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der Kaiserlichen Schutztruppen Dr. med. Steudel vor
kurzem in Stuttgart einen Vortrag über die gesund-
heitlichen Verhältnisse unserer Schutzgebiete im Lichte
der neuesten Forschungen. Den Ausführungen
Dr. Steudels ist nach den Berichten Stuttgarter
Blätter folgendes zu entnehmen:
Die wichtigste Krankheit, die in den Tropen-
ländern herrscht, ist die Malaria. An ihr litten in
Kamerun 78 bis 90 pCt. aller Kranken, in Deutsch-
Westafrika 59 bis 68 pCt. und in Südwestafrika
38 bis 61 pCt. Außer ihr kommen nur wenige
Krankheiten in den Tropen noch in Betracht, so daß
also die Gesundung unserer Kolonien lediglich davon
abhängt, ob wir über die Malaria Herr werden.
Die Malaria, ein Wechselfieber, dessen Entstehung
an Wasser und Wärme gebunden und das daher in
sumpfigen Niederungen am häufigsten ist, findet frei-
lich im Chinin ein Gegenmittel, das aber bei immer
wieder neuen Ansteckungen schließlich auch versagt.
In neuerer Zeit nun entdeckte Laveran im Blute
der Malariakranken kleine tierische Parasiten, welche
die Blutkörperchen, den wichtigsten Bestandteil unseres
Blutes, befallen und schließlich in unveränderliche,
halbmondartige Sporen zerfallen; letztere werden
nach der Entdeckung des englischen Militärarztes
Roß von den Malariamoskitos mit dem menschlichen
Blut aufgesaugt, verwandeln sich im Magen jener
Insekten wieder in Lebewesen und sammeln sich
schließlich in ihren Speicheldrüsen an, von wo sie
bei jedem Stich wieder als Malariaparasiten ins
Blut des Menschen übergehen, so daß auf diese Art
eine ewig sich fortsetzende Ansteckung entsteht. Es
ist nun aber möglich, den Kampf gegen diese Krank-
heitserreger, die Malariaschnaken, aufzunehmen, wozu
verschiedene Methoden angewandt werden.
Der englische Militärarzt Roß, der Entdecker
obigen Hergangs, hat den Versuch gemacht, mit
größeren Arbeiterkolonnen die Brutstätten der Mos-
kitoschnaken aufzusuchen und unschädlich zu machen.
Er hatte auch Erfolge zu verzeichnen, konnte es aber
nicht verhindern, daß nach Regenperioden neue An-
steckungsherde entstanden. Dazu kommt, daß solche
Erdarbeiten, wie Zuschütten und Ableiten stehender
Wasser, sehr teuer sind. Neben dieser „englischen“
Methode gibt es eine „italienische“, die Vergitterung
aller Wohnungsöffnungen mit Drahtgaze, um die
Schnaken fernzuhalten. Sie ist aber für Tropen-
gegenden nicht brauchbar, da dort gerade die Zeit
vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang zu den
schönsten gehört und man geradezu Hypochonder
züchten würde, wollte man da die Menschen in ihre
vier Wände unter die Drahtgaze zwängen. Eine dritte,
dentsche Methode danken wir Robert Koch, der in
Neu-Guinea entdeckte, daß die Malariaparasiten am
häufigsten bei Kindern, immer seltener aber bei auf-
steigendem Alter sich finden. Er versuchte darum
alle Kinder durch Chininbehandlung malariafrei zu
machen und weiterhm alle den Malariakeim beher-
bergenden Personen überhaupt durch Untersuchung
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des Blutes ausfindig zu machen, sie zu heilen und
damit die übrigen vor der Ansteckung zu bewahren,
und dies ist ihm geglückt. Ahnliche Versuche wurden
auch anderswo angestellt, und sie sind in über-
raschender Weise von Erfolg begleitet gewesen; gegen-
wärtig wird so Dar-es-Saläm bearbeitet. Selbst-
verständlich ist eine Verbindung der drei Methoden,
der Moskitovertilgung, des Schutzes gegen ihre
Stiche und der Kochschen Bekämpfungsart, durchaus
möglich.
Was haben wir nun erreicht, wenn es uns wirk-
lich gelingen sollte, der Malaria Herr zu werden?
Können sich dann in diesen tropischen Ländern Eu-
ropäer dauernd ansiedeln? — Nein! Jedenfalls nicht
in den Niederungen der Küstenzone, da hier das
Nervensystem des Europäers so leidet, daß seine
Tatkrast und Schaffensfreudigkeit bald gelähmt wird.
Es muß da ein weiteres Hilfsmittel eingreifen:. die
Tropen-Sommerfrische im Gebirgsland, das von den
Küstenniederungen fern liegt; denn hier, etwa 1000 m
über dem Meere, hören die Moskitos und damit die
Malaria auf und die Blutneubildung bei Malaria-
rekonvaleszenten geht viel schneller von statten als
in den Niederungen. Beispiele hierfür geben uns
die indische Sommerfrische Darjiling in den Hima-
laya-Vorbergen und Batavia. Aber auch in den
deutschen Kolonien fängt man damit an, so in Buea
in Kamerun. Daß noch nicht mehr geschah, liegt
daran, daß man erst Krankenhäuser schaffen mußte,
so in Tanga und Dar-es-Saläm, in Togo, in Duala
und Buea, in Neu-Guinea, auf Jap und auf Samoa.
Nun soll aber Ostafrika in aller Bälde auch eine
Sommerstation in den Bergen bekommen. Erst vor
kurzer Zeit hat ein Stuttgarter, Karl Lienhardt, für
Krankenhauszwecke daselbst eine namhafte Summe
vermacht, die der Gouverneur Graf v. Götzen als
Grundstock für die Errichtung eines Sanatoriums in
den Usambarabergen verwenden will. Dieses etwa
1000 m hoch gelegene Lienhardt-Sanatorium, wofür
nunmehr zusammen mit Beiträgen der Wohlfahrts-
lotterie 120 000 Mark zur Verfügung stehen, wird
150 000 Mark kosten und für 16 Erholungsbedürf-
tige Platz bieten, für Kolonialbeamte und Private,
für Minderbemittelte wie für Wohlhabendere. Die
Errichtung dieses Sanatoriums wird einen Wende-
punkt für die gesundheitlichen Verhältnisse in der
größten unserer Kolonien bilden. Gebirgssanatorien
und ganze Wohnplätze zu dauerndem Aufenthalt im
Vorgebirge, womit in Buea, nach dem Vorbild von
Batavia, der Anfang gemacht ist, werden auch in
unseren Kolonien dafür sorgen, daß Malaria und
Tropenklima ihre Schrecken verlieren.
Sanitätsvorschriften gegen Malaria.
Das Komitee der Liverpooler Schule für Tropen-
medizin hat zur Beachtung durch die Geschäftsleute
an Orten, wo Malaria (Wechselfieber) einheimisch
ist, nachstehende Anweisungen herausgegeben: