Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Steinbeile die starken Baumstämme nicht zu über- 
wältigen vermochten, während es jetzt schon vor- 
gekommen sein soll, daß der böse Feind den die 
Hütten tragenden Stamm mit der europäischen Axt 
gefällt und die Baumbewohner sammt ihrer Be- 
hausung zu Falle gebracht hat. Die Kais wohnen 
in kleinen, weit auseinander liegenden Dörschen und 
sind im Ganzen auf 2000 bis 3000 Köpfe zu schätzen. 
Eine Zunahme derselben ist nicht zu bemerken gewesen. 
Zaubereifehden und Kindesmord sind wohl als Hemm- 
niß der Volksvermehrung anzusehen. Krankheiten herr- 
schen unter ihnen wenig, nur sind sie zu mindestens 
drei Vierteln von Hautkrankheiten, insbesondere Ring- 
wurm, heimgesucht, wohl mit deshalb, weil ihnen das 
Meer zu weit und größere zum Baden geeignete 
Wasserläufe in der Nähe ihrer Siedlungen nicht vor- 
handen sind. 
Die Missionsschule wird durchschnittlich von 30 
halbwüchsigen Jungen besucht, die beim Unterricht 
meist aufgeweckt und aufmerksam sind und besondere 
Begabung und Liebe zum Gesange zeigen. Taufen 
haben bisher noch nicht stattgefunden, da der Grund- 
satz der Neuen-Dettelsauer Mission ist, das Sakra- 
ment der heiligen Taufe nur denen zu gewähren, 
die die Hauptlehren und den Geist der christlichen 
Religion in sich aufgenommen und begriffen haben. 
Weitere Ausflüge in die Umgegend der Mission 
ließen mich erkennen, daß Gelände für größere 
Pflanzungen hier kaum zu haben sind. Die Berge 
sind steil, und in den nachgebenden Kalk haben die 
Regenmassen allerorts tiese Schluchten gewaschen, so 
daß größere ebene Flächen nicht vorhanden sind. 
Auch ist die Humusschicht meist wenig tief. Im 
Waldbestande, der aber trotzdem sehr viel gute 
Bauhölzer enthält, aus denen der größte Theil der 
Missionsgebäude errichtet ward, sieht man selten 
große Stämme. Anscheinend fallen die stärksten 
Bäume, die wohl in dem Kalkboden nicht tief genug 
Wurzel fassen können, wie die häufig modernd umher- 
liegenden, noch nicht überalteten Baumstämme ver- 
muthen lassen, leicht den oft hier oben tosenden 
heftigen Winden zum Opfer. 
Weit und breit der schönste und stärkste Baum 
der Gegend ist eine über den Busch einsam hinaus- 
ragende Arancaria, von 4½ m Stammumfange nach 
meiner Messung. 
Die Wälder sind bevölkert durch eine von der 
Küste vollständig verschiedene Vogelfaung, unter 
denen der weiße (Paradisea Guilhelmi Secundi) 
und ein schwarzer Paradiesvogel, der Leierschwanz, 
die Fasantaube, das Kammhuhn und ein sehr großer, 
taubenartiger Papagei (Dasyptilus Pesqueti) orni- 
thologisch besonders merkwürdig sind. 
Am 7. Juni morgens verließ ich die gastliche 
Missionsstation Sattelberg, auf der ich zum ersten 
Male wieder nach meiner Ankunft in der Südsee 
echt deutsches Familienleben gefunden hatte, um bei 
strömendem Regen den schmutzigen, schlüpfrigen Pfad 
nach Simbang während 7 langer Stunden zu über- 
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winden. Noch war der „Stephan“ von seiner Fahrt 
nach dem Norden Neu-Guincas nicht zurückgekehrt, 
und ich nahm daher vorläufig die mir schon früher 
bereitwilligst angebotene Gastfreundschaft der Missions- 
station Simbang dankend an. 
Ich hatte nun reichlich Zeit, die Umgebung der 
Station, insbesondere das Ufergebiet des unteren 
Laufes des Bubul, auf längeren Ausflügen näher 
kennen zu lernen. Die gewaltigen, tagelang nieder- 
strömenden Regenmassen hatten kurz vorher den Bubui 
stark anschwellen lassen und an der zweiten Strom- 
schnelle einen Theil des rechtsseitigen fruchtbaren Ufer- 
landes innerhalb des Urwalds überschwemmt. Bei 
späterer Anlage von Pflanzungen wird man hier auf 
die Möglichkeit derartiger Ueberschwemmungen Rück- 
sicht zu nehmen haben. Ausgedehnt ist in der Um- 
gebung von Simbang überhaupt das zu Pflanzungen 
geeignete Gebiet nicht. Man findet viel zu Tage 
tretende Kreide, nur ganz dünne Humusschichten und 
steile, zum Anbau ungeeignete Hänge. Die Missions- 
station Simbang baut selbst nur wenig an. Die von 
derselben gepflanzten Kokosnüsse gedeihen, vielleicht 
wegen des zu hohen Grundwasserstandes, verhältniß- 
mäßig sehr schlecht. Hingegen sieht die zur Zeit aus 
28 Köpfen bestehende Rindviehherde gut aus. Von 
Texasfieber ist dieselbe srei, wie noch kürzlich dadurch 
erwiesen ward, daß einige nach Friedrich-Wilhelms- 
hafen verkaufte Stücke dort nach Ablauf der Inku- 
bationsfrist an Texasfieber erkrankten. 
Die Schule wird gewöhnlich von 20 Schülern 
besucht. Zur Zeit war der Besuch aber infolge des 
vor einiger Zeit erfolgten Todes des Missionars 
Held und einer langwierigen Erkrankung des Missio- 
nars Flierl schlechter und unregelmäßiger geworden. 
Getauft konnten bisher neun Jabims werden. Der 
Jabim-Stamm ist in der Abnahme begriffen und 
zählt nur noch etwa 800 Köpfe. Dem Jabim- 
Dialekt hingegen wird durch die Schulen der Nieder- 
lassungen der Neuen-Dettelsauer Mission allmählich 
weitere Verbreitung gegeben. 
Die frühere Station der Neu-Guinea-Kompagnie 
Finschhafen suchte ich vor meiner Abreise mit dem 
Missionar Bamler als Führer auf. Als Spuren 
ehemaliger Kultur fand ich noch die kümmerlichen 
Reste einer Kokospalmenpflanzung, einen Kaffee- 
strauch, einen Mangobaum, verwilderte aus anderen 
tropischen Gegenden eingeführte Ziersträucher sowie 
die Europäergräber vor. 
Der Platz Finschhafen macht an sich durchaus 
nicht den Eindruck eines besonders ungesunden, son- 
dern eher auch jetzt in der Regenzeit eines verhältniß- 
mäßig gesunden Ortes. Der Hafen ist sehr schön und 
das nächste Hinterland, wenn auch nicht besonders 
fruchtbar, zur Errichtung einer größeren Kokospalmen- 
pflanzung geeignet. Es würde mit Freuden zu be- 
grüßen sein, wenn die Kompagnie, wie verlautet, in 
nächster Zeit hier mit Pflanzungsanlagen erneut vor- 
gehen würde.
	        
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