Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

fortwährenden Rheumatismus' fast unbeweglichen König 
Ula in seiner geräumigen Hütte auf. Uila (der 
.Blitz“, auch in der Samoasprache, die mit dem 
Lord Howedialekte viele Worte gemein hat) ist ein 
wohlhabender Mann, wie sich schon daraus ersehen 
läßt, daß er bei dieser Gelegenheit der Firmao For- 
sayth einen Auftrag auf 1000 Sack Reis gab, welchen 
er und seine Unterthanen sehr gern als Nahrungs- 
mittel in Austausch gegen Kopra erwerben, und 
seinerseits sich zur Lieserung von 80 Tons Kopra 
verpflichtete. Als Anzahlung erhielt er 40 K, die er 
seinem schon erheblichen Goldschatze anfügte. Der 
König feierte mit seinen Leuten gerade ein großes 
Fest, und wenigstens 500 bis 600 Eingeborene waren 
um ihn versammelt. Eme weite Strecke des Strandes 
entlang waren große Haufen von Kokosnüssen ge- 
schichtet, und in den breiten Dorfstraßen und dem 
geräumigen Festplatze tummelte sich Jung und Alt 
in ausgelassener Festfreude, die wir durch ausgestreute 
Tabakstückchen zu cinem Tumulte erhöhten. Wir 
unterhielten uns hauptsächlich mit dem anscheinend 
sehr gescheuten Premierminister des Königs, der uns 
später auch an Bord geleitete, um einen Abendschoppen 
bei uns zu trinken. Besonders mer kwürdig sind die 
großen Begräbnißplätze der Lord Howeleute. Zwei 
derselben besuchten wir auf der Königsinsel. Grabstein 
reihre sich an Grabstein, aber von Inschriften oder 
Verzierungen war an ihnen nichts zu bemerken. Das 
Innere der Insel birgt viele sumpfige Stellen, in 
deren Nähe man es vor Moskitos nicht aushalten 
konnte. Leider hinderte uns abends das regnerische 
Weiter, nochmals an Land zu gehen, um uns die 
Tänze der Eingeborenen anzusehen. Zum Schiffe 
hinüber klang stundenlang ihr hundertstimmiger me- 
loduscher, choralartiger Gesang. 
Am 28. bei Tagesanbruch verließen wir durch 
die Nordpassage mit der Richtung auf die Tasman- 
Inseln die Lord Howegruppe. Mittags erreichten 
wir die 40 Seemeilen entfernten Tasman-Inseln 
und machten dort alsbald unter Vermittelung des 
Kaufmanns Forsayth die Bekanntschaft des europäisch 
gekleideten Königs Tokua. Sein die ganze Gruppe 
umsassendes Gebiet hat nur etwa 200 Einmwohner, 
die meistens auf der großen Insel Nukumann wohnen; 
der Grund und Boden aller Inseln beträgt zusammen 
ungefähr 250 ha und ist als Eigenthum der Frau 
Kolbe im Grundbuche zu Herbertehöhe eingetragen. 
Die Kopraproduktion bringt jetzt jährlich 40 Tons. 
Es ist aber noch nicht die Hälfte des vorhandenen 
Areals bepflanzt. Die Firma Forsayth beabsichtigt 
in nächster Zeit den Eingeborenen die große Insel 
als Reservation zuzuweisen und die tübrigen Inseln 
rationell als Plantage zu bewirthschafen. Der Kopra- 
ertrag wird dann auf 150 bis 200 Tons gesteigert 
werden können. Für die auf dem Punkte des Still- 
standes befindliche Bevölkerung wird die große Insel 
vollkommen genügen. Die Sprache ist dieselbe wie 
die der Lord Howegruppe. Im Menschenschlag und 
Auftreten der Eingeborenen ist nicht der geringste Unter- 
115 
  
  
schied gegen die Lord Howeleute zu bemerken. Die 
Zahl der um die sehr ausgedehnte Lagune liegenden 
Inseln beträgt 30 bis 40. Einzelne Inseln sind 
sehr schmal. Die größeren schließen kleine Lagunen 
und Sumpfstellen ein, während im Allgememen der 
Boden reiner, zur Palmenkultur vorzüglich geeigneter 
Sand und ein fortwährender Zuwachs desselben fest- 
gestellt ist. 
In der Nähe des Königshauses ließ ich weithin 
sichtbar ei Schild „Kaiserlich deutsches Schutzgebiet" 
an eine Palme nageln; dem König ward die Sorge 
für das deutsche Hoheitszeichen übertragen. Neugierig 
umstanden uns bei unserem Zusammensein mit dem 
König vielleicht 50 hochgewachsene ernste Männer, 
während im Hintergrunde die gelbbemalten Dorf- 
schönen sich bemühten, durch Tanz, Händeklatschen und 
Geschrei unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. 
Dann geleiteten uns einige Eingeborene zur Jagd 
auf Schnepfen, die um diese Jahreszeit, von Sibirien 
und Nordchina ziehend, die Südsee-Eilande besuchen, 
und von einem Kanu aus schoß einer unserer Jungen 
mit einer emzigen Dynamitpatrone über einen Centner 
wundervoller, großer Fesche. 
Um 5 Uhr lichteten wir den Anker, um auf die 
Mortlockgruppe zu steuern. Wir erreichten diese 
anderen Tags gegen 1 Uhr und gingen zunächst zu 
der Station der Frau Altmann, der Wittwe eines 
deutschen Händlers. Sie und ihre achtjährige, wie 
eine wilde Blume auf dem sandigen Ellande auf- 
wachsende Tochter sind die Eigenthümer der ganzen 
Gruppe, auf der von Emgeborenen nur noch 20 Leute 
leben. Die Inseln umsassen zusammen ein Areal 
von höchstens 200 ha und liefern zur Zeit 50 bis 
60 Tons Kopra, welche bei rationeller Bewirthschaf- 
tung bis auf 200 Tons gesteigert werden können. 
Frau Altmann ist Samoanerin. Sie bearbeitet die 
Inselgruppe mit Hülfe von 15 auswärtigen Jungen, 
in Handclsverbindung mit der Firma Forsayth stehend. 
Ihr aus Korallenkalk massiv gebautes Haus macht 
im Innern und im Aeußeren einen sehr gut gehal- 
tenen, wohnlichen Eindruck. Die unweit des Hauses 
befindliche große Cisterne ermöglichte die Auffüllung 
unseres Frischwasservorraths. Ein längerer Spazier- 
gang im dichten Busche der großen Mortlock= Jusel 
zeigte uns, wie dieselbe vollständig den Inseln der 
Lord Howe= und Tasmangruppe gleich geartet ist. 
Ueberall Bildung kleiner Lagunen und Sümpfe, in 
denen wilder Taro, der den Eingeborenen die Faser 
zu ihren Webereien liefert, mit mächtigen grünen 
Blättern hervorschießt, und unzählige Moslitos eine 
nur zu geeignete Stätte der Entwickelung finden. 
Spätnachmitags liefen wir mit dem „Stephan“ 
weiter nach Buka. 
Am 30. morgens erreichten wir die an der 
Nordostküste Bukas gelegene Landschaft Hanahau 
und warben dort, langsam die Küste abfahrend, 
aus den Kanus der zu uns kommenden Eingeborenen 
drei gut gewachsene Leute als Polizeijungen an. 
Die Bewohner dieses sehr dicht bevölkerten Land-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.