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Genehmigung des Reichskanzlers nicht angehören. Geschieht dies dennoch, so ist der Reichskanzler, un-
beschadet der von ihm etwa zu erhebenden Ansprüche auf Schadensersatz, befugt, sofort ohne jede Ent-
schädigung des Unternehmers von dem Vertrage zurückzutreten.
Artikel 30.
Die von dem Unternehmer für den Betrieb der Postdampferlinien angestellten Personen, ein-
schließlich der in ausländischen Plätzen bestellten Agenten, sollen, soweit durch besondere Verhältnisse nicht
Ausnahmen geboten sind, deutsche Reichsangehörige sein.
An solchen Orten des Auslandes, in denen der Unternehmer Agenten unterhält, sollen Letztere auf
Verlangen des Reichskanzlers verpflichtet sein, Postdienstgeschäfte nach Maßgabe der von der Reichs-Post-
verwaltung zu ertheilenden näheren Vorschriften wahrzunehmen. Die für solche Dienstverrichtungen unter
Umständen zu gewährende Vergütung wird von der Reich-Postverwaltung festgesetzt.
Schiffsführer und sonstige im Betriebe der Postdampferlinien Angestellte, welche einer erheblichen
Verletzung oder Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten sich schuldig machen, sind aus dem Dienst-
betriebe der Postdampferlinien zu entfernen, sofern der Reichskanzler auf Grund des Ergebnisses der
anzustellenden Untersuchung dies verlangt.
Artikel 31.
Die zur Deckmannschaft und zum Maschinenpersonale gehörige Besatzung der Dampfer, soweit sie
im Inland angemustert ist und nicht aus Minderjährigen besteht, muß aus Angehörigen des Beurlaubten-
standes der Kaiserlichen Marine oder aus solchen Perfonen bestehen, die sich schriftlich verpflichten, als
Kriegsfreiwillige in den Dienst der Marine überzutreten, wenn der Dampfer bei einer theilweisen oder
vollständigen Mobilmachung von der Marine gekauft, gemiethet oder requirirt wird.
Farbige Mannschaften dürfen nur für den Dienst in den Maschinen= und Kesselräumen insoweit
verwendet werden, als die Verwendung europäischer Mannschaften aus gesundheitlichen Rücksichten
unthunlich ist
h Ausnahmen von den vorstehenden Bestimmungen sind nur mit Genehmigung des Reichskanzlers
ulässig.
Für jede Person der Besatzung, die nach dem 1. April 1901 diesen Bestimmungen zuwider länger
als drei Monate hintereinander oder in Zwischenräumen an Bord der Dampfer Dienst thut, verwirkt der
Unternehmer eine Strafe von 100 (einhundert) Mk. für den Kopf und die Zeitdauer von je drei, auch
nur angefangenen, Monaten.
Der Unternehmer ist verpflichtet, zur Ueberwachung der Einhaltung dieser Bestimmungen den
Seemannsämtern auf deren Verlangen die Musterrollen und die Personalausweise der Mannschaft jederzeit
vorlegen zu lassen.
Artikel 32.
Auf jedem Dampfer wird ein Beschwerdebuch ausgelegt.
Bei Verabreichung neuer Beschwerdebücher werden die alten eingefordert und zurückgelegt, sobald
alle in denselben befindlichen Beschwerden ihre Erledigung gefunden haben.
Das Beschwerdebuch wird von dem mit der Aufbewahrung desselben beauftragten Schiffsoffizier
den Reisenden auf Verlangen verabfolgt. Die niedergeschriebenen Beschwerden sind von dem Schiffsführer
sogleich gründlich zu untersuchen. Demnächst hat derselbe unter Einreichung der Beschwerde in beglaubigter
Abschrift und der etwaigen Verhandlungen an den Reichskanzler Bericht zu erstatten, damit der Sach-
verhalt geprüft und die Erledigung der Beschwerde veranlaßt werden kann.
In allen für die Reisenden der verschiedenen Klassen bestimmten gemeinsamen Räumen ist durch
einen Anschlag ersichtlich zu machen, welcher Schiffsoffizier mit der Aufbewahrung des Beschwerdebuchs
und der Verabfolgung desselben an die Reisenden beauftragt ist.
Artikel 33.
Der Reichskanzler behält sich vor, jederzeit — in Häfen oder auf der Fahrt — den Zustand
des Dienstes durch einen Beauftragten prüfen zu lassen. Letzterem ist auf sein Verlangen ungehinderter
Zutritt zu allen Schiffsräumen zu gestatten und in allen geforderten Beziehungen Aufschluß zu ertheilen.
Die Beförderung und Verpflegung des Beauftragten auf den Schiffen erfolgt gegen Entrichtung
des Ueberfahrtgeldes (Artikel 27 unter a); jedoch ist dem Beauftragten stets ein besonderes Zimmer
zuzuweisen.
Artikel 34.
Die regelmäßigen Fahrten müssen spätestens im Laufe des April 1901 in vollem Umfang auf-
genommen werden. Geschieht solches nicht, so hat der Unternehmer für jeden Tag der Verspätung eine
Strafe von 300 (dreihundert) Mk. zu zahlen.
Artikel 35.
Für die Erfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten empfängt der Unternehmer vom 1. April