Herr Bezirksamtmann Senfft schloß sich mir mit
einigen Polizeijungen aus Yap und den Palaus bei
meiner am 27. angetretenen Weiterreise nach den
Palau= und Sonsorol-Inseln an.
Am 28. mittags gingen wir unweit der Insel
Malagan in der Palaugruppe zu Anker. Vom Anker-
platz ist die Hauptstation des japanischen Händlers
und des Händlers Gibbons (Mischblut) in einigen
Minuten zu erreichen. Ueber die Eingeborenen hatten
die Händler keine Klage zu führen. Nur wollen die
Ersteren, die überhaupt dem Eindringen europäischen
Einflusses und Handels sehr mißtrauisch gegenüberstehen,
nicht an die Mehrpflanzung von Palmen herangehen.
Die ausgedehnten Trepanggründe — zur Zeit meist
abgefischt — sind unter die einzelnen Stämme vertheilt,
und die Häuptlinge sind klug genug, der vollständigen
Ausfischung durch Verbote des Einsammelns rechtzeitig
entgegenzutreten. Kakao und Kaffee ist sowohl von
dem Händler Gibbons wie von der katholischen
Mission mit gutem Erfolge in kleinem Maßstabe auf
der Insel Korror angebaut worden. Gibbons, der
bereits 41 Jahre in den Palaus wohnt, ist der
Ansicht, daß es in den Palaus viel guten Pflanz-
boden gäbe. Er wurde von uns bei dem Verkehr
mit den Eingeborenen als ein geschickter und den
Palauleuten sehr genehmer Dolmetscher benutzt und
bei der Abreise von dem Bezirksamtmann Senfft
als eine Art von lokalem Aussichtsbeamten gegen
eine geringe Remuneration angestellt.
Am 1. März gingen wir im Boot nach Korror,
besuchten dort den fußkranken König Abathul und
die katholische Mission. Nach Durchwanderung von
Korror wurden wir am Nordende der Insel von
dem Häuptling Arikoko, der mit seinem lang wallen-
den weißgrauen Barte, hoher schöner Gestalt und
beinahe europäischen Gesichtszügen fast den Eindruck
eines alten nordischen Seehelden macht, in einem
auffallend schönen, großen, roth bemalten und mit
Muscheln verzierten Kanu abgeholt. In dem Fahr-
zeuge fanden wir zu 34 Personen Platz und verluden
außerdem noch unser umfangreiches Gepäck. Indem
die Palauleute mit ihren kurzen Paddeln, deren takt-
mäßige, unter den schrillen Lauten des Vorruderers
geübte Handhabung ausgezeichnet war, das Kannu
fortbewegten, erreichten wir in schneller mehrstündiger
Fahrt die Landschaft Airei auf der großen Insel
Babeltaob. Wir wählten als Nachtquartier ein ab-
seits der Ortschaft Airei auf einem alten Steindamm
am Strande belegenes geräumiges Haus, da die
Eingeborenen uns das Wohnen in ihrem Dorfe der
vielen Mosquitos wegen widerriethen. Auch sie selbst
pflegen in dieser Jahreszeit auf Steindämmen in das
Meer hinausgebaute Hütten gern zum Schlafen zu
benutzen. Klarer Mondschein, frische Seebriese und
das einschläsernde Geräusch der in der Ferne gegen
die Korallenfelsen brandenden Wogen schafften uns
bald, nachdem wir die thönernen, mit Kokosöl ge-
speisten Palaulampen gelöscht hatten, einen erquicken-
den, von Mosquitos ungestörten Schlaf.
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Früh am anderen Morgen suchten wir in der
Ortschaft Airei zunächst den Punkt auf, wo zwischen
den Häusern verwitterte Kohlengebilde zu Tage treten.
Dann fuhren wir im Kanu eine Stunde weit zu der
Ortschaft Aigul, in deren Nähe uns an drei ver-
schiedenen Stellen zu Tage tretende, vom Wasse
ausgelaugte und jedenfalls als Brennstoff nicht brauch-
bare Kohle gezeigt ward. Eine halbstündige Wan-
derung führte uns darauf vom Strande in langsamer
Steigung auf ein mit Gras und Pandanus bewach-
senes hügeliges Gelände. Auch hier lag in einer
Wassermulde die verwitterte Kohle offen, in lehmigen
Thonboden eingebettet. Kohlen, allerdings in schlechter
Qualität anstehend, werden also in weiter Ausdehnung
und in verschiedenen Höhenlagen auf Babeltaob ge-
funden, und dieser Fund läßt wohl auch auf dos
Vorhandensein besserer Kohle auf der Insel schließen.
In der Nähe von Airei kommen ferner nach den
von den Eingeborenen gebrachten Gesteinsproben
Eisenerze vor.
Anderen Tages traten wir in unserem großen
Kanu die Rückfahrt an und besuchten auf derselben
einen der Punkte, an welchem die Yapleute die Steine
zu ihrem mühlsteinartigen Gelde brechen und behaucn.
Wir mußten an einem mit Treppenstufen versehenen
Baumstamme und dann weiter auf sehr steilem, siei.
nigem Pfade eine der Babeltaob vorgelagerten kleinen
Koralleninseln erklimmen. Auf dem Gipfel derselben
fanden wir in einer Senkung neun Yapmänner bei
der Arbeit. Das von ihnen gebrochene Steinmaterial
bestand aus jungem, jedenfalls mit den Korallen aus
dem Meere gehobenem Kalk (Riffkalk?), in den auf-
fallend viele Kalkspathe eingesprengt waren. Das
Brechen und Behauen des Steins, bis derselbe in
der Form von Mühlsteinen für die Yapleute die
Gestalt des Geldes angenommen hat, mit den ein-
fachen Werkzeugen, die den Eingeborenen zur Ver
fügung stehen, ist eine riesige Arbeitsleistung oder
eigentlich wahnsinnige Arbeitsverschwendung. Aber
es werden wohl noch Jahrzehnte vergehen, bis die
Yapbewohner sich des Gebrauchs dieses wie Riesen-
spielzeug erscheinenden Geldes entwöhnen. Das von
uns festgestellte Vorkommen von Kohle, Eisen, Kakk.
das aus spanischer Zeit behauptete Auffinden von
Kupfer und Gold lassen die Palaus zweifellos al-
geologisch interessant und einer gründlichen Durch-
forschung werth erscheinen.
Wir landeten auf dem Rückwege wieder in Korror.
um Abrede wegen einer Häuptlingsversammlung fur
den anderen Morgen zu treffen und Zusage für die
an uns ergangene Einladung zu einem nach der Ver-
sammlung stattfindenden großen „Rucktanze“ zu geden.
Allerlei aus Schildpatt hergestellte Teller und Löfer
wurden bei dieser Gelegenheit uns von den als
Handelsleuten sehr verschmitzten und auf ihren Vor-
theil bedachten Insulanern zum Kauf angeboten und
am liebsten für blankes deutsches Silbergeld gegeben.
Schwer war es, die sorgsam gearbeiteten schwarzen
Kämme — Haarschmuck der Männer — einzuhandeln.