Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

pflichtet ist, die zu kündigende alte Anleihe zu einem 
Kurse von 105 Prozent zurückzuzahlen. 
Die Vertreter der Gesellschaft erklärten, in den 
Zugeständnissen, die in den §§ 1 und 2 des neuen 
Vertrags enthalten sind, ein hinreichendes Aquivalent 
für die vollständige und vorbehaltlose Aufgabe ihrer 
bevorrechteten Stellung nicht erblicken zu können. 
Im Wege langwieriger Verhandlungen ist es jedoch 
schließlich gelungen, auch über den erstrebten all- 
gemeinen Verzicht der Gesellschaft auf ihre Privi- 
legien eine gütliche Einigung herbeizuführen. Dieses 
Ergebnis wurde dadurch erreicht, daß einmal seitens 
des Reichs der Gesellschaft eine zwar nicht in Bar- 
geld bestehende aber immerhin vermögenswerte 
zusätzliche Leistung zugestanden wurde, und daß 
andererseits der Gesellschaft gewisse nach Art und 
Umfang unschädliche Reste ihrer bisherigen Privi- 
legien belassen wurden. 
Die zusätzliche Leistung des Reichs ist enthalten 
im § 3 des neuen Vertrags. Sie besteht darin, 
daß der Gesellschaft ein bestimmter Betrag ihrer 
eigenen Anteilscheine zurückgegeben wird, nämlich 
Stamm-Anteilscheine im Nennbetrage von 408 000 Mk. 
und Vorzugs-Anteilscheine im Nennbetrage von 
67 000 Mk., die im Jahre 1898 durch den Bankier 
von der Heydt dem Landesfiskus von Ostafrika ge- 
schenkt worden sind. Die Stamm-Anteilscheine haben 
bisher nur in einem einzigen Jahre Dividende ab- 
geworfen (2 Prozent); ihr Wert für die Gesellschaft, 
in deren Bilanz sie zu ihrem Nennbetrage figurieren, 
ist zweifellos ein nicht unbeträchtlich höherer als ihr 
finanzieller Wert für das Reich. Auch das politische 
Interesse des Reichs an dem Besite von Anteil- 
scheinen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft wird 
gerade durch den neuen Vertrag, welcher die genannte 
Gesellschaft zu einer reinen Privatgesellschaft macht, 
so gut wie gegenstandslos. 
Für diese Gegenleistungen hat die Gesellschaft 
auf ihre bisherigen Vorrechte und Privilegien ver- 
zichtet (§ 4) bis auf gewisse, in den §§ 5, 6 und 7 
des neuen Vertrages gemachte Vorbehalte. Diese 
Vorbehalte belassen der Gesellschaft an Stelle ihres 
bisherigen nahezu unbegrenzten Rechtes auf Okku- 
pation herrenlosen Landes ein engbegrenztes Land- 
okkupationsrecht, einmal für je 4000 ha in der Nähe 
ihrer beiden Plantagen Kikogwe und Muoa für die 
Dauer eines Jahres, ferner ein Okkupationsrecht an 
den Eisenbahnen, die bis Ende des Jahres 1935 
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in dem Territorium, auf welches sich die Rechte der 
Gesellschaft auf Grund des Vertrags von 1890 be-- 
zogen, zur Erbauung und Konzessionierung gelangen; 
das letztere Okkupationsrecht bezieht sich auf ein 
Fünftel der rechts und links von den Bahnlinien 
gelegenen je 15 km breiten Landstreisen, während 
hinsichtlich des dem Reichstage noch vorliegenden 
Bahnprojekts Dar-es-Saläm— Mrogoro die Gesell- 
schaft in den besonderen über das Landrecht an der 
Bahn geführten Verhandlungen sich drei Siebenteile 
der je 25 km breiten Streifen rechts und links von 
der Bahnlinie vorbehalten hat. — Der zweite Vor- 
behalt der Gesellschaft geht dahin, daß in Bezug auf 
ihren Anteil an den innerhalb des bisherigen Ver- 
tragsgebiets aufkommenden Feldersteuern und Förde- 
rungsabgaben alles beim alten bleibt. Auch dieser 
Vorbehalt ist nur von geringfügiger Bedeutung, 
wenigstens so lange, als nicht in dem Vertragsgebiete 
die Gewinnung von Mineralien durch Aufschließung 
abbauwürdiger Lagerstätten einen größeren Auf- 
schwung erfährt. Die Gesellschaft hat ihren Anteil 
an den Bergwerksabgaben erst vom 1. Januar 1902 
an bezogen, und sie hat im J. Quartal dieses Jahres 
nur 145 Rupien erhalten. Da die Gesellschaft auf 
die genannten Vorbehalte großen Wert legte, glaubte 
die Reichsverwaltung an diesen Vorbehalten den 
Vertrag um so weniger scheitern lassen zu dürfen, 
als auch das Reich selbst im Interesse des ostafri- 
kanischen Schutzgebiets Wert darauf legen muß, daß 
ein so wichtiger Faktor wie die Deutsch-Ostafrikanische 
Gesellschaft nicht ganz von jeder Beziehung zu dem 
Schicksal des Schutzgebiets losgelöst wird. 
Vorbehaltlos verzichtet hat die Gesellschaft in 
dem neuen Vertrag auf ihr Einspruchsrecht gegen 
Anderungen der Zölle im ostafrikanischen Küstengebiet 
und auf ihr Recht, vor dem Erlasse von Verord- 
nungen für das Vertragsgebiet gutachtlich gehört zu 
werden; ferner auf folgende Privilegien: 
1. das Vorrecht in Bezug auf den Bau und Betrieb 
von Eisenbahnen, 
das Recht auf Errichtung einer Bank mit dem 
Privilegium der Notenausgabe, 
3. auf das Münzrecht. 
Zudem ist bei Unterzeichnung des Vertrages das 
Einverständnis beider Parteien darüber festgestellt 
worden, daß der im § 4 des Vertrages enthaltene 
Verzicht der Gesellschaft sich auch auf alle dieienigen 
Vorrechte erstreckt, die ihr auf Grund des Ver- 
trages von 1890 im Wege besonderer Verein- 
barungen zugestanden worden sind. Hierher gehört 
vor allem das Recht der Gesellschaft auf einen An- 
teil an den Erträgnissen der Holzschlagegebühr, das 
ihr durch das oben erwähnte Abkommen vom 5. Fe- 
bruar 1894 eingeräumt worden ist. Der Anteil 
der Gesellschaft hat sich in den letzten drei Jahren 
auf folgende Beträge belaufen: 
2. 
1899 2397 Rupien, 
19000 2805 - 
1901. . . . . .. 2036 
Der durchschnittliche Anteil der Gesellschaft belief 
sich mithin auf 2414 Rupien = etwa 3400 Mk., 
und dieser Betrag ist ungefähr ebenso hoch wie die 
Dividendenerträgnisse der auf Grund der von der 
Heydtschen Schenkung in den Besitz des Landesfiskus 
des ostafrikanischen Schutzgebietes übergegangenen 
Anteilscheine der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, 
die nunmehr auf Grund des neuen Vertrages der 
Gesellschaft zurückgegeben werden sollen.
	        
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