Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Methoden der Ananaskultur kennen zu lernen. Seinem 
Reisebericht entnehmen wir Folgendes: 
Florida erzeugt von allen Ländern der Welt die 
meiste Ananas; die beiden Hauptcentren der Kultur 
sind Jensen am Indian River und das nördlicher 
gelegene Orlando. Aus dem erstgenannten Gebiete 
allein werden jährlich 200 000 Körbe mit sechs 
Millionen Früchten nach den Nordstaaten der Union 
ausgeführt, und die Pflanzungen werden fortwährend 
vergrößert. 
Man unterscheidet zwei Arten des Anbaues der 
Ananas, im freien Lande und in Schuppen (sheds). 
Noch vor zwölf Jahren wurde die Frucht überall 
im Freien kultivirt, indessen zieht man sie in Orlando, 
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nachdem wiederholt Frost den Pflanzungen Schaden 
zugefügt hatte, ausschließlich unter Schuppen, und 
auch in Jensen gewinnt seit dem kalten Winter von 
1894·95, der alle Pflanzungen vernichtete und die 
meisten Pflanzer ruinirte, das Schuppensystem immer 
mehr Boden. Die Bauart dieser Schuppen ist fol- 
gende: Sie umfassen von ein bis zu zwölf Acres und 
sind rundum etwa sieben bis acht Fuß hoch völlig 
mit Brettern verschlossen. In Zwischenräumen von 
etwa zwölf Fuß sind Pfosten errichtet, die die Be- 
dachung tragen. Diese besteht aus Stäben, auf denen 
schmale Dachsparren in der Weise befestigt sind, daß 
etwa gleich breite Zwischenräume frei bleiben. So 
vermag die Sonne nur einen Theil ihrer Strahlen 
in das Innere zu entsenden, während der Regen 
freien Zutritt hat. Die Vortheile dieses Systems 
beruhen darin, daß die Pflanzen vor Frost ebenso 
wie vor dem schädlichen Einfluß der Sonnenstrahlen 
geschützt sind und, wie die Erfahrung gelehrt hat, 
weniger Düngung brauchen. Man behauptet, daß 
die unter Schuppen gezogenen Früchte größer und 
wohlschmeckender sind als die im Freien gewachsenen. 
Man rechnet auf den Acre 9000 Pflanzen, von denen 
durchschnittlich 80 pCt., nicht selten 95 pCt. zur 
Reife gelangen. 
Während der kalten Zeit schützt man in Orlando 
die Gewächse auch noch durch übergespanntes Segeltuch 
und durch Anzünden von Feuern gegen den Frost. 
Die Anlage der Schuppen kostet pro Acre 300 
Dollar, dazu kommen noch die etwa doppelt so großen 
Auslagen für Segeltuch und 100 Dollar für Dünge- 
mittel. 9000 Stecklinge kosten 900 Dollar, so daß 
die gesammten Auslagen etwa 2000 Dollar betragen. 
Die erste Ernte nach ungefähr 20 Monaten deckt 
alle Auslagen. 
Bei der Kultur im Freien werden die Stecklinge 
viel enger gesetzt, 12 000 Stück auf den Acre, nach der 
ersten Ernte werden neue Stecklinge dazwischen ge- 
pflanzt. Man behauptet, daß das dichte Nebenein- 
anderstehen der Pflanzen das Wachsen des Unkrauts 
verhindert. 
Die Früchte werden nach der Ernte in Körbe 
verpackt, die je nach der Größe der Ersteren 18 bis 
48 Früchte enthalten; jede einzelne ist mit Papier 
umhüllt. 
Man kultivirt insbesondere zwei Varietäten, 
„Red Spanish“ und „Smooth Cayenne“. Die 
Pflanzer behaupten, daß die erstere Art, die beson- 
ders in Jensen angebaut wird, am widerstands- 
fähigsten, am leichtesten zu kultiviren und am an- 
passungsfähigsten an veränderte Wachthumsbedingungen 
ist. Die Varietät „Jamaica Ripley“ übertrifft alle 
anderen an Süßigkeit, aber sie hat sich bisher als 
nicht sehr ertragreich erwiesen. 
Was den Boden anbelangt, so liebt die Ananas 
einen sandigen, außerordentlich armen Boden. Unter 
den gebräuchlichsten Düngemitteln sind Pottasche und 
Ammoniak zu nennen, indessen herrscht über Zusammen- 
setzung und Anwendung des künstlichen Düngers 
noch Streit. 
Schließlich hat Thomson auch die Ananaskulturen 
auf den Key-Inseln besichtigt. Hier wächst die 
Frucht in den Spalten der Korallenfelsen, die einen 
wenig fruchtbaren Boden enthalten. Man pflanzt 
18 000 Stecklinge auf den Acre. Die Pflanzer 
haben hier den Vortheil, daß die Früchte wegen der 
von den Felsen ausgestrahlten Wärme schneller zur 
Reife gelangen, so daß. sie dieselben einige Wochen 
eher auf den Markt bringen können. 
— — 
  
Gummibaumkultur in Uicaragua. 
Ueber die Gummibaumkultur von Nicaragna ist 
von dem Amerikanischen Konsul zu San Juan del 
Norte ein Bericht erstattet worden, der sich etwa 
folgendermaßen äußert: 
Vor 1898 bestanden nur einige, wenig erfolg- 
reiche Versuchspflanzungen von Gummibäumen an 
der atlantischen Küste von Nicaragna. Erst von 
dieser Zeit an begann man mit der Kultur dieser 
Bäume in etwas größerem Umfange, und seitdem 
hat die Zahl der Pflanzer beständig zugenommen. 
Jährlich werden jetzt etwa 50 000 Dollar Gold 
ausschließlich für Gummibaumpflanzungen ausgegeben. 
Die Methode, nach der man bisher gearbeitet hat, 
bestand darin, die Pflanzen gänzlich ohne Schatten 
aufzuziehen. Zu Beginn der trockenen Jahreszeit 
werden die Zweige der Bäume möglichst nahe am 
Stamme abgeschlagen, und wenn Alles trocken ge- 
worden ist, wird das Kleinholz bis auf die Stämme 
und starken Aeste verbrannt. Hierauf werden in 
regelmäßigen Zwischenräumen über das abgebrannte 
Feld hin Pfähle gesetzt und nun in der Zeit vom 
Mai bis Juni die Samenkörner gelegt, bei reichlich 
vorhandenem Samen meist zwei an einer Stelle. 
Einige Pflanzer haben für die Pflanzen einen Ab- 
stand von 20 Fuß, andere einen solchen von 5 bis 
6 Fuß gewählt, während für eine dauernde Kultur 
10 Fuß Abstand als empfehlenswerth erkannt wurde. 
Auf eine Beseitigung oder Forträumung der Ueber- 
bleibsel des Urwaldes wird kem Werth gelegt, da 
der Fäulnißprozeß sehr rasch vor sich geht. Das 
Land wird auch nicht gepflügt oder sonst irgendwie
	        
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