Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Lese-Fibel mit dem Titel: Kitabu kya isoma, d. i. 
„Buch des Lesens“. Mit derselben hat Missionar 
Althaus den Versuch gemacht, nach den Erfahrungen, 
die er beim Leseunterricht gesammelt, die Schüler 
ganz planmäßig von Stufe zu Stufe, d. h. vom 
Leichten zum Schwereren und Schweren zu führen. 
Er hat deshalb einen Konsonanten nach dem anderen 
in Verbindung mit den fünf Vokalen durchgeübt. — 
Kleine Bücher nur find es, die wir kennen gelernt 
haben: Fibel und biblisches Lesebüchlein. Aber ein 
Großes bedeuten sie: die Grundlage aller Bildung. 
Die Schwarzen, die jetzt darin lesen, wußten vor 
sieben Jahren nichts von alle dem, was darin steht. 
Jetzt aber wissen sie weit mehr, und sie haben nicht 
nur das Wissen von den Geschichten und Lehren der 
christlichen Religion, sondern — was besser ist — 
sie haben auch angefangen, nach ihren Lehren zu 
leben. Welch ein schöner Lohn ist das für die 
Missionare, die in mühevoller Arbeit die bis dahin 
ungeschriebene Sprache des Dschaggavolkes erforscht 
und in Laute und Buchstaben zerlegt und fixirt 
haben, die für die fehlenden christlichen Begriffe neue 
Wörter gebildet oder alte mit neuem, christlichem 
Inhalt erfüllt haben. Sie fahren in dieser Arbeit 
fort; denn sie sehen sich noch als Anfänger in der 
Sprache an, die sie von Tage zu Tage weiter lernen 
müssen. 
  
Nachrichten aus Moschi (Deutsch-Ostafrika) bringt 
das „Evangelisch = Lutherische Missionsblatt“: Bei 
Lebzeiten des Häuptlings Meli war in der Nähe 
seiner Boma eine Schule errichtet worden, deren 
Besuch ein Jahr lang sehr schwankte, bis sie infolge 
der kriegerischen Unruhen im Jahre 1899 ganz ge- 
schlossen werden mußte. 1901 machte der Stationschef, 
Oberleutnant Merker, den Missionaren den Vorschlag, 
die Schule bei dem Häuptling wieder zu eröffnen. 
Er veranlaßte auch den Häuptling, ein neues Unter- 
richtshaus zu errichten. Dieser ging eifrig auf diesen 
Plan ein, zumal da man seinen Arbeitern einen 
entsprechenden Lohn zusicherte. In Monatsfrist war 
ein Haus von etwa 10 m Länge und 4½ m Breite 
im Küstenstil hergestellt, und am 15. Oktober konnte 
der Unterricht eröffnet werden. Die Zahl der Schüler 
wuchs in erfreulicher Weise, so daß sich einige Male 
etwa 100 Schüler vorfanden. Die große Mehrzahl 
der Besucher sind Wadschagga, meist Jungen, doch 
auch etliche Männer, 10 bis 30 Mädchen sowie 
etliche Frauen. Außer diesen sind auch etliche 
Suahelijungen und Nubierkinder gekommen. Letztere 
sehen gegenüber den Dschaggakindern fast wie Püpp- 
chen aus. Wenn sie mit ihrer Schiefertafel am 
Boden sitzen und darauf herumkritzeln, geben sie ein 
malerisches Bild ab. Auch der Häuptling ist bisher 
fast regelmäßig erschienen. „Gegenwärtig“, so schreibt 
Miss. Schanz, „muß ich mich leider noch darauf be- 
schränken, im Lesen und Schreiben zu unterrichten. 
Zum Schluß lasse ich gewöhnlich einen Liedervers 
durch Vorsagen auswendig lernen, und dann singen 
  
165 — 
wir ihn unter Begleitung meiner Geige. Dies ist 
immer der Höhepunkt und schönste Theil des Unter- 
richts. Mag vorher die Unruhe noch so groß ge- 
wesen sein, sobald ich meine Geige hervorhole und 
anfange, sie zu stimmen, so wird's auf einmal ganz 
ruhig. Aufmerksam sitzen sie zusammengedrängt am 
Boden (Bänke sind zur Zeit noch nicht vorhanden), 
und auch nach Beendigung des Gesanges bleibt es 
noch eine Weile still, bis ich zum Auseinandergehen 
auffordere."“ 
  
Aus der neuen Station Schigatini in Nord- 
Pare wird demselben Missionsblatt mitgetheilt, daß 
Miss. Fuchs auf Bitten der Bewohner von Usangi 
sich entschlossen hat, im Gebiete des Häuptlings 
Sawuni einen neuen Unterrichtsplatz zu errichten. 
Dazu hat er den auf einem schmalen Höhenrücken 
schön gelegenen Platz Kwa Msembea ausgewählt. 
Sehr erfreulich und nachahmenswerth ist es, daß die 
Leute selbst das Versammlungshaus errichten wollen. 
In den „Missions-Blättern“ berichtet P. Spiß 
über die Landwirthschaft auf der Missionsstation 
Peramiho (LDeutsch-Ostafrika): 
Ungoni ist ein wasserreiches, fruchtbares Land, 
das seine Bewohner reichlich nährt und noch viel 
mehr ernähren könnte. Es ist so hoch gelegen (bei 
1000 m), daß nicht bloß europäische Gartengemüse, 
sondern auch europäische Feldfrüchte recht gut ge- 
deihen. Unsere Erfahrungen erstrecken sich bis jetzt 
freilich erst auf Kartoffeln und Weizen. Erstere ge- 
deihen sogar zur trockenen Sommerzeit in seuchtem 
Boden sehr gut und stehen enropäischen Erzeugnissen 
an Güte nicht nach. Br. Laurentius hat vor einiger 
Zeit bei 80 Lasten geerntet, von denen wir mehrere 
an die Kaiserliche Militärstation Songea abgeben 
konnten. Mit Weizen machte der Bruder Versuche 
in zwei sehr verschiedenen Arten Erdreich: in rothen, 
nicht sehr humusreichen Boden säte er 30 Pfund 
Taboraweizen, das Erträgniß war 2½ Centner; 
die übrigen 60 Pfund Samen, die uns zur Ver- 
sügung standen, vertraute er fettem, schwarzem Lehm- 
boden an. In letzterem trieb der Samen sehr hoff- 
nungsvoll und kräftig empor, die Halme erreichten 
die Höhe von 1 m und darüber, aber die scheinbar 
vollen Aehren waren bei der Ernte größtentheils 
leer, da der Rost darüber gekommen war. Von den 
60 Pfund Samen erhielten wir bloß 3 Centner, 
während wir sicher auf 10 Centner gerechnet hatten. 
Später, wenn uns eine größere Weizenernte beschert 
wird, müssen wir daran denken, eine größere Tenne 
anzulegen und das Dreschen rationell zu betreiben. 
Unser Viehstand steht im Ganzen schön, besonders 
Ziegen und Schafe, die nun auf 60 Stück angewachsen 
sind, haben sich in letzter Zeit gut gemacht. 
Ueber Justizpflege in Kamerun lesen wir im 
„Stern von Afrika“: 
So sehr wir auch von unserem christlichen Stand-
	        
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