Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

2 diese Sitte im Allgemeinen nach meinen Erkun- 
Fmgen wohl auf seltenere Gelegenheitsfälle, so scheint 
hier im Nangalande, wie ich eben erfahren, einen 
ent erheblichen Umfang gewonnen zu haben; das 
Frngavolk ist ja wohl nur ein eigenartig entwickelter 
reig des Byrrevolkes; die Spuren ihrer ver- 
Tetenden Sklavenraubzüge im Byrreland habe ich 
riederholt angetrofsen. Häuptling Abalekanga, ein 
Sruder Nangas, in dessen Dorf ich eben hier sitze, 
#ti kurz vor meiner Ankunft einen Haussahändler 
ri sechs Trägern aufgegessen, der bei Beginn des 
Sokkejeldzuges hierher geflohen war; Knochenreste 
zud ich noch im Versammlungshaus. Die eigent- 
scen Byrres halte ich aber trotzdem für ein ver- 
Teunißmäßig leicht zu leitendes Volk; Gewehre sind 
arh völlig unbekannt, ihre Waffen unvollkommen. 
Sie find ein schöner, intelligenter, leidlich kräftiger 
Uenschenschlag, der reiche Arbeitskräfte birgt. Die 
au bearbeiteten Farmen haben stellenweise das 
Frasland bis auf kleine Reste zurückgedrängt. Oel- 
dalmen, Plantanen und Bananen sind zahlreich; 
Gummipflanzen sind vorhanden, werden neuerdings 
Th. auch schon genutzt, und ein anscheinend gutes, 
delles Produkt wird durch Zwischenhandel auch schon 
ain den Njong gebracht. Augenblicklich ist die Schen 
noch zu groß, um irgendwelche größeren Leistungen 
erreichen zu können. Häuptling Mbon z. B. hatte 
mir erklärt, er habe schon oft zur Station kommen 
wollen, sei aber von Doa daran gehindert worden. 
Jetzt, wo ich ihn aufforderte, es doch unter meinem 
Schutz zu thun, hatte er Angst; ich hätte ihn nur 
durch Gewalt dazu vermocht. An Arbeitergestellung 
war erst recht nicht zu denken. 
Doch glaube ich mit der Zeit die Byrres ge- 
sugiger machen zu können. Jedenfalls ist Zeit 
nethig, um die Schen zu überwinden und sie all- 
mahlich an geordnete Verhältnisse zu gewöhnen. 
–—— 
Südfamerun--Grenzexpedition. 
Oberleutnant Förster ist am 10. Juni d. Js. 
in Campo (Kamerun) eingetroffen und hat sofort 
an Stelle des erkrankten Hauptmanns Engelhardt 
die Leitung der astronomischen Beobachtungsarbeiten 
der Südkamerun-Grenzexpedition übernommen. 
Deutsch-Südwelktafrika. 
Organisation des Sanitätswesens in Südwestafrika. 
(Hierzu eine Skizze.) 
Nachdem die Organisation des Sanitätswesens 
in Südwestafrika, wie sie in dem Jahresbericht über 
die Entwickelung der Schutzgebiete im Jahre 1898/99 
Beilage zum Kol. Bl. 1900, S. 122 u. 123) be- 
schrieben ist, sich nunmehr über zwei Jahre lang 
draltisch bewährt hat, sind die bisherigen Erfahrungen 
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in Gestalt einer Instruktion von dem Chefarzt der 
Schutztruppe, Oberstabsarzt Dr. Lübbert, nieder- 
gelegt worden, welche einen Einblick in den eigen- 
artigen, von den heimischen Verhältnissen nothgedrungen 
vielfach abweichenden Betrieb des Sanitätsdienstes 
im Schutzgebiete gewährt. 
Aus derselben ist zu entnehmen, daß das ganze 
Schutzgebiet in Anlehnung an die politisch-militärische 
Gliederung in sechs ärztliche Bezirke eingetheilt ist: 
im Norden Outjo und Grootfontein, in der Mitte 
des Schutzgebietes Swakopmund, Omaruru und 
Windhoek*) und im Süden Keetmanshoop. Jedem 
dieser sechs Sanitätsbereiche steht ein Arzt bezw. 
Sanitätsoffizier als verantwortlicher Leiter vor, wäh- 
rend der Chefarzt die Verwaltung von Windhoek aus 
dirigirt oder auf Dienstreisen inspizirt. 
Jedem Arzte sind eine Anzahl Sanitätsunter- 
offiziere — im Ganzen 34 — unterstellt, die zum 
Theil auf selbständigen Posten verwendet werden. 
Der Sanitätsdienst zerfällt in Gesundheits= und 
Krankendienst und gliedert sich in den Dienst bei 
den Feldkompagnien, den Lazarethen und den Außen- 
stationen; dazu kommt die Versorgung der Civil= 
bevölkerung mit ärztlicher Hülfe. 
Der Gesundheitsdienst umfaßt die Erforschung 
der Sanitätsbereiche von den Gesichtspunkten der 
Hygiene aus. Um einen möglichst sicheren Einblick 
in die Einwirkung des Tropenklimas auf den Euro- 
päer zu bekommen, ist der Zustand der neu an- 
kommenden Mannschaften — Gewicht, Organbefund, 
Blutbeschaffenheit 2c. — festzulegen. 
Der Arzt in Swakopmund nimmt zugleich die 
Funktionen der Hafensanitätspolizei wahr, um durch 
sorgfältige Ueberwachung des Schiffsverkehrs die 
Einschleppung von Infektionskrankheiten zu verhindern. 
Allen Aerzten liegt das regelmäßige Impfgeschäft, 
die sanitätspolizeiliche Ueberwachung der Prostitution, 
die Fleischbeschan und bei Herannahen oder Ausbruch 
von Seuchen die Beantragung bezw. Ausführung 
aller durch gesetzliche Bestimmungen oder nach dem 
Stande der Wissenschaft gebotenen Maßregeln ob. 
Der Revier= und Lazarethdienst bei der Truppe, 
die Gesundheitsbesichtigungen und die militärärztliche 
Berichterstattung sind durch eingehende Vorschriften, 
analog denen in der Heimath, geregelt. Neu hinzu 
kommt die Bestimmung, daß jeder Sanitätsoffizier 
sämmtliche Außenstationen seines Dienstbereiches — 
— der durchschnittlich die Größe eines mittleren 
deutschen Bundesstaates hat — mindestens einmal 
im Jahre besuchen soll. 
Abweichend von heimischen Verhältnissen gestalten 
sich die Beköstigungsvorschriften, welche nur drei 
Formen kennen, in denen die Stärkungsmittel in 
konservirter Form eine große Rolle spielen. Sehr 
reichlich ist auch der Etat der Lazarethapotheken aus- 
gestattet, dessen Ergänzung direkt aus dem großen 
#) Hierzu kommt neuerdings noch im Anschluß an den 
Bahnbau ein siebenter Bezirk, Naribib.
	        
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