Jahre konnte ich auf meinen Vorsatz zurückkommen,
und ordnete der Aufsichtsrath der Firma Karl
Perrot & Co., Deutsch-Ostafrikanische Handels= und
Plantagengesellschaft G. m. b. H. in Wiesbaden, auf
meinen Antrag eine Expedition zur Untersuchung der
Bucht von Kilwa Kisiwani und der an derselben
liegenden portugiesischen und Schirazi-Alterthümer an.
Dieselbe wurde in Lindi ausgerüstet und ging unter
der Leitung des Direktors dieser Gesellschaft, Herrn
Bernhard Perrot, am 15. Juli d. Is. unter Segel.
Auf der Nordwestecke der Insel Songa Manara
wurden am Strande der dem Festlande zugekehrten
Seite, fast ganz von tropischer Vegetation überwuchert,
die sehr bemerkenswerthen Ruinen einer ziemlich
umfangreichen Schirazistadt entdeckt. Der Umstand,
daß fast alle Häuser derselben zweistöckig, unterkellert
und von behauenen, zum Theil mit Verzierungen
versehenen Steinen aufgeführt waren, während bei
den auf Kilwa Kisiwani befindlichen nur Stuck zur
Anwendung gekommen, und daß, obwohl die Einfahrt
zur Bucht eine sichere, auf der Nordseite der Insel
sogar ein Leuchtthurm vorhanden war, läßt auf sehr
bedeutenden früheren Reichthum dieser Stadt schließen.
Sodann entdeckte Herr Bernh. Perrot die Trümmer
einer großen, aber stark verfallenen Moschee. Besser
erhalten war ein mächtiger Schirazipalast mit Arka-
denhof und Badeeinrichtung. Dann wurde u. U.
auch ein Massengrab von 40 in einem Familienkampf
gefallenen Schirazi sowie ferner das ziemlich gut
erhaltene Erbbegräbniß der Kilwa-Sultane und 300
Schirazi= und einige alte portugiesische Münzen u. A.
gefunden. Besonders bemerkenswerth waren aber
vier verschiedene Inschriften, welche sorgfältig aus-
gehoben, verpackt und durch Herrn Direktor Bern-
hard Perrot auf dem Instanzenwege an die General-
verwaltung der Königlichen Museen in Berlin, die
Münzen aber, unter Wahrung des Eigenthumsrechts,
an das Königliche Münzkabinet in Berlin zur wissen-
schaftlichen Feststellung sofort von Kilwa Kiwindje
aus abgeschickt wurden. Dieselben dürften dieser
Tage dort eintreffen.
Herr Bernhard Perrot setzte seine Untersuchungen
bis zum 31. Juli d. Is. fort, nahm verschiedene
Photographien daselbst wie auch auf Kilwa Kisiwani
auf und kehrte Anfang August d. Is. nach Lindi
zurück.
Auch in botanischer Hinsicht wurden einige wich-
tige Entdeckungen gemacht, u. A. wurden verwilderte,
zahlreiche Kapseln tragende Baumwollstanden gefunden,
wodurch die Angabe der Portugiesen, daß ehedem
auf Kilwa Kisiwani Baumwollbau getrieben wurde
und daß Baumwolle in Deutsch-Ostafrika ganz gut
sich fortpflanzt und gedeiht, bestätigt wird.
Durch die Eingeborenen wurde ferner mitgetheilt,
daß bei Sanji ya Mayoma und auf weiteren Theilen
der Insel Songa Manara, auch im Innern von
Kilwa Kisiwani sich bemerkenswerthe Ruinen be-
fänden, und wurde daraufhin Herr Bernh. Perrot
mit Ausrüstung einer zweiten Expedition beauftragt,
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welche jetzt wohl an Ort und Stelle sein dürfte.
Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Expedition ge-
denkt Herr Direktor Bernhard Perrot demnächst im
Auftrage des Aufsichtsraths seiner Gesellschaft in
einem illustrirten Werke zu veröffentlichen. Die von
ihm gemachten Entdeckungen dürften für die Geschichte
von Deutsch-Ostafrika von großer Wichtigkeit sein.
Diese neu entdeckte alte Kulturstätte dürfte ein
sprechendes Zeugniß für die wirthschaftliche Ent-
wickelungsfähigkeit des südlichen Theiles von Deutsch-
Ostafrika und für die Wichtigkeit der Bucht von
Kilwa Kisiwani, woselbst wir vorerst eine Neben-
faktorei errichtet haben, abgeben. Karl Perrot.
RKamerun.
Bericht über die Expedition und das Gefecht bei gegawo.
Der stellvertretende Stationsleiter v. Lüding-
hausen berichtet aus der Station am Ngoko unter
dem 3. Mai 1900 Folgendes:
Am 2. April d. Is. wurde seitens der Direktion
der Gesellschaft „Süd-Kamerun“ zum Schutz ihres
Faktoreipostens in dem Bangandudorf Tschimbuli
eine kleine Besatzung erbeten. Die nordöstlich von
den Bangandus ansässigen Nzymus machten den
Handel dort sehr unsicher. Sie hatten neben großen
Räubereien von Weibern und Kindern, sich auch an
Leuten vergriffen, die im Interesse der Gesellschaft
Elfenbein kauften. Fünf Leute hatten sie in kurzer
Zeit ermordet und ihr Elfenbein geraubt. Ich gab
dem Antrage der Gesellschaft statt und schickte den
schwarzen Sergeanten Boary mit fünf Mann nach
Tschimbuli.
Am 10. April erschien der Agent der Gesell-
schaft „Süd-Kamerun“ Herr Kalmar in Begleitung
des Unterdirektors Graf v. Schlippenbach auf der
Station und bat mich, zu den Bangandus zu kommen,
da der ganze Distrikt sich zum Kriege gegen die sehr
viel stärkeren Nzymus rüste. Die Nzymus hatten
in der letzten Zeit den Sohn des einflußreichen
Chef Busse erschlagen, was den Anstoß zur Er-
hebung gab. Die Bangandus sandten einen Mann
mit Geschenken und Ziegen zur Station, der im
Auftrage der Bangandus meine Hülfe erbat. Da
der verstorbene Chef Herr Oberleutnant Dr. Plehn
den Bangandus verboten hatte, selbstständig Kriege
zu führen, ihnen vielmehr befohlen hatte, stets ihre
Streitigkeiten vor das Gouvernement zu bringen, und
ein Krieg zwischen Eingeborenen ein Stillstehen des
Handels bedeutet, so sagte ich meine Hülfe zu und
maschirte zur Beilegung der Streitigkeiten am
12. v. Mts. zu den Bangandus ab.
Nach 3½⅛ tägigem schwerem Rudern kam die
Expedition, welche aus 15 Soldaten und 9 Trägern
bestand, in Molundo an. Am 17. April brach die
Expedition von Molundo auf; es schlossen sich ihr
noch der Unterdirektor der Gesellschaft,, Süd-Kamerun“