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reicht, wo mehrere Plätze gefunden wurden, die sich
vielleicht zur Anlegung einer Erholungsstation gut
eignen würden. Ein Weg bis zum Fuße des Berges
müßte allerdings erst gemacht werden; der eigent-
liche Ausstieg aber ist jetzt schon verhältnißmäßig so
bequem, daß nur hier und da etwas nachgeholfen zu
werden braucht. Auch ist anzunehmen, daß in der
Höhe des Berges sich keine Moskiten halten können,
sie also malariafrei ist. Wenn das auf halber Höhe
liegende Dorf Balai auch klein ist, so sind doch hin
und her in den Thälern verstreut noch eine ganze
Reihe von Dörfern, so daß Missionar Hoffmann
schreibt: „Wir müßten eben hier einmal die Sim-
banger Methode anwenden und es mit einer Kost-
schule versuchen. Auf dem Sattelberg (der Gesund-
heitsstation der Neuendettelsauer) liegen die Dörfer
auch nicht näher zusammen als in der Umgegend
von Balai". Die weitere Entwickelung der Sache
muß nun abgewartet werden.
Eine Schrift „Führungen Gottes“ (Verlag des
Missionshauses in Neuen-Dettelsau) enthält unter
der Ueberschrift „Aus der Missionsarbeit in Neu-
Guknea“" u. A. folgende Bemerkungen des Missionars
Flierl:
Die Missionare auf Neu-Guinea müssen sich
möglichst feste und gute Holzhäuser errichten. Wenn
nun auch das Bauen mit Holz in der Regel schneller
und leichter geht als mit Steinen, es kostet dennoch
viel Zeit und Mühe, besonders wenn man möglichst
viel einheimisches Holz= und Buschmaterial dazu ver-
wenden will. Es ist sehr viel werth, wenn unsere
Missionsstationen zu einem guten Theil aus ein-
heimischem Material und unter Mitarbeit der
Schwarzen entstehen. Aus diesem Grunde werden
unsere Baulichkeiten in Simbang, Tami und auf
Sattelberg den Eingeborenen viel volksthümlicher er-
scheinen, und sie können so leichter sich etwas daran
absehen, wie sie sich in ihren Dörfern verbessern
möchten bei Errichtung ihrer eigenen Wohnungen,
auch für den Bau von Dorskapellen, als wenn unsere
Häuser gleichsam aus einer anderen höheren Welt
hereinversetzt kämen. Aehnlich wie mit der Wohnung
ist es auch mit der Ernährung der Missionare auf
Neu-Guinea. Es ist unabweisbare Nothwendigkeit,
daß man neben den erforderlichen Wohnräumen sich
auch einen Stationsgarten anlegt und ein wenig
Viehwirthschaft betreibt. Man darf unter keinen Um-
ständen so übergeistlich werden wollen, daß man
neben dem Missionar, der ja die Hauptsache sein und
bleiben muß, nicht auch etwas Gärtner und Bauer
sein möchte. Später, wenn eine Station sich gedeihlich
entwickelt und immer mehr Kostschüler daselbst sich
aufhalten, muß der Stationsgarten dann noch mehr
vergrößert werden, um auch den Unterhalt für solche
Kostschüler zu liefern. Dabei darf man die Hoff-
nung hegen, daß je mehr die geistliche Saat gedeiht,
die wir unter den Heiden ausstreuen, desto mehr die
Schwarzen auch geschickt und willig werden, uns
Missionare im Leiblichen zu entlasten in der Weise,
daß sie uns immer mehr die äußeren Geschäfte ab-
nehmen und wir immer ungehinderter am Worte
dienen können.
In einem in den „Monatsheften zu Ehren Uns.
L. Frau v. hlst. Herzen Jesu“ veröffentlichten Brief
des P. Boegershausen in Matupi (Bismarck-
Archipel) an P. Bley in Hiltrup heißt es:
Wenn der erste Schritt in der Bekehrung eines
Volkes gethan ist, wenn die Erwachsenen nach gründ-
lichem Unterrichte getauft sind, dann folgt für den
Missionar die wichtige, aber schwierige Aufgabe der
Kindererziehung, durch welche das angefangene Be-
kehrungswerk fortgesetzt und zu größerer Blüthe ent-
faltet werden muß. In Matupi habe ich denn auch
alle meine Kräfte dieser Aufgabe gewidmet. Nahe
am Meeresufer steht ein geräumiges Gebäude aus
Eingebornenmaterial. Als Fenster dienen einige
Bretterluken. Wenn diese geöffnet sind, sieht man
im Innern des Hauses eine Reihe Bänke, die, wenn
auch nicht gerade nach allen Vorschriften der neuesten
Schulverordnungen eingerichtet, für meine Matupier
doch elegant und hinreichend sind. Auf diesen Bänken
sitzt und schwitzt nun die Matupijugend, oft gegen
60 Knaben und 40 Mädchen, eine stattliche Anzahl,
nicht wahr? Um diese Leutchen in die Schule zu
bekommen, muß ich alles aufwenden, hier Güte, dort
Strenge; denn auch hier zu Lande schwänzt man
gern die Schule. Es kommt noch dazu, daß gerade
die Matupileute viel ausgelassener und unaufmerk-
samer sind, als die Buschbewohner. Der Matupi-
junge ist ein richtiger Straßenjunge — und, was
der Spatz unter den Vögeln ist, das ist der Matupi-
junge noch unter den Straßenjungen. Wenn nun
diese liebe, ungezogene Jugend auf den Bänken sitzt
— morgens in aller Frühe, schon um 7 Uhr —,
dann wird natürlich erst gebetet, und es folgt dann
gewöhnlich das von Ihnen in Kanachensprache
wiedergegebene Lied „Alles meinem Gott zu Ehren!“
Darauf wird Katechismus ausgelegt, bidlische Ge-
schichte gelehrt und gelernt, und nun geht's ans Lesen,
Schreiben, Rechnen, Singen und selbst ans Zeichnen.
Einfache Liedchen singen meine größeren Knaben und
Mädchen schon in Ziffermusik von der Wandtafel ab.
Kommen Sie einmal wieder nach Matupi, dann
können Sie jedwedes Lied aus Ihrem in der
Kanachensprache verfaßten Gesangbuch nach deutschen
Melodien anstimmen und von etwas herben, aber
richtig einsetzenden Stimmen singen hören. Einige
neue Lieder haben wir noch hinzugefügt, und deutsche
Vaterlandslieder erklingen auf der Matupi-Insel,
besonders, wenn Fremde sie besuchen, „aus voller
Kehl' und muntrer Brust“, vielleicht mehr, als Letzteren
lieb ist. Es ist eine Freude für das Herz des
Missionars, wenn er sieht, wie die christliche Er-
ziehung langsam Früchte zeitigt. Leider sind die
Kinder so vielen Versuchungen zum alten Aberglauben
ausgesetzt und haben das schlechte Beispiel der Alten