Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

ab die weitere Begleitung bilden, während ich selbst 
nach Rückkehr des Eskortezuges von Mokbe entschei- 
dende Schritte in Aussicht genommen hatte. Herrn 
v. Lüdinghausen habe ich vor seinem Abmarsche mit 
eingehenden Instruktionen versehen und ihm dauernd 
die Verwaltungsgeschäfte unter gleichzeitiger öffent- 
licher Bekanntmachung übergeben. 
Die Verhältnisse in Gamane klärten sich in diesem 
Zeitraum des Abwartens ebenfalls in einigen wesent- 
lichen Punkten. Zunächst vermehrte sich der Zuzug 
zu der Partei des Veruma derart, daß von den 
einflußreicheren Baiachefs schließlich nur noch die- 
jenigen fehlten, die ungefähr nördlich der Staadtschen 
Route im Halbkreis um Gamane (-— Name der 
Bertuastadt) eigene Dörfer in Entfernungen von 
einem bis eineinhalb Tagemärschen haben. Es stellte 
sich des weiteren in diesem Zeitabschnitt heraus, daß 
Bertua gegen Bezahlung die ihm seinerzeit über- 
gebenen Mbiabihäuptlinge wirklich freigelassen hatte, 
das Elfenbein dafür jedoch nicht zur Ablieferung 
brachte, sondern an die französische Faktorei verkaufte. 
Auch bezüglich des Aufenthaltes Bertuas wurden zu 
dieser Zeit die Nachrichten sicherer. 
Verlassen von der größeren Mehrzahl seiner 
eigenen Leute und seiner Hauptchefs, hatte er in den 
Baiahäuptlingen der ausgedehnten Urwaldlandschaft 
Vangeri (bis zu 1 1½ Tagemärschen nördlich), in den 
ihm neu befreundeten Mbiabi und in den Baia der 
Landschaften Bendia, Sendeke, Tibati, Bobalo und 
Goima großen Anhang gefunden. 
Abermals erschienen schließlich am 16. Bimba-= 
und Mesima-, am 19. Dassi= und am 29. Berri- 
gesandte mit Geschenken. Dassi habe ich bei dieser 
Gelegenheit nach Bimba zur Expedition bestellt, um 
den bereits berichteten Ansiedelungsplan mit ihm zu 
besprechen. Dem Vernehmen nach dürfte meine Ab- 
sicht größeren Schwierigkeiten kaum begegnen. 
Am 21. August nun, als ich die baldige Rückkehr 
der Lüdinghausenschen Eskorte erwarten konnte, leitete 
ich entscheidende Maßnahmen ein. Obwohl der Miß- 
erfolg vorauszusehen war, ließ ich durch den Veruma 
Gesandte an Bertua und seinen zweiten Sohn Abu, 
den Anführer der gesamten Partei um Bertua, diri- 
gieren und gab ihnen eine letzte Uberlegungsfrist, sich 
zu stellen und die Angelegenheit auf friedlichem Wege 
zu ordnen. Als am 28. von Bertua und Abu eine 
befriedigende Antwort noch nicht eingelaufen war, 
ließ ich sämtliche in Gamane befindlichen größeren 
Balachefs zu einer Versammlung einberufen, in der 
ich Bertug für abgesetzt erklärte und den Veruma 
als seinen Nachfolger bezeichnete. Diese Aktion 
wurde unter allgemeinem Beifall vorgenommen, der 
durch die Erklärung noch erhöht wurde, Gamane 
selbst habe von dem nun unvermeidlichen Kriege 
nichts zu befürchten. Auch versprach ich, wenn möglich, 
Bertuas Leben zu schonen, ihn aber zwangsweise mit 
einigen seiner Umgebung bei Gonakoll anzusiedeln. 
Erst am 30. August kam der Eskortenzug des 
Herrn v. Lüdinghausen von Mokbe zurück. Da die 
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Scheidung zwischen der Verumapartei und dem An- 
hang Bertuas sich unterdes völlig vollzogen hatte 
und sämtliche Farmdörfer nördlich der Staadtschen 
Route nun verlassen waren, brach ich am 4. Sep- 
tember nach Norden auf, um den nun unvermeidlichen 
kriegerischen Austrag der Bertuaangelegenheit zu be- 
ginnen. An der Nordgrenze der Gamane im Norden 
umsäumenden Farmdörfer wurde Lager bezogen und 
durch Patronillen festgestellt, welcher der beiden in 
die Landschaft Vangeri führenden Wege vom Feinde 
besetzt sei. Es fielen an diesem Tage wenige Schüsse, 
da die Expedition offenbar nur von vorgeschobenen 
Wachen oder Patrouillen auf dem Marsche und im 
Lager beunruhigt wurde. 
Das Gelände war äußerst ungünstig. Viele 
sumpfige Wasserläufe in schmalen Waldstreifen um- 
schließen als Unterbrechung eines welligen, stark be- 
siedelten Graslandes mit über doppelt mannshohem 
Gras Gamane im Westen, Norden und Nordosten. 
Weiterhin schließt sich in allen genannten Himmels- 
richtungen ein sehr dichter, außerhalb der Wege kaum 
passierbarer Urwald an, der im Westen, Nordweften 
und Norden bis an den Ssanaga, im Nordosten bis 
etwas über die Straße Bertug—Kunde reicht. Der 
Osten des in Frage kommenden Gebietes ist durchweg 
mit doppelt mannshohem Gras bestanden, weniger 
dicht bevölkert, und es werden dort die Terrainfalten 
beträchtlicher. 
Im allgemeinen beabsichtigte ich durch partielle 
Friedensschlüsse auf sämtlichen strahlenförmig von 
Gamane ausgehenden Straßen ein seitliches Aus- 
weichen Bertuas allmählich einzuschränken, zumal mir 
bekannt war, daß infolge vieler früher geführter 
Kriege ein Zurückweichen Bertuas auf größere Ent- 
fernungen als zwei Tagemärsche von Gamane ihm 
nur im Norden (Vangeri) und Nordwesten (ein 
Mobiabinnterstamm) möglich war. Veruma und seme 
Partei verhielten sich völlig neutral, und es schien 
mir im Interesse der Zukunft dieser Gegenden fürs 
erste richtiger, von schärferen Maßregeln zur Ge- 
stellung von Führern, zu Aufschlüssen über die 
Stellung und Macht Bertuas Abstand zu nehmen. 
Auch von der Haussaansiedelung in Gamane war 
aus Furcht vor späterer Rache wenig zu erfahren. 
Nur zwei aus der persönlichen Umgebung Bertuas 
entflohene Dassisklaven haben mir dann wesentliche 
Dienste geleistet. 
Am 5. September wurde unter unerwartet ge- 
ringem Widerstand Nungbako, der Hauptort der 
Baialandschaft Vangeri, im dichten Urwald mit 
wenigen Parzellen hohen Grases gelegen, genommen. 
Die anfänglich recht bedeutende Zudringlichkeit ein- 
zelner Bogenschützen ließ nach der verlustlosen Be- 
setzung des schwach verteidigten Dorfes Nungbako 
sehr auffällig nach. Auch in der Zukunft wurde von 
da ab im Vangerilande bereits in respektvoller Ent- 
fernung nach kurzem Feuer die Flucht vorgezogen, 
und es kam nur noch in der Richtung Goffi und 
Bobalo zu etwas lebhafterem Widerstand diefer Ver-
	        
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