Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

zu ihren ungebildeten Landsleuten sind es also schon 
halbe Gelehrte. Es erübrigt jetzt nur noch, sie zu 
tüchtigen Handwerkern heranzubilden, wozu sie das 
nöthige Zeug und die erforderlichen guten Eigen- 
schaften haben; sind sie doch ziemlich arbeitsam, was 
man von den Negern im Allgemeinen nicht behaupten 
kann. Wenn diese Schwarzen dann nach einigen 
Jahren, nachdem sie ihr Handwerk gründlich erlernt 
haben. in ihr Land zurückkehren, um ihre Volks- 
genossen in den hier erlernten Fertigkeiten zu unter- 
weisen und dort ebenfalls tüchtige Handwerker her- 
anzubilden, so kann es nicht fehlen, daß die Mission 
in nicht allzuferner Zukunft eine Stütze an ihnen 
haben wird. Und auch der Regierung und dem 
Deutschen Reich wird dadurch viel genützt. 
Die Neuendettelsauer „Kirchlichen Mitthellungen“ 
enthalten Berichte der Missionsstation Dainzerhöhe 
(Kaiser Wilhelmsland bei Kap Gerhardt). Diese 
Station liegt so ziemlich im Mittelpunkt des Bukaua- 
gebiets. Es geht langsam, aber ohne Erfolg ist die 
Missionsarbeit nicht. „Es hat sich schon Vieles ge- 
ändert, so manche heidnische Sitte und Gewohnheit 
verschwindet, und ich habe das Gefühl, als ob da 
erst reine Tafel gemacht werden müßte, bevor christ- 
liches Leben Boden gewinnen kann.“ So schreibt 
Missionar Deckert, kann aber zugleich eine dauernde 
Aufmerksamkeit gegen Gottes Wort bestätigen. Schule 
wird regelmäßig gehalten, dieselbe leidet aber unter 
einem immerwährenden Wechsel der Jungen. Als 
Ursache wird berichtet, daß es den sonst so selb- 
ständigen Bübchen doch etwas eigenthümlich vorkommt, 
wenn sie Tag für Tag fleißig arbeiten sollen und 
sich nebenbei auch noch an Gehorsam gewöhnen 
müssen. „Die Ohnmacht der Erwachsenen 5= bis 
10 jährigen Kindern gegenüber setzt einen in Staunen, 
ja man muß lachen, wenn man sieht, wie ein halb 
Dutzend starke Kerle einen 6= bis 7 jährigen Jungen, 
dem sie etwas zu thun heißen, nicht zwingen können, 
wenn er es nicht freiwillig thut. Unter den Kindern 
auf der Station vorgekommene Todesfälle haben 
auch die Meinung verbreitet, daß ein Schlangenbiß 
durch Zauberei hervorgerufen sei. Die meisten Schüler 
sind noch recht schwerfällig; wenn es sich darum 
handelt, dem Gedächtniß etwas einzuprägen, so ist 
es damit schlecht bestellt. Sonst aber sind sie nett, 
und man kann sie gern haben. Man merkt nie, daß 
sie widerbellen oder brummen, wenn man etwas 
anordnet, willig unterziehen sie sich jeder Arbeit und 
sind fleißig, wenn man sie beaufsichtigt.“ — Die 
äußeren Einrichtungen, auch ein Bau für die Kost- 
schüler, sind im Fortschreiten. „Mit unserer Feld- 
wirthschaft sieht es hoffnungsvoller aus, als wir 
dachten. Wenn wir das Feld, das wir haben, gut 
in Stand setzen, reichlich düngen, den Boden gut 
umarbeiten und die Steine ausgraben, so weit es 
geht, dann werden wir nicht mehr klagen brauchen 
über Mangel an Land.“ 
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Aus fremden Uolonien und 
Produhktionsgebieten. 
Ueber die Entwickelung der Wasserwerke in PDunjab 
(Oberindien). 
Einem in der Society of Arts zu London ge- 
haltenen Vortrage des Oberingenieurs Sidney Preston 
über die Entwickelung der Wasserwerke in Punjab 
(Oberindien) entnehmen wir folgende Mittheilungen, 
welche für die Frage der Bewässerung in unseren 
Schutzgebieten von Interesse sind: 
Vor der Uebernahme des Punjabgebietes seitens 
der englischen Regierung waren die dort befindlichen 
Kanäle durchweg zu tief angelegt und daher nur zu 
Entwässerungszwecken geeignet. Diesem Mangel half 
die Regierung zunächst dadurch ab, daß sie Kanäle 
in Höhe der Wasserscheiden baute. Indeß ließ sie 
es anfangs noch an einer gehörigen Vertheilung des 
Wassers in wissenschaftlich konstruirten Kanälen sehlen, 
so daß in häufig ganz planlos angelegten, dicht 
nebeneinander herlaufenden und übermäßig langen 
Wasserrinnen eine Menge Wasser durch Verdunsten 
und Einsickern verloren ging. Erst in den achtziger 
Jahren wurde mit dem Bau des Sirkindkanals eine 
auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Kanali- 
sation durchgeführt. Hierbei befolgte man das Prinzip, 
vom Hauptkanal aus größere oder kleinere Zweig- 
kanäle zu dem höchsten Punkte einer jeden Ortschaft 
zu leiten und es dieser zu überlassen, das Wasser 
an die einzelnen Bewohner zu vertheilen. 
Hatte man sich bis dahin nur mit der Bewässe- 
rung bereits bewohnter und bebauter Gegenden de- 
faßt, so ging man jetzt weiter und beschloß, durch 
den Bau des Chenabkanals die große wasserlose 
Wüste zwischen den Kavi= und Chenabflüssen, Kechna 
Doab genannt, bewohnbar zu machen. Die Verhält- 
nisse lagen hier weit ungünstiger. Brunnen konnten 
wegen des tiefen Standes des Grundwassers nicht 
gebohrt werden, und die Niederschläge waren zu 
gering, um dem Boden die zur Bebauung erforder- 
liche Feuchtigkeit zu gewähren. Bevor man hier 
Leute ansiedelte, mußte man daher jedem einzelnen 
gewisse Garantien hinsichtlich der Bewässerung des 
ihm überlassenen Landes bieten. Maßgebend bei 
der Anlage dieser Kanalisation war daher das 
Prinzip, vom Hauptkanal aus größere oder kleinere 
Theilkanäle zu dem höchsten Punkte einer jeden ein- 
zelnen Besitzung zu leiten. Um dieses zu ermöglichen, 
schlug man folgendes Verfahren ein. 
Man zog mitten durch den zu bewässernden 
Landstrich seiner Länge nach eine Grundlinie, errich- 
tete auf dieser in Abständen von etwa 1000 Fuß 
Senkrechte und zog durch letztere in den gleichen 
Abständen Parallelen zu der Grundlinie. Auf diese 
Weise wurde das ganze Land in Quadrate getheilt, 
deren Seiten etwa 1000 Fuß lang waren und deren 
Inhalt etwa 25 Acker betrug. An den Ecken und 
den Mittelpunkten der Seitenlinien errichtete man
	        
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