Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

schon in großer Zahl dort angesiedelt haben. In 
Otjituo machte ich zwei Ruhetage und traf am 
7. Juli in Grootfontein, 50 km westlich Otjituo, 
wieder ein. 
Was den wirthschaftlichen Werth des durch- 
zogenen Gebiets anlangt, so wechseln Gegenden, die 
zur Besiedelung wohl geeignet sind, mit solchen, die 
bierzu ungeeignet sind, ab. Ich sehe davon ab, das 
Fehlen von Wasser nahe der Oberfläche als Grund 
zu bezeichnen, der eine Besiedelung verhindern wird, 
denn ich möchte annehmen, daß an den meisten 
Stellen im Sandvelde durch Tiefbohrungen reichlich 
Wasser geschaffen werden kann. 
Unweit Tsintsabis hört der krystallinische Kalk 
auf, und es beginnt das Sandveld, das wohl als 
nordwestlicher Ansläufer der Kalahari bezeichnet 
werden kann. 
Der Charakter des Sandveldes ist ein sehr ver- 
schiedener. Während am Omiwamba u Ovambo 
der Boden aus rothem, mit etwas Lehm vermischtem 
Sande besteht, auf dem die vortrefflichsten Gräser 
gedeihen und auf dem große Mengen bestes Nutz- 
holz als lichter Wald stehen, so die Tambuti= und 
Marulabäume, beginnt nördlich Tsintsabis ein fein- 
grauer unfruchtbarer Dünensand, der mit geringen 
Unterbrechungen bis zum Okavango anhält. Hier 
findet man gutes Gras nur in den Laagten, die sich 
zwischen den Dünen hinziehen; die Dünen selbst sind 
meist mit dornigem dichten Unterholz bestanden, in 
dem vereinzelte hohe Bäume stehen. 
nördlich Tsintsabis verändert sich die Gegend etwas, 
zwischen den Dünen ziehen sich breitere Laagten hin, 
die eine vortreffliche Viehweide abgeben, der Dorn- 
busch macht lichtem Hochwald Platz. 
Das ganze Sandveld ist kaum bewohnt. Zur 
Regenzeit ziehen wohl einige Kung-Buschmänner 
umher, aber wenn die Waseserstellen vertrocknet sind, 
Etwa 80 km 
909 
  
verläßt auch der Buschmann das Veld und zieht sich 
entweder in die Gegend am Okavango oder östlich 
nach dem guellenreichen Fontein-Omiwamba zurück. 
Auch das Wild will nicht in der Gegend bleiben; 
wohl halten sich einige Elenantilopen und Bastard- 
gemsböcke in den Dünen auf, aber von Wildreich- 
thum ist keine Rede. Die Vogelwelt ist sehr spärlich 
vertreten; außer den überall vorkommenden kakadu- 
ähnlichen Masvögeln, Perlhühnern, Tauben und 
Savannenhühnern sieht man kaum einen Vogel. 
Kommt man zum Okavango, so beginnt mit einem 
Male ein anderes Bild. Werft reiht sich an Werft, 
am ganzen Thalrande entlang sind ausgedehnte 
Kornfelder. Der leichte, mit rothem Lehm ver- 
mischte Boden ist sehr fruchtbar; ohne daß gedüngt 
wird, werden jährlich zwei gute Ernten erzielt. Ist 
ein Feld jahrelang bewirthschaftet, bleibt es brach 
liegen, und die Eingeborenen machen ein neues Stück 
Land urbar. Dabei wird das Flußthal, das als 
enger, aber auch bis zu 6 km breiter Streifen den 
Okavango begleitet, nicht ausgenutzt, da es alljährlich 
überschwemmt ist und dann lange feucht und un- 
gesund bleibt; die Felder liegen meist an dem Thal- 
rand oder auf demselben. In dem Flußthale selbst 
könnten Hunderttausende von Hektaren ohne Weiteres 
beackert werden, wenn man sich auf eine Ernte be- 
schränken oder sich durch Dünen gegen ein Uebermaß 
von Wasser schützen wollte. 
Leider würde einer Anpflanzung rein tropischer 
Gewächse ein schweres Hinderniß entgegenstehen: die 
in den Monaten Juni bis August alljährlich auf- 
tretenden Nachtfröste. Die Temperatur am Oka- 
vango ist in den Wintermonaten überraschend niedrig, 
morgens liegt über dem Fluß ein dicker Nebelstreifen, 
und bis nach 9 Uhr ist es bitterkalt. Kurz bevor 
ich zum Okavango kam, waren den Fluß entlang 
sämmtliche Tabakspflanzen erfroren. Die Owak- 
wangani bauen besonders Kafferkorn, Bohnen, 
Kürbisse und Erdnüsse. Kafferkorn bildet die Haupt- 
nahrung und wird in ungeheuren Quantitäten pro- 
duzirt; der Verkaufspreis stellt sich, mit Handelsgut 
bezahlt, auf 3 bis 4 Mark pro Centner. Ein viel- 
versprechender Handelsartikel ist der Wurzelkautschuk. 
Zwar kommt dieser nicht nahe dem Okavango vor, 
aber die dem Owakwangani ergebenen Buschmänner 
nördlich des Okavango im portugiesischen Gebiet, 
westlich des Kuito, sammeln ihn und bringen ihn 
den Häuptlingen. Der Kautschuk kommt in vier- 
eckigen Stücken von 1 kg Gewicht, etwa 20 cm 
lang, 18 cm breit, 4 bis 5 cm dick in den Handel. 
Bisher kamen von Zeit zu Zeit portugiesische Händler 
von Mossamedes, um den Kautschuk einzukaufen. 
Die Vegetation längs des Okavango ist keine 
tropische. Die am meisten vorkommenden Bäume 
sind der Omumboranganga (Combretum primi- 
genum), dem nach ihrem Glauben die Damaras 
und Ovambos entstammen, sowie der wilde Feigen- 
baum (ficus damarasis). Vereinzelt sieht man 
niedrige Büsche von Palmen (Hyphaena ventricosa), 
und westlich von Ossovue stehen größere Gruppen 
von hohen Palmen. In dem Busch längs des 
Flusses kommen häufig zwei Strychnosarten vor, die 
wohlschmeckende Früchte tragen; dieselben Bäume 
stehen vereinzelt im ganzen Sandveld und bilden 
eine beliebte Kost der Buschmänner. Sehr wohl- 
schmeckende Früchte trägt auch der sogenannte Mandel- 
baum (Scherogewga Schweinfurthiana), ein Baum, 
dessen Stamm mit weißgrüner, glatter Rinde einen 
mächtigen Umfang hat und dessen Früchte mit rother 
Schale, von der Größe runder Pflaumen, namentlich 
wenn sie trocken vom Baum fallen, in großen 
Mengen von den Buschmännern gesammelt und für 
schlechte Zeiten ausbewahrt werden. Das trockene 
Fruchtfleisch schmeckt ähnlich wie das der Palmäpfel 
oder wie Johannisbrot, der innere Kern wird ge- 
röstet und dann gegessen, oder er wird gestampft, 
und der ölige Inhalt wird zum Einreiben des 
Körpers verwendet. 
Die Fauna beim Okavango ist sehr reichhaltig. 
Zwar sind Elefanten und Flußpferde selten geworden, 
(Fortsetzung auf Seite 912.)
	        
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