Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

überschreiten, dazwischen längere Strecken im Fluß- 
bett selbst zurücklegen. 
Um 1 Uhr 9 Min. trafen wir in Tschinta 
(Häuptling Etararo) ein, welches, in ein enges Tal 
eingezwängt, durch seine ungewöhnlich kleinen Hütten 
auffällt. In Tschinta wird Kindem, ein dem Ban- 
iang ähnliches Idiom gesprochen. 
Herr Willhöfft kehrte am 17. morgens nach 
Bitsku zurück, um die Einrichtung der dortigen 
Faltoret zu kontrollieren. Am 19. und 20. mar- 
schierte er von Bitéku durch den Urwald nach 
Mbakum und hat die Aufnahme dieses Weges in 
dankenswerter Welse der Station zur Verfügung 
gestellt. 
Der 17. September war für mich der an- 
strengendste, aber auch interessanteste Marsch. 
3¾ Stunden nach Verlassen von Tschinta erreichte 
ich das Dorf N'ita, welches am Mo, einem großen, 
rechten Nebenfluß des Croß liegt; von hler gelangt 
man, nach Uberschreiten des Mo, auf einer Hänge- 
brücke in die Kindemdörfer und damit in- den 
Bezirk Fontem. Dem Mo werden wir im Laufe 
der nächsten Tage noch öfter begegnen; ich habe 
denselben von seinem Anfangsstadium bei Babe bis 
zu seiner Mündung in den Croß bei Mfato ver- 
solgt und damit die natürliche Nordostgrenze der 
Bezirke Fontem und Ossidinge gefunden. 
Hinter N'ta hatten wir eine sehr starke Stelgung 
zu überwinden; um ½10 Uhr gelangten wir an 
einen rechten Seitenarm des Mo (gleichfalls Mo 
genannt), den wir auf einer sehr schwankenden 
Hängebrücke überschritten. Um 1¼ Uhr zweigte ein 
Weg nach Osten ab, nach Fomuno; es dürfte dies 
die Straße sein, die über Badibni, Bagudjang nach 
Bali führt. 
Wir marschierten den Weg nach Babe welter, 
der mit seinen ständigen Steigungen, zahlreichen 
Wasserläufen, vom Regen durchweichten Sumpfadern 
starke Anforderungen an die Marschleistungen, ins- 
besondere der Träger, stellte. Um 4 Uhr traten 
wir aus dem Urwald in die ersten Babefarmen 
und bekamen damit einen freien Ausblick auf die 
umliegenden Berge, welche teils bereits mit Gras 
bestanden sind. Um 5 Uhr 57 Min. trafen wir bei 
strömendem Regen und einbrechender Dunkelhelt in 
einem größeren Babedorf ein, dessen Einwohner auf 
die Kunde von unserem Kommen sämtlich geflüchtet 
waren. Nur einige von unseren Haussojägern traf 
ich an, sowie einen alten Babemann, der als Be- 
obachtungsposten zurückgelassen war; auch dieser ver- 
schwand bald, unter dem Vorwand, Lebensmittel zu 
holen, auf Nimmerwiedersehen. 
Ganz nahe bei Babe fließt der Mo, hier noch 
ein kleiner Fluß, während er berelts bei Nr'ta eine 
Breite von 40 m erreicht. . . 
Als ich am 18. morgens aus dieser unwirt- 
lichen Gegend wieder nach Süden abrücken wollte, 
erschienen zwei Eingeborene aus einem anderen 
Babedorf mit Lebensmitteln und baten mich, ihren 
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Häuptling zu besuchen; wir marschierten nun 40 Mi- 
nuten nach einer höher gelegenen Babeniederlassung, 
welche zunächst ebenfalls verlassen war. Der Häupt- 
ling Bobo hatte sich vorsichtigerweise auf einen 
nahen Berg begeben, um den Gang der Dinge 
abzuwarten. Nach einer Stunde brachten ihn die 
belden Babeboten und meine Dolmetscher mit seinen 
Leuten ins Dorf zurück. 
In Rücksicht auf die durch den gestrigen Marsch 
ermüdete und hungrige Expedition, hauptsächlich 
aber, um über Babe und Umgegend näheres zu 
erfahren, blieb ich am 18. dort. 
Das Ergebnis meiner Erkundigungen war nun 
folgendes: Der Bitêku= und Babestamm wohnte 
früher gemeinsam im heutigen Babe. Die Bitsku- 
leute haben sich später, anscheinend vor etwa 
50 Jahren, nach Süden, ihren heutigen Wohn- 
sitzen, gewendet. Babe ist ein Hauptsklavenmarkt, 
Keaka bis nach Calabar werden Babesklaven 
ausgeführt. 
In den bedeutenden Urwäldern westlich Babe 
soll es viel Gummi geben, es wird jedoch zur Zeit 
wenig geschlagen, da der Absatz gering ist. Früher 
sollen die Banjang viel Gummi hier gekauft haben, 
seit der Gründung der Stationen Tinto und Ba- 
menda widmen sie sich in erster Linie dem Träger- 
dienst. Es handelt sich also hier darum, die Gummi- 
produktion auf jede Weise zu fördern; eln Anfang 
hierzu ist bereits durch die Gründung einer Faktorei 
in Bitsku gemacht, welche ihr Handelsgebiet leicht 
bis Babe ausdehnen kann. Von den Faktoreien am 
Croßfluß werden Ol und Kerne gekauft, und die 
Eingeborenen des Bezirks Ossidinge finden somit für 
diese Produkte leicht Absatz. 
Die Einwohner der Landschaft Babe heißen 
Kebe, haben eine eigene Sprache und werden von 
den südlich gelegenen Stämmen als „AUeeine Leute"“ 
bezeichnet. Es erklärt sich somit die Fabel von den 
sogenannten Zwergvölkern, welche in dieser Gegend 
hausen sollten. Die Kebes sind allerdings klein ge- 
baut, haben jedoch durchaus nichts Zwerghaftes an 
sich und sind ganz normal entwickelt. - 
Babe liegt sehr schön, etwa 510 m hoch, ähn- 
lich wie Fontemdorf, rings von hohen Bergen um- 
geben, welche teils mit Gras, teils mit Urwald, 
vornehmlich Palmenwäldern, bestanden sind. Die 
Hütten aus Lehm sind klein, mit Mattendach und 
den im Hochland der Kälte wegen üblichen kleinen 
Türöffnungen versehen. Die Dörfer liegen ganz 
verstreut in Bananenhainen, kaum drei oder vier 
Häuser stehen beisammen. An einheimischer In- 
dustrie habe ich nichts Neunenswertes bemerken 
können, außer einigen schön verzierten Kalebassen 
zur Aufnahme des Mimbo, welcher aus den zahl- 
reichen Palmen in großen Mengen gewonnen und 
vertilgt wird. 
An Waffen führen die Leute die langen Busch- 
flinten. Babe bildet die Nordostecke des Bezirks 
Ossidinge, ich schätze, daß man in einem oder zwei
	        
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