Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

gebiet von Osten nach Westen durchquerenden Eisen- 
bahn zu orientiren und für den Bau jener Anfangs- 
streckke einen Kostenüberschlag einzureichen. Dieses 
Auftrages hat sich Oberstleutnant Gerding im ver- 
gangenen Frühjahr entledigt, auch Gelegenheit ge- 
funden, nicht nur die Usambarabahn, sondern auch 
die britische Ugandabahn zu besichtigen. 
Entsprechend jenem Kostenüberschlayz sind zwei 
Millionen Mark in den Etat eingestellt. Haupt- 
mann Schlobach, unter dessen Leitung die ersten 
Vorarbeiten stattgefunden haben und der als Orts= und 
Sachkundiger den Oberstleutnant Gerding begleitete, 
hat ein Spezialprojekt für die ersten etwa 50 km 
zwischen Dar-es Saläm und Kola ausgearbeitet. 
Ueber die Usambarabahn ist Folgendes zu be- 
merken: die Leitung der Eisenbahnverwaltung (Bau 
und Betrieb) hat für den vor einem Jahre ver- 
storbenen Ingenieur Mende Regierungsbaumeister 
Todsen seit Anfang Dezember v. J. übernommen. 
Die Bauthätigkeit hat gute Fortschritte aufzuweisen. 
Auf der alten Strecke Tanga—Muhesa sind 
die nothwendigen Instandsetzungen u. s. w., als Aus- 
wechseln der noch vorhandenen hölzernen Schwellen 
durch eiserne, Abwässerung und Regulirung des 
Bahnkörpers, Vervollständigung der Beschotterung 
u. s. w. ausgeführt worden. 
Es steht nur noch aus die Vollendung der neuen 
Landungsbrücke in Tanga, die in einigen Monaten 
zu gewärtigen ist, und die — weniger dringliche — 
Beseitigung der Spitzkehre bei Ngomeni. 
Der Neubau zwischen Muhesa—Korogwe ist 
nach den neuesten Berichten so weit gediehen, daß 
die Vollendung der Erdarbeiten, einschließlich der 
Nebenarbeiten, um Neujahr bevorsteht. Durch zahl- 
reiche Regentage im vergangenen Frühjahre sind 
diese Arbeiten sehr aufgehalten worden, ohne daß 
indessen der Bahnkörper durch den Regen erheblichen 
Schaden gelitten hätte. 
Der Betrieb zwischen Tanga—Muhesa hat 
gleichtalls Fortschritte gemacht, nachdem die vor- 
hondenen Betriebsmittel in Stand gesetzt sind und 
eine Vermehrung, insbesondere der Lokomotiven, er- 
sahren haben. Seit April d. J. ist der Zugverkehr 
ein regelmäßiger, und zwar täglicher. 
Im Hafen von Dar-es-Saläm ist man mit 
Herstellung einer Dockanlage beschäftigt, deren sämmt- 
liche Theile vor einiger Zeit dort gelöscht sind. 
Auf dem Victoria-Nyanza-See hat eine Alu- 
minium-Dampfpinasse ihre Fahrten begonnen, 
und auf dem Tanganyika-See ist am 4. Oktober der 
Dampfer „Hedwig von Wissmann“ vom Stapel 
gelaufen. 
Die nähere Prüfung des im vorigen Jahre für die 
Wasserversorgung der Stadt Dar-zes-Saläm ins 
Auge gefaßten Quellgebiets hat zu einer wesentlichen 
Erweiterung des Vorprojekts geführt. Die vor- 
genommenen Untersuchungen ergaben, daß in einer 
Entfernung von rund 700 m von der ursprünglichen 
Quelle eine Schöpfstelle vorhanden ist, deren Er- 
  
865 — 6 
giebigkeit in der Minute das Sechs= bis Siebenfache 
der alten Stelle betrug. Dies Ergebniß zwingt zu 
dem Entschluß, die Schöpfstelle für die Wasserver- 
sorgung der Stadt dahin zu verlegen, wo die größte 
Menge brauchbaren Wassers zu gewinnen ist, und 
von vornherein für die Förderung einer solchen 
Wassermenge Sorge zu tragen, daß dem Bedürfniß 
auch für eine längere Zeit entsprochen wird. 
Der Bau des Krankenhauses in Tanga, be- 
stehend aus Haupt-, Arzt= und Wirthschaftsgebäude, 
wird voraussichtlich im nächsten Jahre vollendet sein. 
Die Kosten dieser Anlage werden aus den Mitteln der 
Wohlfahrtslotterie bestritten, abgesehen von den in den 
Etat eingestellten Mitteln für die innere Einrichtung. 
Die Kaffeeplantagen haben die Dürre der Jahre 
1898 und 1899 mit Erfolg überstanden und ver- 
sprechen immer steigende Ernteerträge. An ver- 
schiedenen Punkten ist, nach dem guten Erfolge der 
Regierungsplantage Kurazini, der Anbau von Agaven, 
insbesondere der Sisal-Agave, in Angriff genommen. 
Die Plantage Kurazini ist durch Kauf in den Besitz 
einer Gesellschaft übergegangen. 
Der Handel des Schutzgebiets zeigt keine Tendenz 
zu weiterer Entwickelung. Die Ein= und Ausfuhr 
ist in der Zeit vom 1. Januar bis 1. Juli d. J. 
sogar eine etwas geringere gewesen als in der ent- 
sprechenden Zeit des Vorjahres. Es liegt die An- 
nahme nahe, daß diese bedauerliche Thatsache zum 
überwiegenden Theile auf die Einwirkung der eng- 
lischen Ugandabahn zurückzuführen ist, die für Mombassa 
bereits eine ganz erhebliche Steigerung der Ein= und 
Ausfuhr herbeigeführt hat. 
Mit der Deutschen Ostafrika-Linie ist seitens 
des Reichs ein neuer Vertrag abgeschlossen worden, 
durch welchen die Subvention von 900 000 Mk. 
jährlich auf 1 200 000 Mk. erhöht ist und von der 
Linie erheblich gesteigerte Leistungen, insbesondere 
hinsichtlich Fahrtgeschwindigkeit und Schiffsmaterial, 
erlangt worden sind. 
Die Goldfunde im Irangi= und Usinjagebiet 
haben die Entsendung einer neuen Expedition von 
privater Seite veranlaßt, der voraussichtlich bald eine 
zweite folgen soll. 
Die Verschiedenheiten, welche im Bergbaurecht 
bisher für das Gebiet der ostafrikanischen Gesellschaft 
und das übrige Schutzgebiet bestanden, sind im Ein- 
vernehmen mit der genannten Gesellschaft beseitigt. 
Die Verordnung vom 9. Oktober 1898, betreffend 
das Bergwesen in Deutsch-Ostafrika, ist auf das 
ganze Schutzgebiet ausgedehnt worden. Es besteht 
die Absicht, die in dieser Verordnung vorgesehenen 
Gebühren und Abgaben für die Zeit bis 1903 auf 
die Hälfte zu ermäßigen. 
Von der Häuser= und Hüttensteuer wird ein den 
Voranschlag übersteigendes Ergebniß erwartet. Die 
Nachrichten der Presse, wonach die Eintreibung der 
Steuer eine erhebliche Beunruhigung der Bevölkerung 
hervorgerufen haben soll, werden durch die vorliegende 
amtliche Berichterstattung nicht bestätigt. 
3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.