Bericht des Kaiserlichen Gouvernements
vom 8. Februar 1904.
Windhuk, den 8. Februar 1904.
Die Absicht, den Bericht vom 20. Jonuar durch
einen eingeborenen Boten noch zum Anschluß an den
Ende Januar von Swakopmund abfahrenden Dampfer
zur Küste gelangen zu lassen, konnte leider nicht aus-
geführt werden. Durch den am Morgen des 21. Januar#
von der Abteilung Franke gegen Okahandja unter-
nommenen Vorstoß erschien die Aussicht begründet,
daß in den nächsten Tagen die Eisenbahnverbindung
mit der Küste wieder hergestellt werden würde. In-
folge der Unterbrechungen an der Eisenbahn, namentlich
der Zerstörung der Brücke bei Osona und des mehr-
tägigen anhaltenden Abkommens des Swakop, erreichte
jedoch wider Erwarten die Abteilung Franke Okahandja.
erst am 27. Januar, indem sie nur bei Osona beim
Überschreiten des Flußbettes auf geringen Widerstand
stieß. Durch diese Verzögerung war die Möglichkeit,
nachträglich noch einen Boten zum Anschluß an den
Dampfer zur Küste zu schicken, genommen.
Am 25. Januar wurde wieder ein Fußbote (hiesiger
Bergdamara) mit den inzwischen bei der Post an-
gesammelten Privattelegrammen über Heusis zur Küste
abgeschickt, dem ich ein an die hohe Abteilung ge-
richtetes, chiffriertes Telegramm über die damalige
Lage in Windhuk mitgab. Dieser Bote ist hinter
Ottimbingwe von den Hereros abgefangen; sie nahmen
ihm die Telegramme ab, ihn selbst ließen sie nur am
Leben auf seine Angabe hin, er sel nicht von Windhuk,
sondern von Otjlmbingwe, wo ihm ein Windhuker
Bote die Papiere übergeben habe.
Infolge der Entsetzung Okahandjas durch die Ab-
teilung Franke konnten bei der Besatzung Windhuks
einige Entlassungen vorgenommen und darauf der
Geschäftsbetrieb des Zentralbureaus und der Haupt-
kasse in beschränktem Umfange wieder ausgenommen
werden. Das hiesige Gericht ist noch immer ge-
schlossen. Die Bevölkerung Windhuks, soweit sie in
der Feste ein Unterkommen gefunden hatte, ist in
jenen Tagen in ihre Häuser zurückgekehrt.
Die Hauptmacht der östlichen Hereros hat sich in
die Gegend von Otjosongati und öftlich davon zurück-
gezogen. Indessen wird die Umgegend von Windhuk,
trotzdem vielfach starke Patrouillen nach allen Rich-
tungen hin zur Sicherung abgeschickt werden, noch
immer dauernd von kleineren bewaffneten Diebes-
banden unsicher gemacht, welche selbst am Tage mit
größter Frechheit Vieh aus der allernächsten Um-
gebung Windhuks stehlen. Es befinden sich bei
diesen Banden auch einzelne entlaufene, frühere Wind-
huker Hereroarbeiter. Die übrigen Windhuker Ein-
geborenen (Bergdamaras und Zwartbooihottentotten)
haben sich ruhig verhalten und sind als Arbeiter,
namentlich bei den Arbeiten zur Wiederherstellung
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der Eisenbahn, von großem Wert gewesen. Ins-
besondere war die Haltung der Bergdamaras von
Anfang an unbedingt zuverlässig, etwa 25 von ihnen
werden als eine Art irregulärer Hilfstruppe ein-
gestellt und sie haben als solche beim Wachtdienst
und auf Patrouillen gute Dienste geleistet. Zwischen
ihnen und den Hereros besteht von jeher ein alter
Haß; das wenige Vieh, welches sie auf einem Posten
einige Stunden westlich von Windhuk besaßen, haben
ihnen die Hereros ebenfalls weggenommen.
Heute lief die Nachricht ein, daß von dem Posten
Aredareigas in den Auosbergen die dort stehenden
Truppenpferde, etwa 50 Stück, von Hereros weg-
getrieben selen; die Verfolgung ist sofort aufgenommen.
Es handelt sich um junge, noch nicht zugerittene Pferde.
Daß die Hereros einen Angriff auf Windhuk
ernstlich geplant hatten, unterliegt keinem Zweifel.
Allem Anschein nach haben sie auch in der sehr
regnerlschen Nacht vom 14. zum 15. Januar ver-
sucht, von Avis (bel Klein-Windhuk) her den Angriff
auszuführen, haben jedoch davon Abstand genommen,
als sie schon bei Klein-Windhuk auf besetzte Außen-
posten stießen. Nach Aussage von Eingeborenen ist
der Oberhäuptling Samuel Maharero in einer jener
Nächte in der zwischen Klein-Windhuk und Avis
(an der Avispforte) gelegenen Schmidtschen Brauerei
gewesen.
Hinsichtlich der Vorgänge in Okahandja darf ich
gehorsamst auf den in der Anlage I1.] beigefügten. 2,
Bericht des Bezirksamtmanns Bergrats Duft vom
heutigen Tage nebst Anlage verweisen.
In Otjimbingwe brach der Aufstand erst nach
dem 20. Januar aus; doch waren schon vorher die
jüngeren Hereromannschaften nach Okahandja ab-
gerückt. Die Verteidigung Otjimbingwes übernahm
der Landmesser v. Frankenberg, indem er sich in
dem Hälbigschen Gehöft verschanzte; es waren dort
einschließlich Frauen, Kinder und Bastards etwa
90 Personen versammelt und es standen 49 Gewehre
zur Verfügung. Die Station mußte aufgegeben
werden, da sie derart angelegt ist, daß sie mit so
geringen Kräften nicht verteidigt werden kann.
Gobabis hat sich ebenfalls gehalten. Gestern,
am 7. Februar, hat der Ablösungstransport unter
Oberleutnant v. Winkler den Vormarsch dorthin
angetreten, um die Hereros an einer etwaigen Uber-
schreitung der englischen Grenze zu verhindern. Wegen
dieser Möglichkeit habe ich mich auch telegraphisch
mit dem Herrn Generalkonsul in Kapstadt in Ver-
bindung gesetzt und ihn mit Rücksicht auf das von
den Hereros geraubte Vieh und die Gefahr der Ver-
schleppung von Viehseuchen gebeten, die englische Re-
gierung zur Ergreifung von Gegenmaßregeln zu ver-
anlassen.
Von den umherziehenden Räuberbanden bedroht
gewesen ist auch das Gestütsdepot Nauchas.
durch Zuzug von in der Umgegend anfässigen Farmern
und durch Entsendung von Bastards aus Rehoboth