Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Herr Bezirksamtmann Senfft schloß sich mir mit 
einigen Polizeijungen aus Yap und den Palaus bei 
meiner am 27. angetretenen Weiterreise nach den 
Palau= und Sonsorol-Inseln an. 
Am 28. mittags gingen wir unweit der Insel 
Malagan in der Palaugruppe zu Anker. Vom Anker- 
platz ist die Hauptstation des japanischen Händlers 
und des Händlers Gibbons (Mischblut) in einigen 
Minuten zu erreichen. Ueber die Eingeborenen hatten 
die Händler keine Klage zu führen. Nur wollen die 
Ersteren, die überhaupt dem Eindringen europäischen 
Einflusses und Handels sehr mißtrauisch gegenüberstehen, 
nicht an die Mehrpflanzung von Palmen herangehen. 
Die ausgedehnten Trepanggründe — zur Zeit meist 
abgefischt — sind unter die einzelnen Stämme vertheilt, 
und die Häuptlinge sind klug genug, der vollständigen 
Ausfischung durch Verbote des Einsammelns rechtzeitig 
entgegenzutreten. Kakao und Kaffee ist sowohl von 
dem Händler Gibbons wie von der katholischen 
Mission mit gutem Erfolge in kleinem Maßstabe auf 
der Insel Korror angebaut worden. Gibbons, der 
bereits 41 Jahre in den Palaus wohnt, ist der 
Ansicht, daß es in den Palaus viel guten Pflanz- 
boden gäbe. Er wurde von uns bei dem Verkehr 
mit den Eingeborenen als ein geschickter und den 
Palauleuten sehr genehmer Dolmetscher benutzt und 
bei der Abreise von dem Bezirksamtmann Senfft 
als eine Art von lokalem Aussichtsbeamten gegen 
eine geringe Remuneration angestellt. 
Am 1. März gingen wir im Boot nach Korror, 
besuchten dort den fußkranken König Abathul und 
die katholische Mission. Nach Durchwanderung von 
Korror wurden wir am Nordende der Insel von 
dem Häuptling Arikoko, der mit seinem lang wallen- 
den weißgrauen Barte, hoher schöner Gestalt und 
beinahe europäischen Gesichtszügen fast den Eindruck 
eines alten nordischen Seehelden macht, in einem 
auffallend schönen, großen, roth bemalten und mit 
Muscheln verzierten Kanu abgeholt. In dem Fahr- 
zeuge fanden wir zu 34 Personen Platz und verluden 
außerdem noch unser umfangreiches Gepäck. Indem 
die Palauleute mit ihren kurzen Paddeln, deren takt- 
mäßige, unter den schrillen Lauten des Vorruderers 
geübte Handhabung ausgezeichnet war, das Kannu 
fortbewegten, erreichten wir in schneller mehrstündiger 
Fahrt die Landschaft Airei auf der großen Insel 
Babeltaob. Wir wählten als Nachtquartier ein ab- 
seits der Ortschaft Airei auf einem alten Steindamm 
am Strande belegenes geräumiges Haus, da die 
Eingeborenen uns das Wohnen in ihrem Dorfe der 
vielen Mosquitos wegen widerriethen. Auch sie selbst 
pflegen in dieser Jahreszeit auf Steindämmen in das 
Meer hinausgebaute Hütten gern zum Schlafen zu 
benutzen. Klarer Mondschein, frische Seebriese und 
das einschläsernde Geräusch der in der Ferne gegen 
die Korallenfelsen brandenden Wogen schafften uns 
bald, nachdem wir die thönernen, mit Kokosöl ge- 
speisten Palaulampen gelöscht hatten, einen erquicken- 
den, von Mosquitos ungestörten Schlaf. 
  
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Früh am anderen Morgen suchten wir in der 
Ortschaft Airei zunächst den Punkt auf, wo zwischen 
den Häusern verwitterte Kohlengebilde zu Tage treten. 
Dann fuhren wir im Kanu eine Stunde weit zu der 
Ortschaft Aigul, in deren Nähe uns an drei ver- 
schiedenen Stellen zu Tage tretende, vom Wasse 
ausgelaugte und jedenfalls als Brennstoff nicht brauch- 
bare Kohle gezeigt ward. Eine halbstündige Wan- 
derung führte uns darauf vom Strande in langsamer 
Steigung auf ein mit Gras und Pandanus bewach- 
senes hügeliges Gelände. Auch hier lag in einer 
Wassermulde die verwitterte Kohle offen, in lehmigen 
Thonboden eingebettet. Kohlen, allerdings in schlechter 
Qualität anstehend, werden also in weiter Ausdehnung 
und in verschiedenen Höhenlagen auf Babeltaob ge- 
funden, und dieser Fund läßt wohl auch auf dos 
Vorhandensein besserer Kohle auf der Insel schließen. 
In der Nähe von Airei kommen ferner nach den 
von den Eingeborenen gebrachten Gesteinsproben 
Eisenerze vor. 
Anderen Tages traten wir in unserem großen 
Kanu die Rückfahrt an und besuchten auf derselben 
einen der Punkte, an welchem die Yapleute die Steine 
zu ihrem mühlsteinartigen Gelde brechen und behaucn. 
Wir mußten an einem mit Treppenstufen versehenen 
Baumstamme und dann weiter auf sehr steilem, siei. 
nigem Pfade eine der Babeltaob vorgelagerten kleinen 
Koralleninseln erklimmen. Auf dem Gipfel derselben 
fanden wir in einer Senkung neun Yapmänner bei 
der Arbeit. Das von ihnen gebrochene Steinmaterial 
bestand aus jungem, jedenfalls mit den Korallen aus 
dem Meere gehobenem Kalk (Riffkalk?), in den auf- 
fallend viele Kalkspathe eingesprengt waren. Das 
Brechen und Behauen des Steins, bis derselbe in 
der Form von Mühlsteinen für die Yapleute die 
Gestalt des Geldes angenommen hat, mit den ein- 
fachen Werkzeugen, die den Eingeborenen zur Ver 
fügung stehen, ist eine riesige Arbeitsleistung oder 
eigentlich wahnsinnige Arbeitsverschwendung. Aber 
es werden wohl noch Jahrzehnte vergehen, bis die 
Yapbewohner sich des Gebrauchs dieses wie Riesen- 
spielzeug erscheinenden Geldes entwöhnen. Das von 
uns festgestellte Vorkommen von Kohle, Eisen, Kakk. 
das aus spanischer Zeit behauptete Auffinden von 
Kupfer und Gold lassen die Palaus zweifellos al- 
geologisch interessant und einer gründlichen Durch- 
forschung werth erscheinen. 
Wir landeten auf dem Rückwege wieder in Korror. 
um Abrede wegen einer Häuptlingsversammlung fur 
den anderen Morgen zu treffen und Zusage für die 
an uns ergangene Einladung zu einem nach der Ver- 
sammlung stattfindenden großen „Rucktanze“ zu geden. 
Allerlei aus Schildpatt hergestellte Teller und Löfer 
wurden bei dieser Gelegenheit uns von den als 
Handelsleuten sehr verschmitzten und auf ihren Vor- 
theil bedachten Insulanern zum Kauf angeboten und 
am liebsten für blankes deutsches Silbergeld gegeben. 
Schwer war es, die sorgsam gearbeiteten schwarzen 
Kämme — Haarschmuck der Männer — einzuhandeln.
	        
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