Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Preise in den Absatzländern, welche sich in den 
Produktionsländern, im Besonderen in Brasilien, 
so fühlbar machten, daß der Kaffeebau kaum noch 
einen Gewinn übrig ließ, und vielen Pflanzern die 
Mittel fehlten, den Lohn ihrer Arbeiter und die 
Zinsen ihrer Hypothekschulden zu zahlen. 
Von den beiden großen brasilianischen, in der 
Provinz San Paulo gelegenen Kaffeepflanzungen, 
welche vor einigen Jahren in Aktiengesellschaften um- 
gewandelt wurden, liegen in dieser Beziehung inter- 
essante Jahresabschlüsse vor. Die San Paolo Coffee 
Estates Company) konnte nur noch die Zinsen auf 
ihre Prioritäts-Obligationen (Debentures) zahlen; 
die gewöhnlichen und bevorzugten Aktien erhielten 
weder Zinsen noch Dividende. Die Dumont Cofle### 
Company schloß das Geschäftsjahr mit einem Verlust 
von einer halben Million Franken ab; ihre Produk- 
tionskosten beliefen sich für die Arroba (14 kg) Kaffee 
auf 16 Milreis, während der Nettoerlös für die 
Arroba nur 12¼ Milreis betrug. Diese Pflanzungen 
waren seiner Zeit viel zu theuer bezahlt worden, 
und die Umwandlung in Aktiengesellschaften hatte 
kaum einen anderen Zweck verfolgt, als die damaligen 
Hypothekenbesitzer sicher zu stellen. 
Ob die in den letzten Monaten vorigen Jahres 
in Europa eingetretene Preissteigerung von Dauer 
sein und inwieweit dieselbe den in Noth befindlichen 
Pflanzern in Brasilien zu gute kommen wird, läßt 
sich schwerlich voraussagen. Auch hat der brasilia- 
nische Wechselkurs für die Pflanzer fast dieselbe 
Wichtigkeit wie die Preislage in den Absatzländern. 
Eine erhebliche Besserung des Kurses ist leicht mög- 
lich, da die brasilianische Regierung Ende dieses oder 
Anfang nächsten Jahres die Zahlung der Staats- 
schulden in Gold wieder aufnehmen will. Der Kurs 
ist von 6 bis 7 Pence im Jahre 1898 bereits auf 
7 bis 8 Pence im letzten Jahre hinaufgegangen. 
Inzwischen hat die brasilianische Regierung im 
Interesse der Pflanzer mit den Regierungen der 
europäischen Staaten, in welchen Eingangszölle auf 
Kaffee erhoben werden, insbesondere mit Frankreich, 
Verhandlungen wegen Herabsetzung derselben ange- 
knüpft. Für Havre ist der Ausfall der Verhand- 
lungen von größtem Interesse; denn Havre ist nicht 
nur der fast ausschließliche Kaffeemarkt Frankreichs, 
sondern auch der wichtigste Markt Europas und das 
größte Entrepot dieses Artikels in der Welt. Es dreht 
sich hier beinahe Alles um das Kaffeegeschäft, und 
an seinem Gedeihen sind außer den Kaufleuten, die 
das Geschäft in Händen haben, noch zahlreiche Kreise 
und Interessen betheiligt (die Banken, Rheder, Makler, 
Versicherungs= und Waarenhausgesellschaften, Hafen- 
und Dockarbeiter 2c.). 
Von der jährlichen Welt-Kaffeeproduktion, in der 
Höhe von ungefähr 14 Millionen Sack, entfallen un- 
gefähr 10 Millionen auf Brasilien und 4 Millionen 
auf die übrigen Länder. Nach Frankreich kamen in 
den letzten Jahren jährlich gegen 2 800 000 Sack, 
fast zur Hälfte brasilianischen Ursprungs. In den 
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französischen Konsum gingen jährlich 1 300 000 Sack 
über, von denen 500 000 bis 600 000 Sack brasi- 
lianisches Erzeugniß waren. Von den 1899 in Havre 
eingeführten 1 650 000 Sack waren über 1 Million 
brasilianischer Herkunft. (Nach einem Bericht des 
Kaiserlichen Konsuls in Le Havre.) 
Die Rautschukindustrie von Para. 
Einem in der „Frankfurter Zeitung“ veröffent- 
lichten Aufsatze von Eugen Ackermann über die 
Kautschukindustrie von Para entnehmen wir Folgendes: 
Man härt oft sagen, daß der Kautschuk durch die 
Erschöpfung der Wälder immer seltener werde und 
daß, um seinem Verschwinden entgegenzutreten, es 
nothwendig sei, Pflanzungen zu entwickeln. Die Sache 
verhält sich aber anders. Es ist nicht der Kautschuk, 
der selten wird, aber es sind die Arbeiter, die zu 
dessen Gewinnung fehlen oder fehlen werden. Seit 
einigen Jahren vermehrt sich der Gebrauch des Kaut- 
schuks. Die produzirte Menge dagegen ist nicht hin- 
reichend für den Bedarf. 
Der Besitzer eines Waldes beginnt recht häufig 
mit Schulden, giebt Alles, was er besitzt und borgen 
kann, aus, um seinen Arbeitern etwas Geld geben 
zu können, um sie von der Küste nach dem Innern 
zu befördern und um den nothwendigen Vorrath an 
Lebensmitteln 2c. verschaffen zu können. 
In einer Periode von ungefähr sieben Monaten 
arbeitet jeder Mann auf ungesähr 100 Bäumen, die 
mehr oder minder voneinander entfernt liegen. 
Daraus kann er 400 bis 800 kg Kautschuk erhalten. 
Sobald eine solche hundert Bäume enthaltende Par- 
zelle begrenzt worden ist, kommt der Arbeiter mit 
seinen Lebensmitteln und beginnt zu arbeiten. Die 
Arbeit ist zwar keine außerordentlich harte. Morgens 
werden die Bäume gezapft und nachmittags wird der 
Kautschuk weggenommen. Aber im Allgemeinen ist 
der Arbeiter recht schlimm daran, da er in einem 
sumpfigen Walde und in einem armseligen Häuschen 
auf Pfahlstellung zu leben hat. Dieses Häuschen 
besteht zum großen Theile aus Rinden und Palm- 
blättern. Nur selten kommt der Arbeiter heraus, 
um den Kautschuk in das Magazin oder Depot zu 
bringen, das am Flusse entlang sich befindet, da man 
so viel wie möglich die Arbeit des Transports zu 
vereinfachen sucht. Aber in der Nähe der Flüsse be- 
finden sich auch die ungesundesten Theile. Wenn der 
Arbeiter in seinem Sumpfe stirbt, so stirbt er eben, 
und Niemand kümmert sich darum. 
Ein Theil, manchmal die Hälfte des geernteten 
Kautschuks wird Eigenthum des Arbeiters. Davon 
wird aber eine bestimmte Menge für gelieferte Lebens- 
mittel und für das Geld, das der Arbeiter erhalten 
hat, abgezogen. Außerdem aber wird ein anderer 
Theil für den Vorrath der nächsten Periode zurück- 
behalten. Schließlich behält der Arbeiter wenig Geld, 
da ja das, was er besitzen könnte, für eine neue
	        
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