Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

zum Ajene (heißt im Unterlauf Iwindo) war aller- 
dings auch außerordentlich anstrengend. Die Dörfer 
waren klein, sehr spärlich und kaum imstande, ge- 
nügend Lebensmittel für die Expedition zu schaffen, 
Fleischnahrung fehlte fast vollständig. Die Handels- 
beziehungen dieser wenigen Niederlassungen, die Misch- 
stämmen zwischen Fang und Rjem angehören, liegen 
zumeist entlang der vielen Quellflüßchen des Iwindo 
nach Süden hin, so daß von Ost nach West nur 
eine kaum begangene Verbindung existiert. Allerdings 
ist das Terrain durchweg bis zum genannten Fluß 
völlig flach, großenteils sandig, und würde bei aller- 
geringster Arbeit trotz der sehr vielen Sümpfe und 
Quellflüßchen ein brauchbarer Weg sich sehr leicht 
herstellen lassen. Die enorme Urwaldvegetation der 
laum begongenen Pfode erschwerte jedoch den Marsch 
hanz beträchtlich. Hervorzuheben wäre von deeser 
Wegestrecke, daß die Vorberge der Wasserscheide 
windo-Dja, die sich anscheinend von Ostsüdost nach 
Westnordwest zieht, einmal gesichtet werden konnten, 
und im übrigen Erkundungen ebenfalls das Bestehen 
elner solchen gebirgigen und unbewohnten Zone im 
Norden (rel. Höhe etwa 500 m) ergaben. 
Auf dieser Strecke sowohl wie weiter nach Westen 
lonnten an mehreren Stellen die Routenschnittpunkte 
mit früheren französischen Expeditionen (Lesieur und 
Crampel) mit großer Genauigkeit festgestellt werden. 
esonders die Aufnahmen des letzteren erscheinen 
mir recht zuverlässig und genau, wenn auch die 
Nentifzierung einzelner Routenabschnitte durch die 
unterdes stattgefundenen äußerst zahlreichen Dorf- 
verlegungen (etwa alle drei Jahre) recht erschwert 
war. Die wenigen auf diesem Expeditionsabschnitt 
bassierten Dörfer zelgten elne recht freundliche Hal- 
lung, waren aber, wie in allen diesen Urwalddistrikten, 
die der Europäer zum ersten Male betritt, großenteils 
untereinander verfeindet. Ich habe mich jedoch der 
zum mindesten zwelfelhaften Grenzverhältnisse halber 
einer Einmischung, so weit sie nicht direlt im Inter- 
esse der Expedition lag, enthalten. 
Am 18. wurde der Iwindo selbst, der in sämt- 
lichen Mpangwedialekten Ajene genannt wird, erreicht. 
der Fluß ist hier bereits ziemlich bedeutend. Mit 
einer Durchschnittsbreite von 40 bis 50 m ist er 
sbtral 3 bis 4 m tief. Kanus habe ich auf dem- 
siben nicht gesehen, jedoch soll er welthin in das 
anzösische Gebiet schnellenfrei sein und auch mit 
kahlreichen Kanus befahren werden. Des außer- 
ordentlich ausgedehnten, vielfach mit Bambussümpfen 
ünbefabten Überschwemmungsgebietes halber ist der 
2 ergang über den Fluß schon in der trockenen Zeit 
rccht beschwerlich, in der Regenzeit wird, falls einiger- 
süaßen zuverlässige Fährkanus nicht zur Versügung 
fahen ein Ubergang kaum möglich sein. Sehr auf- 
de end ist die fast schwarze Farbe des Wassers, die 
in Fluß auch seinen Namen, weiter unterhalb Iwindo 
6 pangwe ewindi —= schwarz) oder Eduino (— 
Erarz in Mabenje, Bombassa usw.) verschafft hat. 
dürfte diese Färbung auf die Herkunft sämtlicher 
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Quellwasser aus Sumpsstrecken zurückzuführen sein. 
Da mir eine frühere Erkundung des Agenten Bernauer 
von dem Ubergang über den Ajenefluß aufwärts be- 
kannt war, zog ich vor, den Fluß zu überschreiten 
und südlich, demselben parallel zu marschieren, noch 
ein möglichst großes Stück des Terrains um die vor- 
aussichtliche Grenze aufzuklären und erst etwa in der 
Höhe des Hoesemannschen Sugemafam nach Norden 
abzubiegen, zumal mir bekannt war, daß die weiter 
im Norden befindlichen kleinen Dörfer in der Nähe 
des Ajene und der Hoesemannschen Route kaum im- 
stande sein würden, der Expedition genügende Ver- 
pflegung zu liefern. Es war dieser kleine Expe- 
ditionsabschnitt südlich des Ajene wiederum recht 
anstrengend, da ich in den Dörfern, um die vor- 
liegende wiederum unbewohnte Strecke zu passieren, 
nicht genügend Verpflegung nehmen konnte. Es 
herrschte nämlich auch hier wieder eine starke Pocken- 
epidemie, der ich die vielen ungeimpften Bertug= und 
Kunabembeleute nach Möglichkeit nicht aussetzen 
wollte. Der von der Expeditlon südlich vom Ajene 
zurückgelegte Bogen führte durch etwas höheres Ge- 
lände, welches zur Zeit wenigstens ebenfalls kaum 
bewohnt war. Ganz außerordentlich ausgedehnte, 
längst verlassene Farmanlagen und Spuren großer 
Dörfer ließen jedoch auf eine frühere starke Bevölke- 
zung Ichen. (Angeblich Jembong, Emwoa und 
jem 
Am 24. wurde der Ajene, wieder in einer Breite 
von 40 m und etwa 2,5 m tief, überschritten und 
damit das Gebiet der halb Bule-, halb Fangstämme 
erreicht, die man Esaman nennt, und die hier bis 
in die Gegend von Ndik im Westen mit reinen 
Fangstämmen gemischt verhältnismäßig ziemlich dicht 
angesiedelt sind. Der Fluß hat hier eine fast rein 
westöstliche Richtung und soll im weiteren Oberlauf 
wieder nach Süden umbiegen. 
In dem nördlich, jenseits des Ajene, erreichten 
Unterstamm Emwoa wurde bereits eine Reihe flie- 
gender Händler der Küstenfirmen vorgefunden, die 
auch weiter im Norden am Dia jetßzt bereits so weit 
westöstlich vorgedrungen sein dürften. Die Zentrale 
dieser kaufmännischen Bearbeltung des westlichen 
Konzessionsgebietes ist die Ngue-Landschaft Rdik, in 
der schon seit Jahren vier, jetzt wohl fünf oder sechs 
genannter Firmen ansässig geworden sind und ihre 
Handelsbeziehungen weit nach Osten, ebensoweit aber 
auch nach Süden vorgeschoben haben. 
Am 26. Juni erreichte die Expedition zunächst 
wiederum die vom Dja aus Norden herabführenden 
Routen der Expeditionen Lesieur und Crampel und 
bezog bei dem sehr einflußreichen, verständigen und 
europäerfreundlichen Häuptling Anjuso, Stamm 
Esanjan, für längere Zeit Quartier. Dicht bei dem 
Dorfe des Anjuso erheben sich drei vollständig nackte 
Granit= bezw. Syenitbuckel, der Akoge-mfem, Benjate 
und Bengoi, die alle drei schon aus den Crampelschen 
Itineraren ersichtlich sind. (Die Namen bedeuten: 
nackter Stein, viele Büffel, viele Pinselohrschweine.) 
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