Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Diagara ist ein über 6 Fuß langer, energisch 
dreinblickender, gut aussehender junger Häuptling, 
vielleicht 35 Jahre alt, der sich in seiner tscherkessen- 
ähnlichen Tracht sehr malerisch ausnimmt, entschieden 
ein brauchbarer Freund und ein nicht zu unter- 
schätzender Gegner. 
Am 31. Oktober ritt Djagara mit seinen Reitern 
unter großem Getöse ab. Der Tag wurde von mir 
im wesentlichen durch Vorbereltungen zur Weiterreise 
ausgefüllt. Als Merkwürdigkeit muß ich noch an- 
führen, daß wir am 30. Oktober morgens 5 Uhr 
als Mi#imaltemperatr —+ 16 C hatten, nachmittags 
+ 39 C. 
Das Zusammentreffen verschiedener Umstände 
veranlaßte mich am 1. November, meinen ursprüng- 
lichen Reiseplan wesentlich zu ändern. Einmal 
meldete Leutnant Schipper aus Karnak-Logone 
authentisch, daß der Weg von dort nach Marua zur- 
zeit wegen Hochwassers unpassierbar sei, und be- 
stätigte damit die mehrfachen Angaben der Ein- 
geborenen, daß man auch den ganzen November über 
von Karnak-Logone bis in die Nähe von Marna 
(etwa Balda) nur in Kanus verkehren könne. Ich 
hätte also von Kusseri bezw. Karnak aus wieder 
nach Dikoa zurück gemußt und war damit auf ganz 
denselben Rückweg angewiesen. Sodann erschienen 
am 31. Okt. abends Gesandte des Sultans Mohammed 
von Karnak-Logone, die das Eintreffen dieses 
Herrschers auf den 1. Nov. anmeldeten. Ein Besuch in 
Gulfei und Karnak war damit überflüssig und hätte 
nur unnütz Zeit und Geld gekostet. Jedes Reisen 
südlich der Karnak—Marua-Route zu Pferde und zu 
Fuß ist noch auf 4 Wochen hin ausgeschlossen. Ich 
entschloß mich daher, auf die geplante Weiterreise 
zu verzichten und von hier aus den Rückmarsch an- 
zutreten. 
Sehr merkwürdig ist der Unterschied im Wasser- 
stande zwischen den von mir durchreisten Gebleten 
an der englischen Grenze und der Logone-Schari- 
Gegend. Während auf dem ersteren Wege alles 
trocken ist, ja fast schon Wassermangel herrscht, hat 
der Tschadsee, an den man wegen der mellenwelten 
Uberschwemmungen jetzt von hier aus gar nicht 
heran kann, ungefähr seinen höchsten Wasserstand, 
und das ganze Schari-Logone-Becken steht unter 
Wasser. 
Am 2. November zog Sultan Mohammed von 
Karnak Logone mit großem Gefolge in Dikoa ein 
und wurde von mir nachmittags empfangen sowie 
dem Scheich Sanda noch eine Abschiedsaudienz 
gewährt. 
Am 3. trat ich die Rückreise an, noch eine weite 
Strecke begleitet von Dikoa= und Logonereitern. Die 
Verhältnisse veranlaßten mich, den gleichen Weg zu 
wählen; einmal lag mir daran, Mandara und Marua 
noch wieder zu besuchen, sodann wollte ich den von 
der deutsch-englischen Grenzexpedition ausgesogenen 
Weg über Madagali-Mubi vermelden. Die Relise 
verlief ohne Zwischenfall, die Distanzen wurden mit 
  
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den elnmarschierten Trägern und den trainierten 
Pferden noch schneller zurückgelegt als auf dem 
Hinmarsch, so daß ich z. B. den allerlängsten Marsch 
der ganzen Strecke von Songoia nach Ndokula in 
4 Stunden, und von Pitoa nach Garua in 1 Stunde 
40 Minuten geritten bin. Pferde und Leute waren 
während der ganzen Reise in ausgezeichnetem Zu- 
stande. 
Am 6. traf ich in Bama mit der gesamten 
deutschen Grenzexpedition nochmals zusammen, was 
durch ein gemeinschaftliches Diner gefeiert wurde. 
Am 7. war kurz vor dem Abreiten die Tem- 
peratur auf + 13 C gefallen, gegen die + 37.0 
des vorigen Nachmittags empfindlich kalt. Dies 
war jetzt die Regel bis einen Tagemarsch vor Garua. 
Am 14. passierte ich Marua, machte in Songoia 
einen Ruhetag und traf am 26. November morgens 
6,45 in Garua ein, wo ich die lang entbehrte Post 
aus Deutschland vorfand. 
Bericht des Stationschefs von Osfldinge, Grafen 
kv. Pückler-Limpurg, über die zweite Reise in das nord- 
östliche Croßgebiet, vom 10. bis 27. September 290S. 
Der inzwischen am 22. Januar d. Is. im Kampfe 
gegen die Eingeborenen gefallene Leutnant Graf 
v. Pückler= Limpurg berichtet über seine zweite Reise 
in das nordöstliche Croßgebiet folgendes: 
Am 10. September trat ich meine selt längerer 
Zeit geplante Reise nach Bitelu und dem noch un- 
erforschten Nordosten des Bezirks Ossidinge an. 
Die Expedition setzte sich zusammen aus einem 
farbigen Sergeanten, dreißig Polizelsoldaten und der 
nötigen Anzahl Träger und Dolmetscher. Außerdem 
war von der Leltung der Gesellschaft Nordwest- 
Kamerun Herr Willhöfft beigegeben worden, der 
diese Gebiete, insbesondere Bitéku, auf ihre Be- 
deutung für den Handel untersuchen sollte. 
Am ersten Tage brachte uns die Barkasse I. der 
Gesellschaft Nordwest-Kamerun Croß= aufwärts bis 
an die Kescham-Landungsstelle. Nachmittags 4 Uhr 
erreichten wir Kescham. 
Am 11. September mußten wir zunächst vom 
Nordostausgange von Kescham den Mam im Falt- 
boot und einem gebrechlichen Kanu überschreiten, 
was nahezu zwei Stunden in Anspruch nahm. 
Dann marschierten wir bis 10½ Uhr auf dem 
Wege nach Badje, wo die Straße nach Osten, nach 
der Landschaft Njang, sich abzweigt. Um ½38 Uhr 
trafen wir in dem Dorf des Häuptlings Tawi ein, 
woselbst ich bereits am 27. und 28. April gelagert 
hatte. Der folgende Tag brachte uns nach drei 
Stunden Marsch in das letzte Njangdorf; von hier 
aus sollte es eine starke Tagereise nach Biteku sein, 
so daß ich in Njang Unterkunft bezog. Der heutige 
Marsch führte durch alte und neue Farmen, kleine 
Njangdörfer und war durch das coupierte Gelände, 
die schlechten Wege und die zahlreichen in den
	        
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