Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

mannschen Aufnahmen genommen. Die Unterkunft 
ließ bei dem Mangel an Häusern allerdings viel zu 
wünschen übrig, doch war an einem Weitermarsch 
der Expedition vorläufig trotzdem nicht zu denken. 
Eine ganze Reihe schwerer Lungenentzündungen und 
Dysenterien waren die direkte Folge der Anstrengungen. 
Erst nach sechs Tagen, am 19. Mai, konnte nach 
einem Todesfall und dem Ausscheiden dreier Er- 
krankter aus der Expedition der aus Verpflegungs- 
und Unterkunftsrücksichten dringend nötige Orts- 
wechsel ins Auge gefaßt werden. 
Da eine direkte, begangene Verbindung Eta— 
Matuli nicht existiert, schlug ich am 19. Mai den 
Weg nach Juanke ein, wurde dort nach zwei sehr 
kleinen Tagemärschen aber wiederum zu einem 
längeren Aufenthalt gezwungen, da ein weiterer 
Todesfall und 15 schwerkranke Leute schon der 
Lasten halber den Weitermarsch unmöglich machten. 
Ich mußte sogar die übrigens bereitwillig geleistete 
Hilfe der Juankeleute in Anspruch nehmen, um einen 
Teil der Schwererkrankten das letzte Wegestück heran- 
tragen zu lassen. 
Ganz im Gegensatz zu den mir zugegangenen 
Berichten war die Aufnahme in Juanke eine recht 
gute. Die Bevölkerung war zwar etwas zudringlich 
und des Verkehrs mit dem Europäer ungewohnt, 
aber keinenfalls unbequemer als in anderen neu er- 
schlossenen Gebieten. Die Verpflegungsfrage regelte 
sich völlig mühelos. .- 
Am 24. Mai ließ ich, als ich die Marschfähig- 
keit der gesunden Leute wieder genügend gefestigt 
glaubte, elne Wache mit allen schwererkrankten Leuten 
nach Ausscheiden einiger aus Not entbehrlicher Lasten 
zurück mit dem Auftrag, unter Übergabe der bis 
dahin nicht gebesserten Kranken an die Juanke- 
faktorei in einer Woche der Expedition nach Matuli 
zu folgen. Auch die schon seit Wochen unbeaussichtigt 
bei dem Matulidepot befindlichen, zur Küste be- 
stimmten ganz jungen Bertuarekruten und Träger 
bestimmten mich zu diesem Entschluß. 
Der Marsch führte durch ganz ebenes, vielfach 
sumpfiges und zur Zeit wasserreiches Gebiet, das 
weiter nach Westen gut angebaut und bevölkert war. 
Die Bevölkerung dieser Gegend ist vor noch nicht 
langer Zeit von Norden eingewandert und besteht 
durchweg aus Dörfern der in größerer Menge ab- 
wärts Elemboo am Dia sitzenden Mischstämme 
zwischen Niem und Fang, die aber durch die er- 
wähnte, von Süd nach Nord weniger breite Wald- 
zone von ihren Stammesangehörigen am Dja ge- 
trennt sind. In der Nähe von Matuli, dem von 
der Nordwestexpedition 1901 erkundeten Nt#-abeme, 
treten von Norden wieder vereinzelte, offenbar schon 
der Djawasserscheide angehörige Kuppen von bis 
zu 200 m Höhe bis nahe an den Weg heran, 
während im Süden bis Bombassa und Mabenje 
unbewohnter sumpfiger Urwald in völliger Ebene 
mit vielen Quellflüssen des Sua, eines Nebenflusses 
des Ivindo, die Route beglettet. Kautschuk (Kickria) 
ist überall in beträchtlicher Menge vorhanden. 
89 
der geringen Entfernung, 
  
  
  
  
Ich hatte offenbar den Gesundheitszustand und 
die Marschfähigkeit der Leute überschätzt, denn trotz 
die noch dazu in zwei 
Tagemärschen zurückgelegt wurde, hat sich sofort nach 
Ankunft in Matuli der Bestand an Schwererkrankten 
wieder beträchtlich vermehrt, so daß nach Ankunft 
der in Juanke zurückgelassenen Leute, von denen 
wiederum drei als durchaus marschunfähig in Juanke 
ausgeschieden worden waren, durchschnittlich 20 an 
Bronchitis, Malarla, Lungenentzündung und Dys- 
enterie Erkrankte in den schleunigst zu Matult er- 
richteten zwei Lazarettbaracken in fortwährender Be- 
handlung waren, von denen bis jetzt fünf gestorben 
sind. Ein Weitermarsch war infolgedessen für längere 
Zeit ganz ausgeschlossen, zumal nach einwöchigem 
Aufenthalt bei reichlicher Verpflegung und sehr guter 
Unterkunft noch immer einzelne Neuerkrankungen vor- 
kamen und die Rekonvaleszenten zunächst durchaus 
marschunfähig blieben. Trotzdem gedenke ich nach 
Ausscheiden aller irgend Verdächtigen am 10. Juni 
endlich den Vormarsch anzutreten, wenn dadurch 
auch die Exvedition wesentlich geschwächt werden 
sollte und die Lasten auf ein Minimum reduziert 
werden müssen. 
Die in Matuli vorgefundenen Depotlasten für 
den Marsch zur Küste waren in Ordnung. Die 
vorgefundenen Bertualeute hatten sich im ganzen gut 
benommen und waren sehr zufrieden, seit langem 
wieder reichliche Verpflegung mit all den kleinen 
Beigaben zu erhalten, die an den Djastationen nicht 
erhältlich sind. 
Die Aufnahme seitens der Matulifaktorel sowohl 
wie seitens der Eingeborenen war außerordentlich 
zuvorkommend, und es erledigten sich in einer aus 
eigener Veranlassung der Häuptlinge zusammen- 
gerufenen Versammlung alle vorliegenden Klagen in 
überraschend leichter Weise. 
  
Deutsch-SZüdwelkafrika. 
Der derero- Ausstand. 
Unter dieser Rubrik werden in chronologischer 
Reihenfolge sämtliche Telegramme gesammelt werden, 
welche durch Wolffs Telegraphenbureau über den 
Herero-Aufstand veröffentlicht werden, und welche 
somit in kürzester Form den Gang der Ereignisse 
darstellen. 
1. 
Den 12. Januar. 
Nach einer telegraphischen Meldung des Gou- 
vernements in Windhuk wird eine Erhebung der 
Herero-Bevökerung für möglich gehalten, ohne daß 
es seither zu offenen Feindseligkeiten gekommen wöre. 
Gemeldet sind Ansammlungen bewaffneter Herero- 
Abteilungen von mehreren hundert Gewehren bei 
Okahandja und Otjosafu. Zur Verfügung stehen an 
weißen Streitkräften im Norden etwa 400 Mann, 
die mobil gemacht sind, mit einem Gebirgsgeschütz
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.