Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

Jeden Morgen 7 Uhr geht der Katechist in die 
Schule; eine Trompete ruft die Schüler herbei. Die 
ersten Stunden sind den Leseübungen gewidmet, dann 
prägt der Lehrer den Schülern Wort für Wort ein 
Stück aus dem Katechismus ein und gibt die not- 
wendigen Erläuterungen dazu. Es ist eine Freude, 
wie die Kinder ihren Katechismus lernen. Fragen 
Sie eine beliebige Seite, sie werden aus dem Kopfe 
antworten. Und ihre Antworten sind nicht mechanisch, 
nur dem Wortlaute nach, nein, man hört sofort, daß 
sie verstehen, was sie sagen. Unsere Kinder haben 
im allgemeinen einen lebhaften Geist, eine scharfe 
Auffassungsgabe; wir haben hier viele darunter, die 
mit jedem europäischen Schüler den Wettbewerb auf- 
nehmen können. 
Augenblicklich müssen wir uns leider noch auf 
den einfachsten Unterricht im Lesen beschränken, denn 
es fehlt uns an Lesebüchern. Zum Unterrichte im 
Schreiben konnten wir noch nicht übergehen, denn 
für so viele Kinder würden wir viele Schiefertafeln 
gebrauchen, deren Anschaffungs= und Transportkosten 
unsere Kasse nicht tragen kann. Da mir speziell die 
Sorge für die Schulen obliegt, so wende ich mich 
an Sie und Ihre Leser zu Gunsten meiner vielen 
Schüler, die jeden Tag betteln: „Pater, wann fangen 
wir an zu schreiben? Wir wollen schreiben lernen, 
Pater!"“ Fast alle Kinder unserer Außenschulen, 
etwa 1500, können schon ziemlich lesen, und ich 
wünschte sehr, mit dem Schreibunterricht beginnen 
zu können. Aber, wie gesagt, mein Wunsch schafft 
noch nicht das nötige Material an Tafeln und 
Griffeln. Unser ganzes Schulmaterial ist hier in 
Kilema in Gebrauch; hier kommen die Kinder, ab- 
gesehen vom Katechismusunterricht in den Morgen- 
stunden, jeden Nachmittag 1 1/2 Stunden, um sich im 
Lesen, Schreiben und Rechnen zu üben. Eine große 
Anzahl unserer Schüler schreibt schon recht genau an 
der großen schwarzen Tafel, und wenn ich so die 
Runde mache, um zu korrigieren, so finde ich, daß 
mancher seinen Namen recht deutlich auf dem Holz 
der Schiefertafel eingraviert hat. 
Seit einiger Zeit haben wir auch begonnen, 
35 Erwachsenen, darunter dem gegenwärtigen Häupt- 
ling von Kilema, die ersten Anfangsgründe der 
deutschen Sprache beizubringen. Sie haben jeden 
Morgen 1½ Stunde. Es ist das eine schwere 
Arbeit, die viel Geduld erfordert, aber für die Zu- 
kunft großen Nutzen bringen wird. Mehrere der 
Schüler machen bereits gute Fortschritte, sprechen die 
deutschen Worte leidlich gut aus und behalten sie im 
Gedächtnis, so schwer auch der Anfang ist. Sie sind 
übrigens sehr lernbegierig, und das verspricht gute 
Erfolge. 
Von Herzen gern widmet der Missionär seine 
Zeit, seine Mühe und Sorge den Schulen, beruht 
doch auf diesen die Zukunft. Aus den Schulen 
melden sich jedes Jahr so 70 bis 80 Zöglinge zur 
hl. Taufe. Aber diese Schulen fordern auch erheb- 
liche Ausgaben, muß doch der Pater Obere unserer 
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Station jeden Monat schon 10 bis 12 Katechisten 
löhnen. Und da kommt es leicht vor, daß die Kasse 
leer ist und die Zahlung verschoben werden muß. 
Eigentlich müßten wir noch 5 oder 6 Katechisten 
mehr anstellen, denn einzelne derselben haben bis zu 
200 Schüler zu unterrichten; aber wir haben schon 
Mühe, die bisherige Zahl zu unterhalten. 
Neben dem Deutschen, dem Lesen, Schreiben und 
Rechnen üben wir in den Schulen besonders das 
Kisuaheli. Es ist erstaunlich, wie leicht die Kinder sich 
daran gewöhnen, wie rasch sie alle Regeln des Kisuaheli 
erfassen. Und das ist um so auffallender, weil das 
hier gesprochene Kidschaga vom Kisuaheli ganz und 
gar verschieden ist. Den Missionaren, die vor 
12 Jahren nach Kilema kamen, ist es zu danken, 
daß heute das Kisuaheli von der Küste auch hier im 
Gebirge verstanden wird. Die sonntägliche Predigt 
wird stets in Kisuaheli gehalten, und man kann sicher 
sein, daß die große Mehrzahl sie versteht. Freilich, 
will der Missionar mit den älteren Generationen 
reden, so kann er das nicht, ohne zuvor selbst das 
Kidschaga, die alte Landessprache, geübt zu haben. 
Nur so kann er mit den älteren Leuten verkehren, 
ihnen religiösen Zuspruch erteilen und besonders sie 
in Todesgefahr für die heilige Taufe vorbereiten. 
Wie ich schon erwähnt, haben wir hier jährlich 
70 bis 80 Taufen. Darunter sind aber auffallend 
wenig Mädchen. Das erklärt sich aber daraus, daß 
wir Ordenspriester unseren Verkehr mit dem weib- 
lichen Geschlechte auf das allernotwendigste beschränken 
müssen, daher auch bei demselben weniger Zutrauen 
finden. Unser Bischof Msgr. Allgeyer hat deshalb 
beschlossen, Missionsschwestern nach Kilema zu schicken, 
die sich der Erziehung der Mädchen widmen sollen. 
Augenblicklich sind wir eifrig daran, für die zu er- 
wartenden Schwestern ein Unterkommen zu errichten, 
das einigermaßen gegen Sturm und Regen schützt. 
Gelegentlich des letzten Besuches hier hat der Bischof 
feierlich den Grundstein dazu gelegt. 
Ein erhebendes Schauspiel bietet uns jeden 
Sonn= und Feiertag die großartige Teilnahme der 
Bevölkerung an der heiligen Messe und der Predigt. 
Das Kirchlein ist wirklich zu klein, um alle die 
Menschen zu fassen. Die Schulkinder singen alle 
gebräuchlichen Kirchenlieder und verleihen dadurch 
dem Gottesdienste ein feierliches Gepräge. Leider 
leistet unser altersschwaches Harmonium wenig mehr; 
es hat seit Gründung der Station Dienste getan, 
müßte aber außer Tätigkeit gesetzt werden. Aber 
woher Ersatz nehmen? 
— 
RKus fremden HKolonien und 
Produktionsgebieten. 
Uganda-Telegrapy. 
Nach Londoner Muteilungen ist die Uganda- 
Telegraphenlinie jetzt bis Butibia am Albert-Nyanza
	        
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