Statistisches.
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Am 31. Dezember 1900 waren im Schutzgebiete
von Togo 135 Europfüer ansässig, davon 127
Deutsche, 4 Schweizer, 2 Engländer, je 1 Holländer
und Luxemburger. Unter den 127 Deutschen waren
50 Beamte, 30 Kaufleute, 4 Pflanzer, 26 Missionare,
14 Missionsschwestern und Frauen von Missionaren,
3 Krankenpflegerinnen. Hauptwohnsitze der Europäer
waren Lome mit 51 und Klein-Popo mit 25 Deut-
schen und Fremden. Gegenüber dem Stande vom
31. Dezember 1899 hat die Gesammtzahl der Euro-
paäer in Togo um 11, die der Deutschen um 15
zugenommen. — Die Zahl der im Jahre 1900
im Schutzgebiete angekommenen und abgegangenen
Schiffe beträgt 122, davon nahezu die Hälfte
deutsche, die übrigen meist englische und französische.
Deutsch-Neu-Guinra.
Die Insel Tinian (Marianen).
Ueber eine nach der Insel Tinian unternommenen
Reise hat der Kaiserliche Bezirksamtmann Fritz in
Saipan folgenden Bericht erstattet:
Am 5. November 1900 unternahm ich mit der
den Pächtern der Nordinseln gehörigen „Tora-marn“
eine Dienstreise nach Tinian, um diese Insel und
insbesondere die Verhältnisse des wilden Vieh-
standes kennen zu lernen und der Aufgabe näher
zu treten, in welcher Weise sich eine Zähmung und
Nutzbarmachung des Wildviehes in größerem Maß-
stabe ermöglichen läßt.
Ich habe während eines fünftägigen Aufenthalts
die Insel nach allen Richtungen durchwandert und
erlaube mir in Nachstehendem die Ergebnisse vorzu-
tragen:
Tinian liegt in sichtbarer Nähe südlich von
Saipan, von welchem es durch eine etwa 6 km breite
Meerenge getrennt ist. Eine hohe Brandung steht
rings um die felsige Küste, die im Westen 3 bis 5 m,
im Osten bis zu 50 m hoch steil abstürzt.
Der Ankerplotz, eine gegen Ost bis Nord ge-
schützte Rhede, liegt in einer nach Südwesten geöff-
neten größeren Einbuchtung am Südende der Insel.
Größere Schiffe können in kurzer Entfernung vom
Lande ankern, kleinere Schuner sogar das vorgelagerte
Riff passiren und in nächster Nähe des bequemen
und gefahrlosen Landungsplotzes vor Anker gehen.
Tmian hat schätzungsweise eine Oberfläche von
11 600 ha; es ist ein etwa 30 bis 50 m über das
Meer sich erhebendes Plateau, das nur im Süden
zu größerer Höhe — vielleicht zu 200 m — an-
steigt. Die Insel ist bedeckt mit tiefgründigem, rothem
Thon und glosharten Korallenfelsen, nirgends habe
ich zu Tage tretendes Urgestein gefunden.
Fließendes Wasser ist nicht vorhanden, dagegen
eine in der Regenzeit etwa 40 ha große Lagune im
Norden, eine kleinere in der Mitte, eine weitere im
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Süden der Insel. Der Regenfall soll im Allgemeinen
reichlich sein, wie auf den übrigen Marianen; einige
Brunnen geben in geringer Tiefe gutes Trinkwasser.
Trotz der erprobten Fruchtbarkeit des Bodens ist
die Vegetation keine besonders üppige. Em Wald-
gürtel im Süden von 10 bis 15 m Höhe geht all-
mählich in 4 m hohen aus Guayaven, Citronen,
Orangen und Anonen bestehenden Busch, dieser in die
Savanne über, welche den weitaus größten Theil der
Insel deckt. Hier trägt sie aber einen ganz anderen
Charakter als auf Saipan und den übrigen Inseln:
an die Stelle des mannshohen scharfen Grases trut
hier etwa ½ bis 1 m hohes Guayavegestiüpp, hier
und da, besonders dort, wo sich die Savanne nach
dem Meere senkt, sind größere Flächen mit einem
windenartigen Schlinggewächs und mit einer dem
Seidelbast ähnlichen Schmarotzerpflanze bedeckt. Unter
dieser Decke wächst das niedrige Gras, welches dem
Rindvieh als Nahrung dient. In besonders trockenen
Zeiten, wie im vergangenen Frühjahre, stirbt der
gesammte Pflanzenwuchs der Savanne ab, die Lagunen
vertrocknen bis auf die größere, welche stets schwach-
salziges, vom Vieh angenommenes Wasser enthalt.
In der Regenzeit erscheint aber dieselbe Vegetation
wieder. Einige zerstreute Baumgruppen unterbrechen
die Einförmigkeit der Landschaft, in welcher in Rudeln
von 10 bis 20 Köpfen ein Theil des verwilderten
Rindviehes und zahlreiche Schweine und Hühner sich
aufhalten. Em anderer, und zwar, wie mir von den
ortskundigen Führern versichert wurde, der größere
Theil der Heerde lebt in dem südlich der Lagune
beginnenden Busch und Wald. Zahlreiche Spuren,
festgestampfte 20 cm breite Fährten daselbst, die alle
nach den beiden Lagunen führen, scheinen diese An-
gabe zu bestätigen. Eine Schätzung der Zahl des
Rindviehs kann ich nicht wagen, der Schuütze aiebt
dieselbe auf 600 bis 700 Stück an. Die Thiere
sind alle von weißer Farbe und gleichmäßiger Horn-
bildung. Zahlreiche Gerippe eingegangener Thiere
findet man an der Lagune und in der Savanne.
Ueber die Herkunft der Rinder ist nichts bekannt,
doch sind dieselben sicher erst von den Spaniern,
wahrscheinlich aus Mexiko, eingeführt worden. Im
Jahre 18583 wurden die „Lazariner“, d. h. die Aus-
sätzigen von Saipan, ihrem seitherigen Asyl, nach
Tinian gebracht und der Viehstand der Insel ihnen
zur Nutznießung überwiesen;, ihre Niederlassung be-
fand sich in der Nähe der großen Lagune. Im
Jahre 1855 raffte eine Blatternseuche die Hälfte der
Marianenbevölkerung und nahezu alle Leprosen weg,
nur zwei oder drei Ueberlebende siedelten von Tinian
nach Tanapag über. Von 1856 bis 1869 wurde
der Viehstand von dem Gouvernement in Agoania
ausgebeutet. Es lebten 21 Deportirte auf der Insel.
unter ihnen seit 1863 der Schütze, der noch heute
auf Tinian bedienstet ist. Nach seiner Angabe war
der Viehstand damals viel zahlreicher als heute. Alle
sechs Monate kamen die Segelkanus der Saipaner
hier vorüber und brachten das Salzfleisch nach Agania