Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Staatliche Besiedelung des Transvaal. 
Wie in Nr. 3 des Kolonialblatts vom 1. Fe- 
bruar d. Is. (S. 72) mitgeteilt worden ist, hat die 
Regierung der Orange River Colony unter dem 
31. Oktober 1902 eine „Lands Settlement Or- 
dinance“ erlassen. Diesem Beispiel ist die Trans- 
vaalregierung gefolgt, indem sie in der „Govern- 
ment Gazette“ vom 19. Dezember v. Is. auch 
ihrerseits die Bestimmungen veröffentlicht, unter denen 
Regierungsland an Ansiedler abgegeben wird. Diese 
Bestimmungen unterscheiden sich von den in der 
Orange River Colony eingeführten in mannigfaltiger 
Beziehung, wenn auch die Grundsätze überein- 
stimmen. 
Über die wesentlichen Unterschiede sei folgendes 
mitgeteilt: 
Die Aussicht über das Siedelungswesen in 
Transvaal führt der vom Vizegouverneur eingesetzte 
Landeskommissar (Commissioner) im Verein mit den 
Distriktskommissaren und Land Boards. Außer dem 
für Besiedelungszwecke bereits vorhandenen Kronland 
kann von der Regierung Land durch Kauf erworben 
werden. 
Der Bewerber hat 1 pCt. des Kaufpreises bei 
seiner Bewerbung als Sicherhelt zu hinterlegen. In 
der Regel soll auch hier, wie in der Orange River 
Colony, ein Bewerber nur ein Grundstück erhalten, 
jedoch kann ausnahmsweise ein Grundstück auch 
mehreren Bewerbern (höchstens fünf) zugesprochen 
werden. Die für die Orange River Colony auf- 
gestellte Bedingung, daß Besitzer von mehr als 
25 Morgen zu Bewerbungen nicht zugelassen werden, 
hat man hier fallen lassen. 
Das Land wurd auf Pacht oder Kauf verliehen. 
Die Pachtzeit beträgt auch hier fünf Jahre, der 
Pachtzins 5 pCt. des Kaufpreises, die Verlängerung 
der Pacht ist jedoch nur auf höchstens zwei Jahre 
angesetzt (gegen fünf bis zehn Jahre in der Orange 
River Colony), und der Pachtzins in halbjährlichen 
Raten pränumerando zahlbar (gegen halbjährliche 
Raten postnumerando in der Orange River Colony). 
Als Zahlungstermine sind der 1. Januar und 1. Juli 
bestimmt. Hier wie dort kann der Pächter später das 
Grundstück käuflich erwerben. Sollte ihm dabei der 
Preis zu hoch erscheinen, so kann er eine gerichtliche 
Neuabschätzung des Grundstücks beantragen, deren 
Kosten ihm zur Last fallen. 
Die der Krone vorbehaltenen Rechte sind in 
beiden Kolonien im wesentlichen dieselben. Zusätzlich 
ist jedoch für den Transvaal bestimmt, daß der 
Pächter oder Käufer nicht das Recht hot, auf be- 
bautem oder bepflanztem Lande sowie innerhalb 
200 Yards von Baulichkeiten zu schürfen. Außerdem 
wird dem Besitzer das Recht auf diejenigen Mineralien 
zugesprochen, deren er für die Bewirtschaftung 
seines Grundstücks zum eigenen Gebrauch bedarf. 
Die Bedingung der Anwesenheit auf der Farm ist 
für den Transvaal erleichtert. Der Ansiedler darf vier 
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Monate im Jahre (gegen drei Monate in der Orange 
River Colony) abwesend sein. Er kann sich auch 
während der Zeit, in welcher er anwesend sein müßte, 
durch seine Ehefrau, Eltern oder einen Sohn (von 
mindestens 18 Jahren) vertreten lassen. Aus Gründen 
industrieller, religiöser oder erzieherischer Natur kann 
einer Gruppe von Ansiedlern (mindestens fünf Familien) 
gestattet werden, einen gemeinsamen Wohnsitz (Dorf) 
zu gründen, wenn ihre Grundstücke an einander 
grenzen. Der Ansiedler in Transvaal hat binnen 
zwei Jahren nach Besitznahme ein solides Wohnhaus 
auf seinem Grundstück aufzuführen. 
Bezüglich einer rationellen Bewirtschaftung sind dem 
UAnsiedler hier detailliertere Vorschriften gegeben. So 
hat er binnen Jahresfrist mit der Ausrottung schäd- 
licher Pflanzen und Tiere zu beginnen, binnen zwei 
Jahren sein Grundstück mit der erforderlichen Ein- 
friedigung zu versehen und darf Baumpflanzungen 
nur in der vorgeschriebenen Art und am vorgeschrie- 
benen Platze anlegen. 
Während Eigentumswechsel in der Orange River 
Colony nur bei Todesfall des Besitzers gestattet ist, 
wird hierfür in Transvaal ein freier Spielraum zu- 
gelassen, indem auf triftige Gründe hin Abtretungen 
an die Regierung, an Frau oder Kinder oder an 
andere Personen stattfinden können. Auch ist der 
Austausch von zwei Grundstücken zwischen zwei An- 
siedlern mit Genehmigung der Regierung zulässig. 
Bei Zahlungsunsähigkeit des Ansiedlers gerät in 
der Orange River Colony Pacht= und Kaufkontrakt 
in Verfall, während im Transvaal dem Ansiedler 
bei triftigen Gründen ein Zahlungsaufschub für drei 
Monate mit Zurechnung von 5 pCt. Zinsen p. a., 
bezw. für sechs Monate mit Zurechnung von 10 péCt. 
Zinsen gewährt wird. 
Im Falle von Streitfragen bezüglich Entschädi- 
gungen entscheidet in der Orange River Colony ein 
von beiden Parteien berufenes Schiedsgericht, während 
hier jede Entscheidung durch ein gerichtliches Ver- 
fahren seitens des Distriktskommissars, gegen welches 
eine Berufung an den Land Board zulässig ist, her- 
beigeführt wird. 
In der Orange River Colony erfolgt die Rück- 
zahlung der Kapitalsraten an den Käufer bei Ver- 
fall des Kontrakts unbedingt, im Transvaal nur, 
wenn kein unrechtmäßiges Verhalten des Käufers 
vorliegt. 
Während der Ansiedler der Orange River Colony 
von der Regierung Geldvorschüsse erhalten kann, 
werden demselben hier in erster Linie Naturalvor- 
schüsse gewährt; jedoch steht es der Regierung frei, 
an Stelle derselben ebenfalls Geldvorschüsse treten 
zu lassen. Zu den Naturalvorschüssen gehören Liefe- 
rung von landwirtschaftlichen Requisiten, Vieh und 
Materialien für dauernde Anlagen. Die vorschuß- 
weise Lieferung von Vieh ist an folgende Bedingun- 
gen geknüpft: Vorherige Einfriedigung des Weide- 
landes, Zahlung der Hälfte der Kosten bei Lieferung, 
bezw. Sicherheit dafür durch eigenen Viehbestand,
	        
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