an den Fluß heran. An ihrem Fuße liegt eine
Station der Zambesi-Company, die im Thale ver-
suchsweise Kautschuk pflanzt und auf der Höhe der
Berge (1100 m) eine kleine Kaffeeplantage (20 000
Bäume) hat. Am 25. August gingen wir bei Port
Herald vor Anker, durften aber nicht mit dem Lande
verkehren, da die Pocken ausgebrochen waren. Die
Ufer des Flusses sind dicht bevölkert, namentlich auf
englischer Seite. Die Eingeborenen bieten Hühner,
Eier, Schafe, Zwiebeln 2c. zum Verkauf an, laufen
in Haufen lange Strecken mit, hoffend, daß der
Dampfer anlege. Auf den Sandbänken in Shire
stehen Schaaren von Reihern, Marabus und Störchen
und anderen Vögeln. Zu bedauern ist nur, daß fast
von jedem Passagier auf sie geschossen wird, wo die
Schützen von vornherein keine Aussicht haben, die
erbarmungslos angeschossenen und getödteten Thiere
zu bekommen.
Am 26. August wurde Chiromo erreicht. Die
Grenze des portugiesischen Gebietes läuft hier nach
Norden, den Ruo entlang. Südlich der Mündung
des Ruo in den Shire liegt ein portugiesisches Fort
Chiromo gerade gegenüber. Die einzigen Beamten
der englischen Verwaltung (der Hauptsitz der Ad-
ministration ist in Zomba) sind in Chiromo der
Kollektor und der Postbeamte. Der „Postmaster“
hat in der Regel nur seine Postgeschäfte, der Kol-
lektor dagegen die Zollabfertigungen vorzunehmen,
Hüttensteuer einzuziehen, die ankommenden Güter der
Administration zu spediren, die Schauris mit den
Eingeborenen zu erledigen und bis zu einer gewissen
Grenze die Gerichtsbarkeit über Europäer auszu-
üben, überhaupt fast alle Arbeiten selbst zu erledigen.
Dazu würde er, zumal in Chiromo, der Pforte zu
dem Protektorat, nicht im Stande sein, wenn nicht
die Art der englischen Verwaltung eine so einfache
wäre. Die Administration läßt dem Kollektor viel
freie Hand, überwacht nicht und schreibt nicht jeden
seiner Schritte vor, verlangt nicht umständliche Ab-
rechnungen bis ins Kleinste, nur die Hauptzahlen
der Schlußabrechnung werden nach Zomba mit-
getheilt, ebenso werden dahin die wenigen zu führen-
den Register zur Einsicht von Zeit zu Zeit gesandt.
Besondere Revisionsbeamte bereisen hin und wieder
die Stationen, um die Arbeiten und Zahlungen 2c.
im Einzelnen zu prüfen. Viele Schreibarbeit wird
dadurch vermieden, daß die Engländer für bestimmte
Einnahmen einfach Stempelmarken entwerthen. Da-
durch werden die vielen Registereintragungen ver-
mieden.
Die Hüttensteuer wird in der Weise eingezogen,
daß, nachdem die Steuerlisten aufgestellt sind, ein
Termin zur Zahlung bestimmt wird. Wer nicht
zahlen kann (3 Schill. v. Jahr), hat sich beim Kol-
lektor zu melden und bekommt Arbeit. Nach 6 Mo-
naten läßt der Kollektor durch die Jumben und
seine Polizeiaskari im ganzen Distrikt revidiren. Wer
dann ohne Steuerkarte gefunden wird, dessen Haus
wird abgebrannt. Den Kollektoren, namentlich denen
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im Wangonigebiet, westlich vom Nyassa, stehen auf
diese Weise meistens viele Arbeiter zur Verfügung.
Wenn sie selbst keine Arbeiten für die Administration
vorzunehmen haben, so senden sie die Leute in den
Plantagenbezirk im Shirehochland. Die Plantagen-
besitzer wenden sich meistens im Voraus an die
Kollektoren, wenn sie Arbeiter brauchen. Die Ar-
beiter müssen sich zu dreimonatlicher Arbeit ver-
pflichten und bekommen 3 Schill. Lohn pro Monat.
Den Lohn für einen Monat führen die Plantagen
in Baar an die Kollektoren ab, der Lohn für die
bleibenden zwei Monate wird den Leuten ausgezahlt,
meistens in Zeugstoffen. Der Werth ist in diesem
Falle amtlich festgelegt und entspricht meist dem
Preise im Kleinverkauf. Da die Plantagen aber die
Stoffe im Großen kausen, so kommen sie bedeutend
billiger dabei weg und zahlen häufig weniger als
3 Schill. An manchen Plätzen betragen Arbeitslohn
und Verpflegung sogar nur 2½⅛ Schill. Die Ver-
pflegung in den Plantagendistrikten ist in normalen
Jahren so billig, daß die Arbeiter die ihnen als
Verpflegung gegebenen Stoffe nicht veräußern, son-
dern am Sonnabend Nachmittag, an dem im eng-
lischen Gebiet nicht geardeitet wird, und am Sonn-
tag bei irgend einem eingeborenen Schambenbesitzer
arbeiten und als Lohn Verpflegung für die übrigen
Tage der Woche bekommen.
Zoll. Die Engländer erheben in Chiromo für
die nach dem Protektorat gehenden Waaren im All-
gemeinen 5 pCt., von Gewehren, Munition 10 péCt.
Einfuhrzoll vom Werth, nicht vom Markipreis. Als
Werth nehmen sie regelmäßig den Fakturenwerth an
ohne irgend welchen Zuschlag. Fast immer begnügen
sie sich mit den Dampferdeklarationen bezw. Mani-
festen der Transportgesellschaften oder den Angaben
des anderweiten Deklaranten. Nur wenn sie ganz
besonderen Verdacht haben, lassen sie die Kolli öffnen.
Wird aber das Vertrauen und Entgegenkommen,
das die Verwaltung den Geschäftsleuten und Reisen-
den entgegenbringt, um den Verkehr so wenig wie
möglich zu hindern, getäuscht, d. h. liegt Defraude
vor (gegen Versehen ist man sehr nachsichtig), so ist
die Strafe eine sehr empfindliche, und die betreffende
Firma kann gewärtig sein, daß ihre Sendungen
jedesmal Kollo für Kollo durchgesehen werden. Von
Spirituosen wird im Protektorat ein hoher Zoll,
pro Flasche 2 Schill., erhoben.
Am 28. August suhr ich, nachdem ich meine
Lasten deklarirt hatte, — meine Gewehre und Mu-
nition wurden eingesiegelt, — im Hausboot der
Flotilla den Shire aufwärts nach Chikwawa, der
Station der Flotilla, wo wir (als Reisegefährte war
ein Italiener, Elefantenjäger, bei mir) am 30. August
eintrafen. Die Strecke von Chiromo nach Chikwawa
ist die am wenigsten angenehme und am meisten
Fieber bringende der ganzen Wasserstraße, da man
die sog. „elephantmarch", ein sumpfiges Flachland,
passirt und nachts in dem kleinen Boot schlafen muß.
Von Chikwawa aus führt ein breiter Fahrweg in