Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

eine andere Einrichtung der Trägerbeschaffung durch 
die Firmen erscheint. Die jetzt den Transport be- 
sorgenden Küstenträger (Ngumba, Jaunde, Bane, 
Mabea) sind im allgemeinen schwer dazu zu bewegen, 
weiter ost-- oder südwärts über Ndik hinaus vorzu- 
gehen, während die Landeseinwohner, wie ich des 
öftern mich zu überzeugen Gelegenheit nahm, zu 
Trägerdiensten nur deshalb vorläufig nicht zu haben 
sind, weil sie fürchten, die für ihre Begriffe außer- 
ordentlich große Entfernung von Ndik zur Küste 
durch Gebiete, die ihnen vor kurzem noch nur durch 
Hörensagen bekannt waren, zurücklegen zu müssen. 
Die erstrebenswerte Lösung wäre m. E. die Ein- 
richtung größerer Sammeletappen der Firmen jedoch 
keinesfalls östlicher wie der 12. Grad, die den Waren- 
nachschub von der Küste und den Produktentrans= 
vort dorthin ganz selbständig besorgen, so daß den 
ostwärts und südwärts vorgeschobenen Faktoreien mehr 
freie Hand zum eigentlichen Einkauf bleibt und die 
Möglichkelt gegeben wird, die zahlreiche, anscheinend 
auch recht billige Landesbevölkerung sich dienstbar zu 
machen. Ganz ähnlich liegen übrigens die Verhält- 
nisse für die Jekomba-Faktoreien. 
Infolge mehrerer Erkrankungen und der noch 
immer großen Schonungsbedürftigkeit von Rekonva- 
leszenten rastete ich in Ndik bis zum 24. Auch 
hier wurde von dem freigeschlagenen Faktoreihügel 
aus eine größere Rundpeilung in besonders nach 
Südosten hin sehr bergiges Terrain vorgenommen. 
Die Aufnahme seitens der Vertreter der in Ndik 
ansässigen Firmen war eine außerordentlich liebens- 
würdige. Auch die Stimmung in dem farbigen 
Personal, dos im Gegensatz zu den hohen Kongo- 
preisen hier sehr billig und in großer Auswahl seine 
mannigsachen kleinen Bedürfnisse decken konnte, war 
eine sehr gehobene. Ich habe natürlich auch in Ndik 
die Gelegenheit benutzt, unter sehr interessierter Be- 
teiligung der verschiedenen Firmenvertreter die hler 
völlig unbekannte rationelle Kautschukbereltung vor- 
zuführen. Verschiedene von den Kaufleuten in Ndik 
mir zur Verfügung gestellte rohe Skizzen und Er- 
läuterungen zu dem großartigen umliegenden Berg- 
banorama gaben mir manchen Aufschluß und seu- 
wärts der Routenskizze vieles Füllmaterlal. Die 
Bevölkerung war übrigens hier zlemlich scheu, wenn 
ich auch über ihr Entgegenkommen nicht klagen kann, 
im Gegenteil ist während meines Aufenthalts in 
Ndik der Weg Ndik—Mgulemakong fast durchweg 
in ausgezeichneter Weise breit ausgeschlagen, mit 
rücken versehen und instand gesetzt worden. 
elche Bedeutung dieser Ort übrigens als Handels- 
zentrale gewonnen hat, geht daraus hervor, daß 
während der ganzen Dauer meines Aufenthalts kein 
ag vergangen ist, an dem nicht eine mindestens 
30 Käpfe starke Karawane angekommen und eine 
ebensolche zur Küste abgegangen ist. 
Der am 25. Juli angetretene Weltermarsch nach 
Agulemalong vollzog sich wiederum in verhältnis- 
mäßig kleinen Tagemärschen trotz der sehr guten 
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Wege. Elnmal war ich selbst aber nicht mehr kräftig, 
sondern ziemlich blutarm und von häufigen Milz- 
und Leberschmerzen geplagt, obwohl ich auf der ge- 
samten Expedition fieberfrei geblieben bin, dann aber 
hatte der Agent Bernauer der G. S. K. sehr schmerz- 
hafte und langwierige Drüsenanschwellungen bekommen, 
die ihn recht mitnahmen. Um so mehr erkenne ich 
an, daß er mir in durchaus sachgemäßer Weise bei 
der Masse Kleinarbeit der Expedition, die der Man- 
gel an geübtem Unterpersonal uns auferlegte, in 
jeder Hinsicht zur Hand ging. Vor allem bei der 
zeitraubenden allabendlichen Itinerarkonstruktion war 
er mir ein durchaus zuverlässiger Mitarbeiter. 
Der Weitermarsch führte in jetzt rein nordwest- 
licher Richtung, drei größere Straßen nach Ebolwoa 
links lassend, durch dicht von Bule besiedelte bergige 
Gegenden am 30. nach Ngulemakong. Es wurden 
passiert die Bulestämme Jemesem, Jengab, Jemweng, 
Jewol, Ndong, Jekomba und Jembong, welch letzte- 
rer Bulestamm eine halbe Stunde vor Ngulemakong 
an der Route der Bane-Expedition 1898 und der 
Nordwestexpedition 1901 dem Banestamm Vogesang 
angrenzt. Gegen alles Erwarten wurde auch auf 
diesem letzten Expeditionsabschnitt durch bis dahin 
unbekanntes Gebiel kein Zufluß des Dia, vor allem 
nicht der sicher vorausgesetzte Lobo, passiert. Viel- 
mehr führte der Weg aus dem Gebiet des vorher 
erwähnten Mbua zu dem Nlobe mit selnen Neben- 
flüßchen, der ebenfalls, mit dem Mbua zusammen 
zum Kom fließt. Dieser Nlobe ist übrigens der 
einzige Name, den ich bei Fourneau identifizieren 
konnte. Eine kaum merkliche Wasserscheide führte 
am 27. kurz vor dem ehemaligen Militärposten 
Njenge, zu dem dort schon ziemlich bedeutenden 
Palla, einem Nebenfluß des Njong, den ich bereits 
1898 welter unterhalb überschritten und auch an 
seiner Mündung festgestellt habe. 
Die wie erwähnt dicht bevölkerte Gegend wird 
kaufmännisch nur noch in ganz geringem Maße 
durchweg bearbeitet. Sie scheint vielmehr fast aus- 
gebeutet und erhält ihren Warenbedarf größtenteils 
nur noch durch Lebensmittelverkauf an die weiter 
im Süden nach Ndik, weiter im Norden nach Je- 
komba fortwährend durchpassierenden Karawanen. 
Das Entgegenkommen, allerdings verbunden mit 
einer sehr merkbaren Scheu vor dem Europäer, war 
auch auf dlesem Expeditlonsabschmtt durchweg ein 
zufriedenstellendes. 
Ein eintägiger Aufenthalt in dem bereits 1898 
erkundeten Ebenge, das auf einem hohen freien Hügel 
helegen ist, verdient eine kurze Erwähnung. 
wurde dort nämllch eine sehr reichhaltige Rundpeilung 
vorgenommen, die einesteils welt zurückgelegene Berg- 
züge, dle die Expedition überschritten hatte, wieder 
zu Gesicht brachte, anderseits eine Reihe im Nord- 
westen am Horizont erkennbare Kuppen, die auf der 
mehrerwähnten Karte des Bezirks Lolodorf bereits 
eingezeichnet sind, identifizieren konnte. Auch erregte 
eine von Mbasongo (Stamm Esekol), einem längeren
	        
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