 
rung, namentlich Mais, erhalten nur diejenigen, 
welche geritten werden. 
Der ganze Unterhalt der Pferde und des Rind- 
viehes ersordert dauach kaum irgend welche Kosten, 
und die Zucht müßte sich unbedingt außerordentlich 
lohnen, wenn nicht das Gespenst der Rinderpest be- 
ständig drohte. 
In dieser Hinsicht ist die zwischen Loanda und 
der Cuanzamündung liegende Gegend besser daran. 
Sie ist anscheinend von der Rinderpest verschont ge- 
blieben. Nirgends sieht man hier, wie sonst an 
allen Orten, wo die Krankheit geherrscht hat, die 
von der Sonne gebleichten Skelette und Knochen der 
Ochsen und des Wildes umherliegen. Der Reichthum 
an Wild, der sonst überall stark gelitten hat, ist 
gerade in dieser Gegend ein außerordentlicher. Hier 
finden sich noch in ungewöhnlicher Anzahl die großen, 
der Seuche stark unterworfenen Antilopenarten, die 
Elen= und Pferdeantilope, von kleineren die Rindbock- 
und die Schirrantilope und die zierlichen Ducker- 
antilopen. 
Eine Erklärung für die merkwürdige Thatsache 
läßt sich nur in der völligen Abgeschlossenheit des 
Gebietes finden. Dadurch auch nur wird der große 
Wildreichthum in der Nähe einer Stadt von 
5000 Weißen erklärt. 
Trotzdem werden Viehherden in Stärke von 
einigen hundert Stück an der Küste nur an wenigen 
Stellen gehalten. Man beschränkt sich auf die Punkte, 
wo sich Wasser findet, oder von der vorgelagerten 
Insel leicht beschaffen läßt. — Auch dieser ganze 
Küstenstrich steht im Zeichen des Verfalls. Seine 
Hauptbedeutung hatte er zur Zeit der Sklavenausfuhr. 
Hier waren die Festen der großen Sklavenhändler 
von Loanda errichtet; in der sicheren, durch die vor- 
gelagerten Inseln geschützten Bai ankerten zahlreiche 
Sklavenschisse und erwarteten den günstigen Moment, 
um durch die Barre von Corimba unbeobachtet das 
hohe Meer zu gewinnen. 
Nach Unterdrückung der Sklavenausfuhr waren 
es einige einsichtige Kaufleute, die den Werth dieser 
Gegend für Viehzucht erkannten und große Heerden 
beschafften und züchteten, die in Loanda ein ständiges 
gutes Absatzgebiet fanden. Die Söhne dieser reich 
gewordenen Besitzer verbrauchten aber den größten
	        
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