Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Art. 23. Nach Art. 16 müssen alle Dienst- 
leistungsverträge, welche die Dienenden verpflichten, 
aus dem Gerichtsbezirk, wo sie ihren Wohnsitz haben, 
zu verziehen, unter Mitwirkung der Anwälte für 
Dienende und Ansiedler abgeschlossen werden. Die 
Dienstherren oder deren Beauftragte, welche diese 
Vorschrift übertreten, verfallen im ersten Falle in 
eine Geldstrafe von 25 bis 50 Milreis für jeden 
Dienenden, den sie gedungen haben, und im 
Wiederholungsfalle in eine Strafe bis zur Höhe 
von einem Jahre Besserungshaft, die nicht in Geld- 
strafe umwandelbar ist, außerdem 200 bis 1000 
Milreis Geldstrafe. Sind die Zuwiderhandelnden 
Fremde, so können sie aus dem portugiesischen Ge- 
biet ausgewiesen werden. Auf die gedungenen 
Dienenden sind die Bestimmungen des Art. 22, 8§ 2 
anwendbar. 
Art. 24. Die Verträge, auf die sich der vorher- 
gehende Artikel bezieht, sollen immer, außer den 
übrigen durch Art. 17 festgesetzten Vorschriften, die 
Abmachung enthalten, daß der Dienstherr verpflichtet 
ist, den Dienenden in seine Heimath zu befördern, 
wenn er seine Dienstzeit beendet hat und sich nicht 
wieder aufs Neue hat dingen lassen. Der Dienst- 
herr hat für die erforderlichen Beförderungsmittel 
zu sorgen und die Kosten der Heimschaffung zu 
tragen. 
Einziger Paragraph. Wenn der Dienende nicht 
heimgeschafft sein will, so muß ihn der Dienstherr 
dem Anwalt des Bezirks, wo er sich befindet, vor- 
führen, und falls er ihn aus einem berechtigten 
Grunde nicht vorführen kann, hat er den That- 
bestand dem betreffenden Anwalt mitzutheilen. 
Art. 25. Die unter Mitwirkung der Staats- 
behörde abgeschlossenen Dienstverträge können gesetz- 
lich nur vor dem Anwalt erneut werden, der an dem 
Orte sein Amt ausübt, wo der Dienende angestellt 
war. 
Art. 26. Die Anwälte, welche bei Dienstverträgen 
mitwirken, die außerhalb ihres Amtsbezirks zu er- 
füllen sind, haben Abschriften dieser Verträge direkt 
an die Anwälte zu senden, welche in dem betreffenden 
Gebiet ihr Amt ausüben. Letztere Anwälte sind 
verpflichtet, über die Ausführung der betreffenden 
Verträge zu wachen, indem sie mit Bezug auf die 
vertragschließenden Theile die im Art. 20 festgesetzte 
Gerichtsbarkeit ausüben. 
Einziger Paragraph. Die Anwälte der Bezirke, 
wo Eingeborene dienen, die von außerhalb dieser 
Bezirke her gedungen sind, haben besonders über die 
Erfüllung der im Art. 24 vorgeschriebenen Bestim- 
mung zu wachen, welche die Dienstherren verpflichtet, 
die Dienenden heimzuschaffen. Diese Anwälte sind 
zuständig denjenigen, die diese Bedingung nicht er- 
füllen, eine Geldstrafe von 100 bis 500 Milreis 
aufzuerlegen. 
Art. 27. Die von den Anwälten auferlegten 
Geldstrafen werden auf dem Verwaltungswege ein- 
gezogen. 
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Art. 28. Die Hin= oder Rückbeförderung von 
Dienenden, welche nach anderen Distrikten, als den- 
jenigen, wo sie ihren Wohnsitz haben, verdungen 
sind, muß von den Anwälten für Dienende und 
Ansiedler überwacht werden, damit sie sich immer 
unter normalen Gesundheits-, Sicherheits= und Be- 
quemlichkeitsverhältnissen vollzieht. 
Einziger Paragraph. Die örtlichen Vorschriften 
können die genaueren Bedingungen festsetzen, unter 
denen diese Beförderungen auszuführen sind. 
Art. 29. Die Anwälte für Dienende und An- 
siedler erhalten Vergütungen für die Dienstvertröge 
der Eingeborenen, die sie abfassen und bestätigen. 
Diese mäßig zu bemessenden Vergütungen sind durch 
die örtlichen Vorschriften festzusetzen und von den 
Dienstherren zu entrichten. 
Art. 30. Um die amtliche Ueberwachung der 
Erfüllung der Arbeitspflicht zu erleichtern, können 
die örtlichen Vorschriften bestimmen, daß alle Per- 
sonen, welche Eingeborene im Dienst beschäftigen, 
ihnen unentgeltlich Arbeitszeugnisse ausstellen, in 
denen sie erklären, wie lange die Betreffenden bei 
ihnen gedient haben und an welchem Tage dieser 
Dienst angefangen und aufgehört hat. Diese Zeug- 
nisse können in einer beliebigen Form abgefaßt sein, 
sofern sie nur die oben erwähnte Erklärung enthalten 
und mit der Unterschrift des Dienstherrn sowie der 
Angabe seines Wohnsitzes versehen sind. Aber es 
wird sich empfehlen, bestimmte Formulare dieser 
Zeugnisse einzuführen mit freigelassenem Raum, der 
mit den einzelnen, näher zu bestimmenden Angaben 
auszufüllen ist. Diese Formulare würden von den 
Behörden unentgeltlich einzeln oder in Heften vereinigt 
an Dienstherren und Dienende zu vertheilen sein. 
Einziger Paragraph. Die örtlichen Vorschriften 
können ferner bestimmen, daß, wenn der Dienstherr 
sich weigert, dem Dienenden ein Arbeitszeugniß aus- 
zustellen, Letzterer sich beim Anwalt oder einen seiner 
Beauftragten zu beklagen hat. Ist die Klage ge- 
rechtfertigt, so hat der Beamte den Dienstherrn mit 
einer Geldstrafe von 5 bis 20 Milreis zu bestrasen. 
Die Personen, welche falsche Zeugnisse dieser Art 
ausstellen, werden von der Behörde, die den Betrug 
entdeckt, vor Gericht geladen und mit einem Geld- 
strafe von 20 bis 50 Milreis belegt werden. 
Art. 31. Die der Arbeitspflicht unterliegenden 
Eingeborenen, die dieser Verpflichtung nicht frei- 
willig in einer der im Art. 2 angegebenen Arten 
nachkommen, sollen von der Verwaltungsbehörde die 
Weisung erhalten, im Dienste des Staates, der Ge- 
meinden oder von Privatpersonen zu arbeiten, vor- 
ausgesetzt, daß ihnen die Behörde solche Arbeit ver- 
schaffen kann. Gehorchen sie einer diesbezüglichen 
Aufforderung nicht, so können sie gezwungen werden, 
ihr Folge zu leisten. 
Einziger Paragraph. Bevor die Behörde eine 
derartige Aufforderung an einen Eingeborenen er- 
gehen läßt oder einen solchen Zwang auf ihn aus- 
übt, hat dieselbe sorgfältig festzustellen, ob er nach
	        
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