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Nachrichten aus den deutschen Schuhgebieten.
(Abdruck der Nachrichten vollständig oder theilweise nur mit Quellenangabe gestattet.)
Kamerun.
Ueber die Thätigkeit der Strafexpedition nach den
Croß-Schnellen,
welche bekanntlich nach mehreren schweren Gefechten
zur vollständigen Unterwerfung der an der Er-
mordung des Leutnants v. Queis und des
Forschungsreisenden Conrau betheiligt gewesenen
Eingeborenenstämme geführt hat, liegt nunmehr eine
umfassende Berichterstattung vor.
Wir lassen die einzelnen Berichte bezw.
Meldungen der Expeditionsleitung, soweit dieselben
von allgemeinem Interesse sind, der Reihe nach hier
folgen:
Okurri, den 4. Juni 1900.
Nachdem in Ekonaku die letzten Vorbereitungen
zur Expeditition getroffen waren, erfolgte der Ab-
marsch nach Ekondu—Kondu am 28. Mai. Der
Weg dahin war leidlich, aber nicht gereinigt. Von
dort Marsch nach Ekong, alle Leute anwesend und
entgegenkommend. Von Ekong Marsch über Nkurru
nach Ekoroman (Ekoi-Leute). Von Ekoroman nach
Ayaman (Ekois), von Ayaman nach Okurri (Ekois).
In allen Dörfern die Bewohner anwesend, sehr
entgegenkommend. Dieselben wurden stets vorher
durch Boten über unsere friedlichen Absichten ver-
ständigt.
Heute in Okurri angelangt. Der Häuptling
Ako-Efu und sämmtliche Dorfbewohner anwesend,
vollkommen friedlich gesinnt. Der Häuptling sagt
aus, daß die Ndebidjileute ihr Dorf abgebrannt
hatten und in ihr ursprüngliches altes Dorf zurück-
gekehrt seien. Das Dorf soll am Wege nach Awum
noch jenseits des Ortes auf englischer Seite liegen.
Sämmitliche Ekoistämme von Mbinda ab nördlich
und nordöstlich davon sollen feindlich sein und
fechten wollen.
Die Expedition wird daher übermorgen in
Richtung auf Anom marschiren, den Weg nach dem
alten Ndebidji wegen der Nähe der englischen Grenze
aber nicht berühren. Die Route von Ckonaku bis
Okurri ist ausgenommen worden.
Ekoroman, den 8. Juni 1900.
Am 6. d. Mts. Aufbruch von Okurri in der
Richtung auf Anom.
Der Weg bis Anom überschreitet dreimal den
Akoafluß, der in der Regenzeit nicht zu durchwaten
ist, Brücken nicht vorhanden.
Die alte Wegereinigung vor 1½ Jahren machte
sich noch bemerkbar, so daß keine größeren Hinder-
nisse vorkamen.
Ohne Behelligung von Buschleuten erreichten wir
in ganz langsamem Marsch Anom. Anom, ein
kleines, sehr verfallenes Dorf, wo fast gar keine
Verpflegung für die Truppe vorhanden war.
Am 7. d. Mts. 5 Uhr 56 Min. vorm. trat die
Truppe den Vormarsch auf Ekoroman an. Der
Vormarsch wurde bis 7½ Uhr vormittags von den
Buschleuten nicht gestört, trotzdem wir an vielen
Stellen große Buschverstecke bemerkt hatten. Beim
ersten Anstieg zur Höhe 240 erhielt die Spite aus
einem starkbesetzten Buschversteck heftiges Feuer; die
Gefreiten Jogoma und Sanagami fielen, Haupt-
mann v. Besser verwundet (linke Hand zwei Schuß,
rechter Arm).
Nur durch sehr langsames, vorsichtiges Vorgeben
unter Absendung von Seitenpatrouillen wurden
weitere Verluste vermieden. Vom Gegner wurden
Mehrere getödtet und anscheinend Viele verwundet.
Zu einem weiteren Widerstand raffte sich derselbe
nicht auf, so daß wir ohne Kampf Ekoroman be-
setzten. Der Weg zwischen Anom und Ekoroman
ist im Allgemeinen für eine marschirende, fechtende
Truppe sehr ungünstig, da man die Buschverstecke,
die meist unter Zuhülfenahme von geeigneten großen
Bäumen sehr geschickt angelegt sind, selbst bei der
größten Aufmerksamkeit nicht erkennen kann.
Das Dorf Ekoroman ist zwar nicht besonders
groß, jedoch besitzt es Farmen in ausgedehnterem Stile.
Ein fast so großes Dorf, Navretin, liegt m
nordöstlicher Richtung, 10 Minuten entfernt.
Wie schon berichtet, sind die neuen Buliträger nur
zum Theil brauchbar, so daß wir gezwungen waren.
viele Lasten in Ekonaku und Okurri zurückzulassen.
Die Expedition ist daher in ihren Bewegungen
beschränkt und kann den Erfolg des gestrigen Tages
nicht ausnutzen. Leutnant Merensky erhält den
Auftrag, die zurückgelassenen Lasten anzuholen.
Dieser Zeitverlust macht sich doppelt fühlbar, dam
das Wasser in den Flüssen immer mehr steigt und die
Schwierigkeiten des Passirens sich bedeutend vergrößern.
Wie der Widerstand bis Rssakpe sein wird, läßt
sich absolut nicht übersehen. Jedenfalls ist der
Verbrauch an Munition sehr groß, so daß die Er-
pedition, wenn nicht sofort ein Nachschub auf dem
kürzesten Wege nachgeschickt wird, in eine sehr ver-
hängnißvolle Lage kommen kann. Die Hauvptsache
bleibt, daß die Verbindung nach rückwärts steis
offen gehalten wird.
Leutnant v. Queis ist nach Aussage von
Augenzeugen südlich von Ekoroman unweit des
Dorfes durch drei Schuß getödtet worden, nachdem
ihm vorher nördlich von Mbeban der rechte Ober-
arm zerschossen war, so daß er in der Hängemate
getragen werden mußte.
Gleichzeitig fielen mit Herrn v. Queis zwei
Hängemattenträger und ein Polizeisoldat.
Nssakpe, den 17. Juni 1900.
Am 12. d. Mts. traf Leutnant Merensky
von Okurri in Ekoroman wieder ein, derselbe ist