Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

darf man nicht übersehen, daß die Qualität des 
durch Raubbau gewonnenen Gummis erheblich hinter 
der des rationell erzielten Produktes zurücksteht. 
Der unnnterrichtete Eingeborene fällt den Baum, 
versucht, durch viele Einschnitte in die Rinde des 
gefallenen Stammes eine möglichst große Quantität 
des Milchsaftes auf verschiedene Art und Weise zu 
gewinnen, und bringt dieselbe auf die verschiedenste, 
jedenfalls aber nicht rationelle Weise zum Gerinnen. 
Außerdem behandelt er das fertige Produkt derartig, 
daß man einen erheblichen Prozentsatz desselben durch 
Oxydation in der Sonne usw. als unbrauchbar be- 
zeichnen muß, während alle diese Verunreinigungen 
bei rationeller Gewinnung in Wegfall kommen. So 
hat zwelfelsohne aus denselben Plätzen gewonnener 
Gummi der Batanga-Firmen, der infolge Raubbaus 
und späterer unrichtiger Behandlung im Preise 
sicher sehr gedrückt wurde, Mitte vorigen Jahres 
pro Kilo nur 5,50 Mk. im Vergleich zu dem von 
der Gesellschaft Süd-Kamerun verschifften, rationell 
gewonnenen und behandelten Produkt erzielt, das 
damals mit 7,15 Mk. pro Kilo bewertet wurde. Wenn 
auch dieser Preisunterschied zunächst nur die beteiligten 
Firmen angeht, so ist immerhin die Gefahr der 
irrationellen Produktion, sowohl was die Qualität 
angeht, als auch was die Folgen des Raubbaues 
für die zukünftige Exportmenge anbelangt, nicht zu 
unterschätzen und macht meines Erachtens ein behörd- 
liches Eingreifen notwendig. Es kommt der Umstand 
dazu, daß infolge mehrerer in den letzten Jahren 
erst in Europa aufgeblühter Industriezweige die 
Kautschuknachfrage auf den europäischen Märkten 
eine derartig steigende Tendenz zeigt, daß bereits 
seit längerer Zeit die Produktion die Nachfrage 
nicht mehr erreicht und der Wert des Produktes 
deshalb sich ständig hebt. 
Es müßte daher sämtlichen Firmen sowohl wie 
den in Frage kommenden Stationen zur Pflicht 
gemacht werden, ihr europäisches sowohl wie farbiges 
Personal über die rationelle Gummibereitung zu 
unterrichten. Ich habe zu diesem Zwecke die auf 
Grundlage der Schlechterschen Angaben in der 
Praxls gebildete und stets vervollkommnete Methode 
der Gummigewinnung, wie ich sie auf meinen sämt- 
lichen Expeditionen durch gewisse, besonders zu diesem 
Zweck ausgebildete Jaunde-Leute den Eingeborenen 
überall habe vorführen lassen, in der folgenden, für 
jeden Laien verständlichen klelnen Instruktion 
zusammengefaßt. 
m 
# 
Instruktion 
über die bequemste und rationellste Art der 
Gummigewinnung aus Kickxien. 
1. Der anzuschneidende Baum soll nicht unter 
oberarmstark seln, und müssen, um ihn wieder-in 
Benutzung nehmen zu können, die Rinnen etwaiger 
früherer Anzapfungen bereits völlig vernarbt sein. 
2. Die Jahreszeit spielt für die Anzapfung keine 
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Rolle. Zwar ist in der Regenzeit die Menge der 
gewonnenen Milch eine sehr viel größere, sie ist 
aber dafür sehr viel weniger kautschukreich wie in 
der trockenen Zeit. 
3. Zum Anzapfen der Bäume haben nach viel- 
fachen Versuchen mit von Europäern angegebenen 
Werkzeugen die Eingeborenen des Südostens sich 
selbst ein kleines Instrument konstruiert, das sich in 
der Praxis als sehr brauchbar erwiesen hat. 
Außerdem macht die geringe Metallmenge und die 
Einfachheit der Konstruktion es jedem eingeborenen 
Schmied möglich, derartige Gummimesserchen nach 
Bedarf anzufertigen. Das Messerchen wird mit der 
stumpfen Seite auf einen möglichst starken und 
langen Speerschaft aufgesetzt, und das Instrument 
ist fertig. 
4. Zunächst wird dicht an den anzuschneidenden 
Baum ein gewöhnlicher Tontopf gesetzt. In die 
Rinde des Stammes wird oberhalb des Topfes ein 
Einschnitt gemacht, in den eines der überall vor- 
kommenden Maranthusblätter etwas eingebogen 
derart eingeklemmt wird, daß die an dem Stamm 
herunterlaufende Flüssigkeit über das Blatt in den 
Topf fließen muß. 
5. Man beginnt nun, dicht oberhalb des Blattes 
von unten nach oben, soweit man mit Hilfe des 
Speerschaftes reichen kann, eine senkrechte Rinne, 
die etwa nach der Konstruktion des Messerchens 
2 mm tief und 1 bis 2 cm breit werden wird, 
in der Rinde des Stammes herauszuschaben, in der 
man sofort die Gummimilch über das Blatt in den 
Topf rinnen sehen wird. Es ist dabei darauf zu 
achten, daß die gelösten Rindenteilchen, Moos usw. 
nicht in den Topf fallen und das Produkt ver- 
unreinigen. Der Topf ist dazu am besten mit einem 
großen Blatt großenteils zuzudecken. 
6. Von dieser Mittelrinne aus sind nun, wie 
aus der folgenden Zeichnung I errsichtlich, nach 
2 
—: 
en 
  
  
A 
rechts und links schräg nach oben, um den Stamm 
halb herum, mit etwa 1½ Fuß Zmwischenraum 
überelnander, ähnliche kleinere Rinnen auszuschaben,
	        
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