— 647
Von den Karolinen= und Marianen-Inseln,
deren Flora bisher vollständig unbekannt war, sind
in der allernächsten Zeit große Sammlungen von
Prof. Dr. Volkens zu erwarten, welcher sich z. Z.
wahrscheinlich nach Erforschung der Vegetationsver-
hältnisse jenes Gebietes auf der Heimreise befindet.
Durch Prof. Dr. Schumann und Dr. Lauter-
bach (Direktor der Neu-Guinea-Gesellschaft) wurde
ferner soeben eine Flora der deutschen Schutz-
gebiete in der Südsee auf Grund der hauptsächlich
von Hellwig, Warburg, Bammler und Lauter-
bach auf Neu-Guinea zusammengebrachten Samm-
lungen vollendet, welche sich im Drucke befindet.
Weiter wurde durch Dr. Diels die Flora von
Centralchina bearbeitet und wird in den nächsten
Wochen in Englers botanischen Jahrbüchern Bd. XXIX.
erscheinen. Es basirt diese Arbeit auf den bisher
nur zum Theil bearbeiteten umfangreichen, vom
Museum durch Kauf erworbenen Sammlungen des
Engländers Henry, in der Hauptsache aber auf
der Bearbeitung zweier sehr vollständigen Kollek-
tionen, die dem botanischen Museum zur wissenschaft-
lichen Bearbeitung übersandt worden waren. Es
sind dies die rund aus 2500 Nummern bestehende
Sammlung, die der gegenwärtig in Peking ein-
geschlossene Legationssekretär A. v. Rosthorn
während eines Aufenthaltes in Tschung-King (Sze-
tschuan) zusammengebracht und durch Vermitte-
lung des norwegischen Generalkonsuls Herrn Carl
Bock dem botanischen Museum zu Christiania zum
Geschenk gemacht hatte, ferner eine interessante rund
1000 Nummern umfassende Kollektion, welche der
italienische Missionar P. Giraldi in den Tsin ling-
Bergen des südlichen Schen si ausgenommen hat.
Einen weiteren Beitrag zur Flora des östlichen Hoch-
asiens liefert die botanische Ausbeute der Herren
Prof. Futterer und Dr. Holderer, die auf ihrem
bekannten Zuge durch Asien vornehmlich aus den
noch wenig bekannten Gegenden des nordöstlichen
Tibets eine Reihe interessanter Typen mitbrachten.
Besonders dürftig war bisher in den festländi-
schen Museen die Flora Australiens und der um-
liegenden Inseln vertreten, zumal die in neuerer Zeit
dort gewonnenen Materialien fast ausschließlich im
Lande blieben oder bestenfalls nach England ge-
langten. Auch hier dürfte bald Abhülfe getroffen
werden, indem Herr Dr. L. Diels in Gemeinschaft
mit Herrn Dr. E. Pritzel eine botanische Forschungs-
reise nach dem am wenigsten bekannten, doch offen-
bar sehr reichen westlichen Theile Australiens unter-
nehmen will, deren Ausbeute vertragsmäßig dem Ber-
liner Museum zufallen soll.
Auslandes, welche die reichen Schätze des König-
lichen botanischen Museums dauernd zu Studien-
zwecken benutzen, befinden sich gegenwärtig auch zwei
namhafte japanische Botaniker, durch deren Ver-
mittelung es gelingen wird, die an und für sich
schon reiche Sammlung jopanischer Pflanzen in höchst
ersprießlicher Weise zu vervollständigen.
Die Flora Amerikas hat stets einen sehr wich-
tigen Bestandtheil des botanischen Museums gebildet,
namentlich seitdem das großartig angelegte und nun
sast vollendete Werk die „Flora brasiliensis“ von
Berlin aus geleitet wurde (zuerst von Prof. Eichler,
nachdem von Prof. Urban). Aber auch jetzt noch
vergrößern sich die Sammlungen aus diesem Erd-
theil ständig in bedeutender Weise. So ging vor
Kurzem eine Kollektion ein, welche Herr Dr. Pilger
als Reisebegleiter des Herrn Dr. Hermann Meyer
auf dessen bekannter Forschungsreise nach Central-
Brasilien (Matto Grosso) zusammengebracht hat und
welche er nun selbst bearbeitet. Ferner kamen aus
Brasilien umfangreiche und wichtige Materialien von
den Herren Dr. Ule (Rio de Janeiro, Minas-Geraös,
S. Catharina) und Glaziou (Goyaz), Alvaro da
Silveira (Minas-Geraös), Schwacke (Minas-
Geraös), Huber (Paréá), ganz abgesehen von
zahlreichen kleineren, aber oft sehr wichtigen Zu-
gängen aus anderen Staaten dieses großen Reiches.
Herr Dr. Ule begiebt sich gegenwärtig nach dem
Amazonenstrom, um in dessen oberem Gebiet auf
Kosten des deutschen Großkaufmanns Herrn Witt
in Manäos und des Großindustriellen Herrn
Dr. Traun in Hamburg die Kautschukfrage und die
Florenzusommensetzung dieses wahrscheinlich pflanzen-
reichsten Gebietes der Erde eingehend zu studiren.
Auch die auf dieser Expedition gemachten Samm-
lungen werden dem botanischen Museum zufallen.
Große Sammlungen gingen auch zu aus den
andinen Gebieten Südamerikas, besonders durch
die Herren Konsul F. C. Lehmann (Ecuador),
Dr. Stübel (Peru, Ecuador), Prof. Sodiro
(Ecuador), welche von Prof. Hieronymus gemein-
sam mit den anderen Beamten des Museums be-
arbeitet werden, sowie aus Mexiko und Guatemala
(durch Prof. Seler und Frau) aus Nicaragua
(durch Dr. Rothschuh) und von den Anden von
Chile (durch Dr. Reiche). Ferner ist von ganz
außerordentlicher Wichtigkeit die Kollektion, welche
Dr. P. Preuß auf seiner im Auftrage des Kolonial-
wirthschaftlichen Komitees unternommenen Reise nach
Westindien, Venezuela, Ecuador, Costa Rica, Mexiko
zusammenbrachte.
Ganz besonders reich vertreten ist am Museum
die Flora Westindiens, welche Prof. Dr. J. Urban
bearbeitet, und für welche er unermüdlich Material
herbeischafft.
Aber trotz dieser weitgehenden Beschäftigung der
Beamten des Museums mit exotischen Floren wird
I doch die Pflanzenwelt Europas, besonders Deutsch-
Unter den zahlreichen Gelehrten des In= und lands, nicht vernachlässigt.
Erscheint doch gerade
gegenwärtig das für die Floristik grundlegende Werk:
„Synopsis der mitteleuropäischen Flora“, bearbeitet
von Prof. Dr. Ascherson und Dr. Graebner, welchem
vor Kurzem eine von denselben Herren bearbeitete „Flora-
des nordostdeutschen Flachlandes“ vorausging.