in den letzten beiden Jahren der Kurswert der
Rupie ihren Silberwert um mehr als 90 Prozent.
Die Einschränkung der Kursschwankungen der
Rupie auf ein unschädliches Mindestmaß war zweifel-
los sowohl für den Handelsverkehr und die gesamte
Volkswirtschaft als auch für die Finanzverwaltung
des ostafrikanischen Schutzgebiets von großem Vor-
teil. Dagegen stellte der Preis, um den die Stabi-
lität des Rupienkurses erkauft wurde, nämlich die
beträchtliche Differenz zwischen dem Kurswert und
dem Metallwert der Gesellschaftsrupie, eine Be-
drohung des ostafrikanischen Geldwesens dar, solange
keine Vorkehrungen getroffen waren, um der deutsch-
ostafrikanischen Rupie den einmal erreichten und nun-
mehr seit einer Anzahl von Jahren festgehaltenen
fiduziären Kurswert zu sichern. Die Deutsch-Ost-
afrikanische Gesellschaft, welche ein nahezu zur Hälfte
unterwertiges Geld ausprägte und in Deutsch-Ost-
afrika in Umlauf setzte, hatte niemals eine Ver-
pflichtung übernommen, ja sogar ausdrücklich jede
Verpflichtung abgelehnt, diese Münzen zu irgend
einer Zeit zu ihrem gegenwärtigen Kurswert in
einem vollwertigen Gelde einzulösen. Infolgedessen
war keinerlei Sicherheit dofür gegeben, daß nicht
durch irgendwelche Verhältnisse die bisher aufrecht
erhaltene Parität zwischen der Gesellschaftsrupie und
der indischen Rupie zerstört werden und die erstere
einer plötzlichen Entwertung bis herab auf ihren
effektiven Silbergehalt unterliegen könnte. Die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft selbst hatte es in
der Hand, durch starke Rupienprägungen den Kurs
der deutsch-ostafrikanischen Rupie zu werfen; wenn
sie auch, solange sie das Prägerecht ausübte, im
großen ganzen eine weise Zurückholtung an den Tag
legte, so fehlten doch für die Zukunft alle Garan-
tien. Insbesondere war dos Schicksal der Gesell-
schaftsrupie ein gänzlich ungewisses hinsichtlich der
Zeit nach dem Ablause des Vertrags zwischen der
Kaiserlichen Reglerung und der Gesellschaft vom
20. November 1890; spätestens nach Ablauf dieses
Vertrags mußte das von der Gesellschaft ausgegebene,
heute um fast die Hälfte unterwertige Geld gänzlich
in der Luft schweben. Ein umerwertiges Geld aber,
für dessen den Metallgehalt übersteigenden Kurswert
niemand eine Verantwortlichkeit hat und eine Sicher-
helt gewährt, ist ein Unding. Obwohl das Reich
bei der Erteilung der Prägebefugnis an die Gesell-
schaft dieser gegenüber jede Verpflichtung zur Ein-
lösung des von ihr geprägten und in Umlauf ge-
setzten Geldes ausdrücklich abgelehnt hat, hätte sich
das Reich doch aus Gründen des öffentlichen Wohls
nicht der Notwendigkeit entzlehen können, gegebenen-
falls für die Aufrechterhaltung des Rupienkurses mit
seinen Mitteln und seinem Kredit einzustehen. Die
mit einer Entwertung der Rupie um nahezu die
Hälfte verbundenen schweren Schädigungen der gut-
gläubigen Inhaber von Rupien und Rupienforde-
rungen und die unausbleiblichen starken Erschütte-
rungen der Handelsbeziehungen und des Wirtschafts-
lebens des ostafrikanischen Schutzgebiets hätten sich
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nur dadurch vermeiden lassen, daß das Reich unter
finanzlellen Opfern die Aufrechterhaltung des Rupien-
kurses und die Einlösung der Gesellschaftsrupien
übernommen hätte. Diese dem Relche bevorstehenden
finanzlellen Opfer mußten um so größer werden, je
länger die Gesellschaft das Münzrecht ausübte und
je mehr Rupien sie in Umlauf setzte. Auf diese
Weise mußten die großen Münzgewinne, welche sich
für die Gesellschaft aus der Differenz zwischen
Metallwert und Kurswert der Rupie ergaben,
schließlich zu einer starken finanziellen Belastung des
Reichs werden.
Bei der Ertellung der Prägebefugnis an die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte diese durch
die indische Währungsreform herbeigeführte Ge-
staltung der ostafrikanischen Münzverhältnisse nicht
vorhergesehen werden können. Nachdem aber diese
Entwicklung einmal elngetreten war, machten es die
geschilderten wirtschaftlichen und finanzlellen Gründe
der Regierung zur Pflicht, Vorkehrungen zur Siche-
rung des ostafrikanischen Geldwesens und ihrer
eigenen finanzlellen Interessen zu treffen.
Abgesehen von den eben dargestellten wirtschaft-
lichen und finanzpolitischen Unzuträglichkeiten bedeutete
der Zustand des ostafrikanischen Münzwesens in
kassentechnischer Beziehung eine schwere Belastung für
die Verwaltungsmaschine. Obwohl die Finanz=
verwaltung des ostafrikanischen Schutzgebiets bei
allen im Lande selbst erzielten Einnahmen und zu
leistenden Ausgaben mit Ruplen arbeitet, läßt es sich
in Rücksicht auf den im Reichshaushalts-Etat aus-
zubringenden Reichszuschuß nicht umgehen, auch den
Etat des Schutzgebiets in Reichswährung festzusetzen.
Infolge dieses Umstandes ist die Finanzverwaltung
des Schutzgebiets genötigt, die in Reichswährung
normierten, aber in Rupien zu leistenden Ausgaben
aus der einen Währung in die andere umzurechnen,
ebenso zu den Zwecken der Rechnungslegung die in
Rupien eingehenden Einnahmen. Zur Vermeldung
erheblicher Differenzen mußte der Umrechnungskurs
stets so normiert werden, daß er sich möglichst voll-
ständig mit dem Kurse deckte, zu welchem das Gou-
vernement sich gegen die ihm in Reichswährung zur
Verfügung stehenden Beträge das benötigte Geld in
Rupienwährung beschaffte. Die Beschaffung von
Rupiengeld gegen Reichswährung geschah bisher in
der Weise, daß das Gouvernement je nach Bedarf
auf Relchswährung lautende Sichtwechsel auf die
Legationskasse zog und diese in Deutsch-Ostafrika
felbst, in Sansibar oder Indien gegen Rupiengelb
verkaufte. Der sich aus diesen Rupienbeschaffungen
ergebende Kurs wurde Monat für Monat als
Gouvernementskurs neu festgestellt und der Um-
rechnung der Einnahmen und Ausgaben aus der
einen in die andere Währung zugrunde gelegt.
Falls zur Deckung des Geldbedarfs des Gouverne-
ments für einen Monat mehrere Wechsel zu ver-
schiedenen Kursen begeben wurden, so war der für
die gesamte Rupienbeschaffung erzielte Durchschnitts-
kurs als maßgebend anzunehmen. Wenn der Zwe