Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

teten. Sie lockten auch die Insektenwelt, vor allem 
die Schmetterlinge, an. Diese hatten sich hier ein 
Stelldichein gegeben. Falter- in den schönsten Farben 
und von seltener Größe gaukelten hin und wieder 
über die kristallklare Flut. 
Das Flußbild wurde von jetzt ab wilder. An 
Stelle des Tales, das bisher den Fluß begleitet 
hatte, traten nunmehr Höhenzüge, die oft schroff in 
denselben absielen und durch deren Gesteln das 
Wesser sich einen Weg gegraben hatte. Dräuend 
winkten die Baumriesen von den Hängen. Die 
Felsblöcke, die mitten im Rinnsal lagen oder an 
seinen Rändern bloßgelegt waren, wurden gewaltiger. 
Ost teilte sich der Fluß auf eine kürzere oder 
längere Strecke in zwei Arme und bildete so grüne 
Inselchen in seinem Beite. Baumstämme lagen 
mitunter zu drei und mehreren übereinander auf- 
gestapelt da. Ein unhelmliches Bild von der alles 
zerstörenden Gewalt des Wassers, das jetzt mit 
lautem, betäubendem Getöse dahinfloß. 
über alle diese Hindernisse waren wir glücklich 
hinweg und an der Stelle angelangt, wo der Gan- 
gan, ein 1000 m hoher Berg, an den Wildbach 
herantritt. Vor Jahresfrist hatten P. Rascher und 
ich versucht, dieses Horn zu besteigen. Es ist schon 
vom Weberhafen aus sichtbar und ein guter Orien- 
kierungspunkt für Nord-Baining. Wir kamen bis 
zu einer Höhe von 820 m. Von da ab war ein 
Vordringen nicht mehr möglich. Der letzte Absatz 
ues Berges stleg senkrecht in die Höhe, was jedoch 
nicht hindern konnte, daß auch da noch aus jeder 
Mütze und Spalte Pflanzenwuchs sich hervordrängte. 
In der Höhe von 800 m hatten wir eine Höhlen- 
wohnung gefunden. Sie war von einem überhängen- 
W Felsen gebildet. Die weiter unten ansässigen 
li aininger suchten diese Höhle zuzeiten eines feind- 
ichen überfalles auf. Jetzt begaben sie sich noch 
ei Wildschweinjagden dahin. Schweineknochen lagen 
auf dem Boden der Höhle umher. Da, wo der Fuß 
es Gangan in den Fluß hineinragt, entspringt eine 
nelle. Sie kommt aus einer tiefen Felsenkammer. 
ie Eingeborenen nennen diese Quelle das Auge des 
derngan. Ich stand bald an einer Stelle, wo sich 
lir Fluß in zwei Arme zu teilen scheint. In Wirk- 
chkeit sind es aber nicht zwei Arme des Krau, die 
8 wieder zusammenfließen, es mündet vielmehr an 
Mi n Ort ein neuer Nebenfluß des Krau. Anstatt 
I#h nun nach rechts zu wenden, wie wir es vor 
aus ven getan hatten, als wir zu demselben Zwecke 
füustesooen waren, schlug ich die Richtung des Haupt- 
znze nach links ein. Wir waren bald am Ziele 
und er Wünsche angelangt. Es dauerte nicht lange, 
* befanden uns in unmittelbarster Nähe der 
er chien- welcher der Nebenfluß entspringt. Der Krau 
zuf 7*7 bei meinem Weitermarsche mehr und mehr 
sene — Uferwänden eingeklemmt. Des Brau- 
süürz#e Schäumens war kein Ende. Nicht selten 
sich“einer haftig eine Felsbank hinunter, in die er 
in Rinnsal gegraben hatte. Im Sturze ver- 
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wandelten sich die Wasser in schäumenden Gischt. 
Unten in der Tiese sammelten sie sich wieder in 
einem Becken, von Felswänden umstarrt. Rlesenblöcke 
lagen im Wege. Für mich war es jedesmal die 
Frage, wie über diese Stellen hinwegkommen. Hier 
mußte ich bis an die Hüften im Wasser waten und 
dann an Felswänden emporklettern. Da blieb mir 
nichts anderes übrig, als den Ort in weitem Bogen 
zu umgehen. Jeder Schritt und Tritt, den ich im 
Wasser des Wildbaches vorwärts machte, predigte 
mir lauter und eindringlicher die alte Wahrheit des 
Gutta cavat lapidem. Welche Gewalt steckt nicht 
in diesem blinden Element des Wassers. Der Tropfen 
vermag schon so viel in seiner Ausdauer, was erst 
ein reißender Gießbach! Es war die Frucht einer 
Jahrtausende währenden, gewaltigen Zerstörungsarbeit, 
die ich hier vor Augen hatte. Wäre nicht die Fülle 
tropischen Pflanzenwuchses gewesen, die ihre Ein- 
fassung bildete, ich hätte mich in eine Bergschlucht 
des Alpenlandes versetzt geglaubt. Das herrlichste 
Schauspiel kam nunmehr. Es folgten in geringerem 
Abstande voneinander nicht weniger als sieben Wasser- 
fälle, der eine schöner als der andere. Der Fallhöhe 
nach blieben sich alle ungefähr gleich. Sie mag 
annähernd 2 m betragen haben. Das Auge war 
jedesmal entzückt von dem gebotenen Schauspiel. 
Die dunklen, feuchten Felsen bildeten den Grund. 
Davon hob sich glänzend weiß der Wasserstrahl ab. 
Darüber und darum legte sich als Umfassung das 
satte Grün der Pflanzenwelt. Den Zauber erhöhte 
noch das Halbdunkel, in dem die ganze Szenerie 
dalag. Den Sonnenstrahlen war es unmöglich, durch 
das Waldesdickicht hindurch Zutritt zum Flusse zu 
finden. Das Ohr war gleichfalls überwältigt von 
der großartigen Musik, welche die Wassermassen in 
ihrem Falle hervorbrachten. Die letzte Kaskade machte 
mir jedes weitere Vordringen unmöglich. Die an- 
grenzenden Ufer stlegen steil in die Höhe, und über 
den Wasserfall selber konnte ich auch nicht hinweg. 
Ich mußte mich also zur Umkehr entschließen. Wo 
mochte die letzte Quelle des Krau stecken? Die 
Wassermassen deuteten darauf hin, daß sie noch nicht 
so nahe war. Jedenfalls ist sie im Hinterlande des 
Gangan zu suchen. Dort entspringt der Krau, um 
in der Richtung von Osten nach Westen dem Meere 
zuzuellen. 
Ich brachte unauslöschliche Eindrücke mit nach 
Hause. Wie viele andere Naturwunder, ähnlich wie 
die des Krau, mag Baining noch bergen! 
  
Bus fremden Kolonien und 
Produktionsgrbieten. 
über das Pinterland der Tobitobai (Angola). 
Ein Kapitän Cuninghame hat, wahrscheinlich im 
Zusammenhang mit dem Lobitobai-Eisenbahnunter- 
nehmen, den südlichen Teil von Angola bereist.
	        
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