Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

das Shirehochland. Das übliche Beförderungsmittel 
für Europäer ist die Tragematte, mashilla. 
Am 1. September erreichten wir Blantyre. Etwa 
sieben Meilen vor Blantyre passirt man die ersten 
Kaffeeplantagen. Die Ernte ist beendet. Ueberall 
kommen einem Trägerkarawanen mit Kaffee entgegen, 
Fuhrwerke mit Ochsen, Kühen, Eseln bespannt, 
schaffen den Kaffee zu Thal. Die diesjährige Ernte 
ist eine besonders ergiebige gewesen, sie wird auf 
1000 Tons geschätzt. 68 bis 70 à werden in London 
per Ton bezahlt, die Transportkosten von Blantyre 
nach London betragen 8 L. Als Norm gilt, daß 
1000 8 nöthig sind, um 500 Acres Kaffeeland an- 
zukaufen, davon 100 Acres zu bepflanzen und die 
Bäume zum Tragen zu bringen, außerdem ein be- 
scheidenes Haus zu bauen und ohne große Ansprüche 
davon zu leben. Maschinen müssen extra beschafft 
werden. Sie werden fast nie vor der ersten Ernte 
angeschafft. Die erste Ernte wird aus Sparsamkeits- 
rücksichten mit den Händen geschält und zubereitet. 
Erst wenn der Pflanzer guten Erfolg sieht, baut er 
ein besseres Haus und kauft Maschinen. 
Blantyre liegt, weitläufig gebaut, auf hügeligem 
Terrain; auf einzelnen Erhebungen, getrennt von 
der eigentlichen Stadt, liegen die Wohnhäuser, Stores, 
Stallungen der African Lakes, Sharrers und der 
Mission Church of Scottland, die zuerst den Kaffee 
einführte. Luft, Vegetation und das Landschaftsbild 
erinnern lebhaft an Unteritalien. Die zahlreichen 
Gebäude der Mission liegen innerhalb schön ge- 
pflegter Anlagen. Blumen, Gemüsegärten, Rasen- 
flächen wechseln ab. Dazwischen stehen mächtige 
Eukalyptus, grevilla robusta, Taxus und andere 
Bäume, auch einige Kiefern. Die Veranden einzelner 
Wohnhäuser sind ganz von Kletterrosen überwuchert. 
In der Mitte, auf freiem Platze, liegt die im 
maurischen Stil gebaute Kirche. 
Am 5. September kam ich in Fort Johnston an. 
Fort Johnston ist der Sitz des Kollektors. Am 
Ort ist ferner eine Station der englischen Marine, 
eine Telegraphenstation, liegen die Gesellschaftshäuser 
der African Lakes Co., Sharrers, Deuß & Kahn 
und der Flotilla. 
Eine rege Bauthätigkeit herrscht am Platze. 
Sharrers, die Flotilla bauen massive Wohn= und 
Lagerhäuser, Keiller ein Hotel, die Universities Mis- 
sions eine Kirche. Die schwarzen Maurer Fundis 
(Wayao) arbeiten fast ohne Aufsicht. Ebenso tüchtig 
sind die schwarzen Zimmerleute, deren Lohn übrigens 
nur 10 bis 15 Schill. beträgt, sie fertigen nach 
Zeichnung Thüren mit Füllungen, Fenster, Stühle 
und Tische an. Ein Fundi hatte einen Schreibtisch 
in Arbeit mit vielen Fächern und Auszügen, den 
ein indischer Fundi nicht besser hätte anfertigen 
können. 
Die Art der Gummigewinnung ist nunmehr auch 
im Protektorat vorgeschrieben, allerdings zu spät, 
denn im Protektorat ist er nahezu ausgerottet durch 
Raubbau. Der Gummi kommt nunmehr nur aus 
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der Gegend des Mweru, Tanganyka und aus 
deutschem Gebiet. Das Protektorat erhebt keinen 
Ausfuhrzoll, dagegen die South African Comp. 15 pCt. 
Auch der Rindviehhandel ist im Protektorat 
unter Kontrolle gestellt, da die Händler den Ein- 
geborenen das Vieh manchmal mit Gewalt abge- 
nommen haben. 
Deuß & Kahn wurden kürzlich mit 100 K be- 
straft, weil sie die von der Administration erlassenen 
Vorschriften nicht erfüllt hatten. 
Am 12. fuhr ich von Fort Johnston ab und 
gelangte über Kota-Kota, Amelia, Karonga und 
Songwe am 16. in Langenburg an, von wo aus ich 
am 29. September d. Is. zu einer Bereisung des 
Grenzgebietes zwischen Nuassa und Tanganyka auf- 
zubrechen gedenke.) 
Uganda-Eisenbahn. 
In der Budgetkommission des englischen Unter- 
hauses beantragte am 30. April der Unterstaats- 
sekretär Mr. Brodrick die Bewilligung eines Nach- 
tragskredits von 1 930 000 K (oder 39,4 Millionen 
Mark, also etwa zwei Drittel der ursprünglich be- 
willigten Summe von 61 Mill. Mark, vergl. Kol. 
Bl. 1899, Nr. 18) zum Bau der Uganda-Eisenbahn. 
Zur Begründung führte Mr. Brodrick an, daß sich 
zunächst das Bedürfniß nach mehr und theilweise 
auch qualitativ besseren Materialien herausgestellt 
habe; sodann seien unvorhergesehene Kosten dadurch 
entstanden, daß die benöthigten Arbeitskräfte nicht, 
wie angenommen, an Ort und Stelle erhältlich waren, 
daß vielmehr von den 16 000 bei dem Bau beschäf- 
tigten Arbeitern 14 000 aus Indien bezogen werden 
mußten; endlich habe in der Zwischenzeit eine Preis- 
steigerung des Eisens und Stahls stattgefunden, wo- 
durch die Meile nicht, wie der Voranschlag ange- 
nommen hatte, auf 5500 K, sondern auf 8500 K zu 
stehen komme (für das Kilometer 70 000 Mark 
bezw. 108 400 Mk.). Trotz dieser Mehrforderungen, 
mit welchen er heute vor die Kommission treten müsse, 
könne jedoch an der endgültigen Rentabilität der 
Bahn kein Zweifel bestehen. Schon jetzt sei der 
präliminirte Mindestertrag von 60 000 2& jährlich 
(also 2 pCt. der ursprünglich bewilligten Bausumme) 
überschritten, und er glaube annehmen zu können, 
daß sich dieses Erträgniß nach Vollendung der Strecke 
bis auf 120 000 2 werde steigern lassen. 
In der sich an diese Darlegungen knüpfenden 
Diskussion griffen mehrere Redner mit besonderer 
Schärfe, namentlich Herr Labouchere, den nach 
ihrer Meinung ohne festen wohldurchgearbeiteten 
Plan begonnenen Eisenbahnbau an. 
Die entscheidende Abstimmung ergab jedoch 185 
Stimmen für den Regierungsantrag, welchen eine 
Minorität von nur 40 Stimmen gegenüber stand. 
*“) Siehe über diesen Reisebericht S. 370.
	        
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