Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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Leistungsfähigkeit nicht sofort aufgebürdet werden, 
vielmehr solle man sich zunächst mit 1 140 000 Francs 
begnügen, gleichzeitig aber eine gründliche Reform 
in der Finanzverwaltung der Kolonien anbahnen. 
In erster Linie fordert die Kommission eine Ein- 
schränkung des Beamtenpersonals, dessen Zahl in der 
That überraschend groß ist. Martinique hat 973 Be- 
amte bei einem Flächeninhalt von 98 782 ha, 
Guadeloupe 1152 Beamte bei 160 262 ha, Réunion 
904 Beamte bei 260 000 ha, Indien 481 Beamte 
bei 50 800 ha, Mayotte 147 Beamte bei 37 000 ha, 
Saint-Pierre und Miquelon 107 Beamte bei 
24 500 ha, Tahiti 235 Beamte bei 104 200 ba. 
Sodann werden noch einige kleinere Resormen von 
weniger allgemeinem Interesse angeregt. 
Algerische und tunesische Eisendahnen. 
Die algerischen und tunesischen Eisenbahnen be- 
saßen 1897 einen Umfang von 3439 km (gegen 
49 im Jahre 1862). Die Zahl der Reisenden be- 
lief sich auf 3 570 999. Im Durchschnitt hat jeder 
Reisende 45,2 km auf ihnen zurückgelegt. Die Ein- 
nahmen aus dem Passagierverkehr betrugen 1897 
8 810 233 Francs, die aus dem Frachtverkehr 
14 626 264 Francs. Der Ertrag belief sich nach 
Abzug aller Kosten auf 3 646 491 Francs, d. h. 
1074 Francs pro Kilometer.7) 
Ueber die Unruben in Sierra Leone im Jabre 1808. 
Ein im Juli 1899 dem Parlament zugegangenes 
Blaubuch enthält den Bericht des als Commissioner 
zur Untersuchung der Ursachen der im Jahre 1898 
stattgehabten Unruhen in Sierra Leone ernannten 
Sir David Chalmers. Chalmers, welcher eine sehr 
eingehende Untersuchung an Ort und Stelle vorge- 
nommen hat, findet die Ursache der Unruhen in der 
durch die Verhältnisse nicht gerechtfertigten Einführung 
einer Hüttensteuer von 5 Schilling, deren Betrag 
überdies zu hoch gegriffen sei, und in der rigorosen 
Art ihrer Beitreibung. Er schlägt vor, die Hütten- 
stener aufzuheben, eine allgemeine Amnestie zu er- 
lassen und die Verwaltung, welche den Häuptlingen 
genommen sei und jetzt im Wesentlichen durch die 
Distrikt-Commissioners ausgeübt werde, den ersteren 
zurückzugeben. Die Distrikt-Commissioners empfiehlt 
er beizubehalten, aber mehr in der Stellung von 
Residenten zur Unterstützung der Häuptlinge als von 
Verwaltungsbeamten. 
Dem Bericht sind eine Entgegnung seitens des 
Gouverneurs von Sierra Leone, Sir Frederick 
Cardew, welcher sämmtliche getroffenen Maßregeln 
  
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vertheidigt, und eine Depesche Chamberlains an 
Cardew vom 7. Juli 1899 beigefügt. Chamberlain, 
* Aus Stutistiiue des chemins de (er frangçais. 
Parieo 1890. 
  
  
20 425 905 Rupien, 
der sich durchans auf die Seite des Gouverneurs 
stellt, erklärt, eine direkte Besteuerung sei nothwendig 
und einer solchen müsse die Zahl der Häuser zu 
Grunde gelegt werden; auch sei der Betrag von 
5 Schilling nicht als zu hoch anzusehen. Die Steuer 
solle daher weiter erhoben werden mit der Maßgabe, 
daß der Gouverneur berechtigt sei, in Einzelfällen 
dieselbe ganz oder theilweise zu erlassen. Ferner er- 
klärt Chamberlain sich gegen eine Aenderung in der 
Verwaltungsorganisation und behauptet, daß dic be- 
stehende sich gerade auf dem von Chalmers ge for- 
derten Prinzip der vom Staat beaufsichtigten Ver- 
waltung durch die Häuptlinge aufbaue. 
dandel Sansibars für das Jahr 1808.) 
Die zollamtlichen Statistiken zeigen eine Ver- 
mehrung des Waarenumsatzes, welche bei der Einfuhr 
über 900 000 Rupien, bei der Ausfuhr etwa 
3 000 000 Rupien beträgt. Verursacht ist diese 
Steigerung in erster Linie durch das Aufblühen 
Mombassas, infolgedessen größere Mengen für Britisch= 
Ostafrika bestimmter und von dort ausgeführter 
Waaren über Sansibar befördert wurden. Die Aus- 
fuhr von Sansibar nach Britisch-Ostafrika ist im 
Jahre 1898 beinahe auf das Doppelte gestiegen, 
indeß dürfte der Ausschwung Mombassas nicht dauernd 
Sansibar zu gute kommen, da sich schon jetzt bei den 
europäischen und indischen Kaufleuten das Bestreben 
zeigt, die Vermittelung Sansibars zu entbehren. Die 
Steigerung der Ausfuhrwerthe wurde durch den Auf- 
schwung im Nelken= und Koprageschäft unterstützt. 
Im Uebrigen ist das Geschäft im Allgemeinen gleich 
geblieben. Sansibar bildet den Stapelplatz für das 
ostafrikanische Festland, wird diese Stellung aber für 
Britisch-Ostafrika verlieren, da sich im letzteren Gebiet 
Mombassa wohl zu einem selbständigen, mit Europa 
und Indien verbundenen Haupthandelsplatz gestalten 
wird. 
Der Werth der Einfuhr betrug im Jahre 1897 
19 438 308 Rupien und im Jahre 1898 
daran waren hauptsächlich 
folgende Länder betheiligt: 
1897 1898 
« Werth: Rupien 
Indien . 6 238 412 7067 419 
Demisch. Ostafrika 3515.292 3211 500 
Großbritannien 2 475 0599 1 819 168 
Belgien 254 059 1402920 
Deurschland 1420 284 1 402 737 
Vereinigie Slaaten von Amerika 847 665 1184 963 
Britisch-O stafrika . 674 298 893 156 
Italienisches Somaliland 
(Benädirküste: 630 732 768 852 
Südafrika einschl. Comoren, " 
Madagaokar, Mauritius 551 158 725 173 
Aden. ... 618 818 470 64 
Frankreich 392 383 399 913 
Niederlande 919 203 261 055 
Italien 193 790 167 045 
*) Aus dem Deutschen Handels-Archiv 1899, S. 906 f.
	        
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