Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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der Kaiserlichen Schutztruppen Dr. med. Steudel vor 
kurzem in Stuttgart einen Vortrag über die gesund- 
heitlichen Verhältnisse unserer Schutzgebiete im Lichte 
der neuesten Forschungen. Den Ausführungen 
Dr. Steudels ist nach den Berichten Stuttgarter 
Blätter folgendes zu entnehmen: 
Die wichtigste Krankheit, die in den Tropen- 
ländern herrscht, ist die Malaria. An ihr litten in 
Kamerun 78 bis 90 pCt. aller Kranken, in Deutsch- 
Westafrika 59 bis 68 pCt. und in Südwestafrika 
38 bis 61 pCt. Außer ihr kommen nur wenige 
Krankheiten in den Tropen noch in Betracht, so daß 
also die Gesundung unserer Kolonien lediglich davon 
abhängt, ob wir über die Malaria Herr werden. 
Die Malaria, ein Wechselfieber, dessen Entstehung 
an Wasser und Wärme gebunden und das daher in 
sumpfigen Niederungen am häufigsten ist, findet frei- 
lich im Chinin ein Gegenmittel, das aber bei immer 
wieder neuen Ansteckungen schließlich auch versagt. 
In neuerer Zeit nun entdeckte Laveran im Blute 
der Malariakranken kleine tierische Parasiten, welche 
die Blutkörperchen, den wichtigsten Bestandteil unseres 
Blutes, befallen und schließlich in unveränderliche, 
halbmondartige Sporen zerfallen; letztere werden 
nach der Entdeckung des englischen Militärarztes 
Roß von den Malariamoskitos mit dem menschlichen 
Blut aufgesaugt, verwandeln sich im Magen jener 
Insekten wieder in Lebewesen und sammeln sich 
schließlich in ihren Speicheldrüsen an, von wo sie 
bei jedem Stich wieder als Malariaparasiten ins 
Blut des Menschen übergehen, so daß auf diese Art 
eine ewig sich fortsetzende Ansteckung entsteht. Es 
ist nun aber möglich, den Kampf gegen diese Krank- 
heitserreger, die Malariaschnaken, aufzunehmen, wozu 
verschiedene Methoden angewandt werden. 
Der englische Militärarzt Roß, der Entdecker 
obigen Hergangs, hat den Versuch gemacht, mit 
größeren Arbeiterkolonnen die Brutstätten der Mos- 
kitoschnaken aufzusuchen und unschädlich zu machen. 
Er hatte auch Erfolge zu verzeichnen, konnte es aber 
nicht verhindern, daß nach Regenperioden neue An- 
steckungsherde entstanden. Dazu kommt, daß solche 
Erdarbeiten, wie Zuschütten und Ableiten stehender 
Wasser, sehr teuer sind. Neben dieser „englischen“ 
Methode gibt es eine „italienische“, die Vergitterung 
aller Wohnungsöffnungen mit Drahtgaze, um die 
Schnaken fernzuhalten. Sie ist aber für Tropen- 
gegenden nicht brauchbar, da dort gerade die Zeit 
vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang zu den 
schönsten gehört und man geradezu Hypochonder 
züchten würde, wollte man da die Menschen in ihre 
vier Wände unter die Drahtgaze zwängen. Eine dritte, 
dentsche Methode danken wir Robert Koch, der in 
Neu-Guinea entdeckte, daß die Malariaparasiten am 
häufigsten bei Kindern, immer seltener aber bei auf- 
steigendem Alter sich finden. Er versuchte darum 
alle Kinder durch Chininbehandlung malariafrei zu 
machen und weiterhm alle den Malariakeim beher- 
bergenden Personen überhaupt durch Untersuchung 
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des Blutes ausfindig zu machen, sie zu heilen und 
damit die übrigen vor der Ansteckung zu bewahren, 
und dies ist ihm geglückt. Ahnliche Versuche wurden 
auch anderswo angestellt, und sie sind in über- 
raschender Weise von Erfolg begleitet gewesen; gegen- 
wärtig wird so Dar-es-Saläm bearbeitet. Selbst- 
verständlich ist eine Verbindung der drei Methoden, 
der Moskitovertilgung, des Schutzes gegen ihre 
Stiche und der Kochschen Bekämpfungsart, durchaus 
möglich. 
Was haben wir nun erreicht, wenn es uns wirk- 
lich gelingen sollte, der Malaria Herr zu werden? 
Können sich dann in diesen tropischen Ländern Eu- 
ropäer dauernd ansiedeln? — Nein! Jedenfalls nicht 
in den Niederungen der Küstenzone, da hier das 
Nervensystem des Europäers so leidet, daß seine 
Tatkrast und Schaffensfreudigkeit bald gelähmt wird. 
Es muß da ein weiteres Hilfsmittel eingreifen:. die 
Tropen-Sommerfrische im Gebirgsland, das von den 
Küstenniederungen fern liegt; denn hier, etwa 1000 m 
über dem Meere, hören die Moskitos und damit die 
Malaria auf und die Blutneubildung bei Malaria- 
rekonvaleszenten geht viel schneller von statten als 
in den Niederungen. Beispiele hierfür geben uns 
die indische Sommerfrische Darjiling in den Hima- 
laya-Vorbergen und Batavia. Aber auch in den 
deutschen Kolonien fängt man damit an, so in Buea 
in Kamerun. Daß noch nicht mehr geschah, liegt 
daran, daß man erst Krankenhäuser schaffen mußte, 
so in Tanga und Dar-es-Saläm, in Togo, in Duala 
und Buea, in Neu-Guinea, auf Jap und auf Samoa. 
Nun soll aber Ostafrika in aller Bälde auch eine 
Sommerstation in den Bergen bekommen. Erst vor 
kurzer Zeit hat ein Stuttgarter, Karl Lienhardt, für 
Krankenhauszwecke daselbst eine namhafte Summe 
vermacht, die der Gouverneur Graf v. Götzen als 
Grundstock für die Errichtung eines Sanatoriums in 
den Usambarabergen verwenden will. Dieses etwa 
1000 m hoch gelegene Lienhardt-Sanatorium, wofür 
nunmehr zusammen mit Beiträgen der Wohlfahrts- 
lotterie 120 000 Mark zur Verfügung stehen, wird 
150 000 Mark kosten und für 16 Erholungsbedürf- 
tige Platz bieten, für Kolonialbeamte und Private, 
für Minderbemittelte wie für Wohlhabendere. Die 
Errichtung dieses Sanatoriums wird einen Wende- 
punkt für die gesundheitlichen Verhältnisse in der 
größten unserer Kolonien bilden. Gebirgssanatorien 
und ganze Wohnplätze zu dauerndem Aufenthalt im 
Vorgebirge, womit in Buea, nach dem Vorbild von 
Batavia, der Anfang gemacht ist, werden auch in 
unseren Kolonien dafür sorgen, daß Malaria und 
Tropenklima ihre Schrecken verlieren. 
Sanitätsvorschriften gegen Malaria. 
Das Komitee der Liverpooler Schule für Tropen- 
medizin hat zur Beachtung durch die Geschäftsleute 
an Orten, wo Malaria (Wechselfieber) einheimisch 
ist, nachstehende Anweisungen herausgegeben:
	        
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