ganze Jahr hindurch herrschenden Sterbekrankheit
völlig aussichtslos.
Der Rinderreichtum des Ovambolandes ist schwer
zu schätzen, aber anscheinend größer als der jetzige
der Hereros. Die Biehzucht könnte viel umfang-
reicher betrieben werden, wenn nicht wieder die nur
zu begründete Furcht der Leute, daß ihnen das Vieh
durch den Häuptling oder den Vormann genommen
würde, ein Hemmnis wäre. Das Vorhandensein
zahlreicher Tränkstellen aus alter Zeit, welche zum
Tränken großer Mengen Vieh geeignet sind und
heute nicht mehr benutzt werden, läßt darauf schließen,
daß der Rinderbestand früher ein ganz bedeutender
gewesen sein muß. Die Rinderpest der verflossenen
Jahre allein kann einen solchen Rückgang nicht herbei-
geführt haben; es scheinen vielmehr noch andere Um-
stände mitgewirkt zu haben.
Das Ovamboland ist außerordentlich reich an
Rivierbildungen, besonders im Gebiet des Ukuanjama-
stammes, wo sie in einem regellosen dichtverzweigten
Netz das Land durchziehen. Die Riviere sind als
alte Abflüsse des Kunene und anscheinend auch des
oberen Otavongo bei Hochwasser anzusehen und
haben in früherer Zeit sicher große Wassermengen
geführt. Jetzt verflachen sie sich von Jahr zu Jahr
mehr und sind stellenweise in Ondonga kaum noch
als Riviere zu erkennen. Schon einige starke Regen-
güsse genügen, manche Riviere vorübergehend unter
Wasser zu setzen, aber erst etwa im Februar, wenn
der Kunene seinen höchsten Wasserstand erreicht hat,
füllen sich die Riviere ½ bis 1 m hoch mit Wasser,
das kaum merklich in südlicher Richtung gegen die
Etoschapfanne hin abfließt. Der Wagenverkehr ge-
schieht dann im Wasser. Durchschlag tritt dann erst
ein, wenn sich das Wasser zu verlaufen beginnt.
Einzelne Teile des Landes müssen zur Zeit der
Uberschwemmung den Eindruck eines riesigen Sees
machen, aus welchem die Acker der Eingeborenen mit
ihren Werftanlagen als busch= und baumbestandene
Inseln nur wenig aus dem Wasser herausragen.
Die Riviere und die der Uberschwemmung regel-
mäßig ausgesetzten Gebiete sind frei von Büschen
und Bäumen, zeichnen sich aber durch üppigen Gras-
wuchs aus; der Boden ist mit den fruchtbaren Ab-
lagerungen der jährlichen Überschwemmungen über-
deckt. Die ½ bis etwa 4 m häher gelegenen
Uckerflächen zeigen oben eine lockere, weiße Sand-
schicht, unter welcher sich in mäßiger Tiefe gute,
dunkle Muttererde findet.
Wasser ist im Ovambolande während des ganzen
Sommers genügend vorhanden, teils offen an
niedrigen Stellen der Riviere in Vleys, teils in ge-
grobenen Brunnen. Man findet Wasser überall, je
nach der Höhenlage der Ortlichkeit, in 2 bis 8 m
Tiefe unter der Oberfläche. Das offene sowie in
den Rivieren gegrabene Wasser ist stets füß; auf
den höher gelegenen Stellen tufft man beim Graben
meist salziges Wasser, und diese Erscheinung erklärt
sich damit, daß im Laufe der Zeit die oberen Erd-
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schichten ausgelaugt find, die unteren dagegen ihren
Salzgehalt bewahrt haben.
Die Anstrengungen der Reise hatten die Ochsen
schon bis Ukuanjama ganz ungewöhnlich erschöpft; mit
den abgetriebenen Tieren die Reise bis zum Kunene
fortzusetzen, war völlig ausgeschlossen. Sie bedurften
unbedingt einer mehrwöchigen Ruhe. Wenn auch
nicht anzunehmen war, daß die Tiere in dieser Zeit
bei dem schlechten, ungewohnten Futter die alten
Kräfte wiedererlangen würden, so konnten sie sich
doch soweit ausgeruht und erholt haben, daß Aus-
sicht auf Weiterführung der Reise nach dem Okavango
vorhanden war. So wurde denn für die Expedition
nach dem Kunene von der Witwe des Missionars
Stahlhut ein Gespann Ochsen gemietet und die
Reise dorthin nur mit der Karre am 24. August
angetreten. Der Weg führte über Oniva an der
Werst des Häuptlings Ujulu vorbei, bei welcher ein
Bur namens Delaporte angetroffen wurde.
Der Kunenefluß wurde am 30. August erreicht.
Der Weg führte eine Strecke weit durch das Gebiet
der gefürchteten räuberischen Ombandja. Als Be-
deckung war uns daher auf unser Ersuchen von Ujulu
eine 15 Manm starke Begleitmannschaft mitgegeben
worden. Da sich jedoch unterwegs kein Ombandja
blicken ließ und die Gefährlichket dieses Ovambo-
stammes anscheinend übertrieben war, so wurde die
Begleitmannschaft nach Erreichen des Kunene abge-
lohnt und beschlossen, ohne eine solche später die
Rückreise anzutreten. Um vor Uberfällen und Vieh-
diebstählen durch die auf dem linken User des Ku-
nene wohnenden verrufenen Ovambostämme, die
Evare und Ombandjia, gesichert zu sein, wurde über
den Fluß gesetzt und in einiger Entfernung von dem-
selben ausgespannt. Das übersetzen ging an einer
vielbenutzten Furt ohne Schwierigkeit von statten,
weil der Kunene beinahe seinen niedrigsten Wasser-
stand erreicht hatte. Das Gepäck wurde, damit es
vor Naßwerden geschützt war, besonders in Booten
hinübergeschafft. Diese Boote sind aus den Stämmen
des wilden Feigen= oder Baobabbaumes in roher
Weise durch Aushöhlen hergestellt, ungefahr 5 m
lang und können bis zu etwa 10 Zentner Gewicht
tragen. Sie werden nur durch Staken fortbewegt.
An der Furtstelle wurden gegen 20 solcher Boote
gezählt. Die Emgeborenen, welche dieses Fähr-
geschäft gewissermaßen als Monopol betreiben, stehen
unter einem Vormann, mit welchem alle Verhand-
lungen geführt werden.
Der Kunene ist der Typus eines verwilderten
Flusses. Sein Bett ist etwa 120 m breit und 3
bis 4 m tief in das Gelände eingeschnitten. Die
Wassernefe beträgt zur Zeit des niediigsten Wasser-
standes durchschnittlich etiwa 1 m, die Geschwindigkeit
wurde mittels Oberflächenschwimmer zu 0,56 m Sek.
bestimmt. Die Flußsohle ist mit zahlreichen sich fort-
während verändernden Sandbänken durchse-tzt, der
Stromstrich äußerst wechselnd. Ein hoher dichter
Rohrgürtel säumt die Ufer ein, die steil und häufig