Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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reicht, wo mehrere Plätze gefunden wurden, die sich 
vielleicht zur Anlegung einer Erholungsstation gut 
eignen würden. Ein Weg bis zum Fuße des Berges 
müßte allerdings erst gemacht werden; der eigent- 
liche Ausstieg aber ist jetzt schon verhältnißmäßig so 
bequem, daß nur hier und da etwas nachgeholfen zu 
werden braucht. Auch ist anzunehmen, daß in der 
Höhe des Berges sich keine Moskiten halten können, 
sie also malariafrei ist. Wenn das auf halber Höhe 
liegende Dorf Balai auch klein ist, so sind doch hin 
und her in den Thälern verstreut noch eine ganze 
Reihe von Dörfern, so daß Missionar Hoffmann 
schreibt: „Wir müßten eben hier einmal die Sim- 
banger Methode anwenden und es mit einer Kost- 
schule versuchen. Auf dem Sattelberg (der Gesund- 
heitsstation der Neuendettelsauer) liegen die Dörfer 
auch nicht näher zusammen als in der Umgegend 
von Balai". Die weitere Entwickelung der Sache 
muß nun abgewartet werden. 
Eine Schrift „Führungen Gottes“ (Verlag des 
Missionshauses in Neuen-Dettelsau) enthält unter 
der Ueberschrift „Aus der Missionsarbeit in Neu- 
Guknea“" u. A. folgende Bemerkungen des Missionars 
Flierl: 
Die Missionare auf Neu-Guinea müssen sich 
möglichst feste und gute Holzhäuser errichten. Wenn 
nun auch das Bauen mit Holz in der Regel schneller 
und leichter geht als mit Steinen, es kostet dennoch 
viel Zeit und Mühe, besonders wenn man möglichst 
viel einheimisches Holz= und Buschmaterial dazu ver- 
wenden will. Es ist sehr viel werth, wenn unsere 
Missionsstationen zu einem guten Theil aus ein- 
heimischem Material und unter Mitarbeit der 
Schwarzen entstehen. Aus diesem Grunde werden 
unsere Baulichkeiten in Simbang, Tami und auf 
Sattelberg den Eingeborenen viel volksthümlicher er- 
scheinen, und sie können so leichter sich etwas daran 
absehen, wie sie sich in ihren Dörfern verbessern 
möchten bei Errichtung ihrer eigenen Wohnungen, 
auch für den Bau von Dorskapellen, als wenn unsere 
Häuser gleichsam aus einer anderen höheren Welt 
hereinversetzt kämen. Aehnlich wie mit der Wohnung 
ist es auch mit der Ernährung der Missionare auf 
Neu-Guinea. Es ist unabweisbare Nothwendigkeit, 
daß man neben den erforderlichen Wohnräumen sich 
auch einen Stationsgarten anlegt und ein wenig 
Viehwirthschaft betreibt. Man darf unter keinen Um- 
ständen so übergeistlich werden wollen, daß man 
neben dem Missionar, der ja die Hauptsache sein und 
bleiben muß, nicht auch etwas Gärtner und Bauer 
sein möchte. Später, wenn eine Station sich gedeihlich 
entwickelt und immer mehr Kostschüler daselbst sich 
aufhalten, muß der Stationsgarten dann noch mehr 
vergrößert werden, um auch den Unterhalt für solche 
Kostschüler zu liefern. Dabei darf man die Hoff- 
nung hegen, daß je mehr die geistliche Saat gedeiht, 
die wir unter den Heiden ausstreuen, desto mehr die 
Schwarzen auch geschickt und willig werden, uns 
  
Missionare im Leiblichen zu entlasten in der Weise, 
daß sie uns immer mehr die äußeren Geschäfte ab- 
nehmen und wir immer ungehinderter am Worte 
dienen können. 
In einem in den „Monatsheften zu Ehren Uns. 
L. Frau v. hlst. Herzen Jesu“ veröffentlichten Brief 
des P. Boegershausen in Matupi (Bismarck- 
Archipel) an P. Bley in Hiltrup heißt es: 
Wenn der erste Schritt in der Bekehrung eines 
Volkes gethan ist, wenn die Erwachsenen nach gründ- 
lichem Unterrichte getauft sind, dann folgt für den 
Missionar die wichtige, aber schwierige Aufgabe der 
Kindererziehung, durch welche das angefangene Be- 
kehrungswerk fortgesetzt und zu größerer Blüthe ent- 
faltet werden muß. In Matupi habe ich denn auch 
alle meine Kräfte dieser Aufgabe gewidmet. Nahe 
am Meeresufer steht ein geräumiges Gebäude aus 
Eingebornenmaterial. Als Fenster dienen einige 
Bretterluken. Wenn diese geöffnet sind, sieht man 
im Innern des Hauses eine Reihe Bänke, die, wenn 
auch nicht gerade nach allen Vorschriften der neuesten 
Schulverordnungen eingerichtet, für meine Matupier 
doch elegant und hinreichend sind. Auf diesen Bänken 
sitzt und schwitzt nun die Matupijugend, oft gegen 
60 Knaben und 40 Mädchen, eine stattliche Anzahl, 
nicht wahr? Um diese Leutchen in die Schule zu 
bekommen, muß ich alles aufwenden, hier Güte, dort 
Strenge; denn auch hier zu Lande schwänzt man 
gern die Schule. Es kommt noch dazu, daß gerade 
die Matupileute viel ausgelassener und unaufmerk- 
samer sind, als die Buschbewohner. Der Matupi- 
junge ist ein richtiger Straßenjunge — und, was 
der Spatz unter den Vögeln ist, das ist der Matupi- 
junge noch unter den Straßenjungen. Wenn nun 
diese liebe, ungezogene Jugend auf den Bänken sitzt 
— morgens in aller Frühe, schon um 7 Uhr —, 
dann wird natürlich erst gebetet, und es folgt dann 
gewöhnlich das von Ihnen in Kanachensprache 
wiedergegebene Lied „Alles meinem Gott zu Ehren!“ 
Darauf wird Katechismus ausgelegt, bidlische Ge- 
schichte gelehrt und gelernt, und nun geht's ans Lesen, 
Schreiben, Rechnen, Singen und selbst ans Zeichnen. 
Einfache Liedchen singen meine größeren Knaben und 
Mädchen schon in Ziffermusik von der Wandtafel ab. 
Kommen Sie einmal wieder nach Matupi, dann 
können Sie jedwedes Lied aus Ihrem in der 
Kanachensprache verfaßten Gesangbuch nach deutschen 
Melodien anstimmen und von etwas herben, aber 
richtig einsetzenden Stimmen singen hören. Einige 
neue Lieder haben wir noch hinzugefügt, und deutsche 
Vaterlandslieder erklingen auf der Matupi-Insel, 
besonders, wenn Fremde sie besuchen, „aus voller 
Kehl' und muntrer Brust“, vielleicht mehr, als Letzteren 
lieb ist. Es ist eine Freude für das Herz des 
Missionars, wenn er sieht, wie die christliche Er- 
ziehung langsam Früchte zeitigt. Leider sind die 
Kinder so vielen Versuchungen zum alten Aberglauben 
ausgesetzt und haben das schlechte Beispiel der Alten
	        
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