Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

in den letzten beiden Jahren der Kurswert der 
Rupie ihren Silberwert um mehr als 90 Prozent. 
Die Einschränkung der Kursschwankungen der 
Rupie auf ein unschädliches Mindestmaß war zweifel- 
los sowohl für den Handelsverkehr und die gesamte 
Volkswirtschaft als auch für die Finanzverwaltung 
des ostafrikanischen Schutzgebiets von großem Vor- 
teil. Dagegen stellte der Preis, um den die Stabi- 
lität des Rupienkurses erkauft wurde, nämlich die 
beträchtliche Differenz zwischen dem Kurswert und 
dem Metallwert der Gesellschaftsrupie, eine Be- 
drohung des ostafrikanischen Geldwesens dar, solange 
keine Vorkehrungen getroffen waren, um der deutsch- 
ostafrikanischen Rupie den einmal erreichten und nun- 
mehr seit einer Anzahl von Jahren festgehaltenen 
fiduziären Kurswert zu sichern. Die Deutsch-Ost- 
afrikanische Gesellschaft, welche ein nahezu zur Hälfte 
unterwertiges Geld ausprägte und in Deutsch-Ost- 
afrika in Umlauf setzte, hatte niemals eine Ver- 
pflichtung übernommen, ja sogar ausdrücklich jede 
Verpflichtung abgelehnt, diese Münzen zu irgend 
einer Zeit zu ihrem gegenwärtigen Kurswert in 
einem vollwertigen Gelde einzulösen. Infolgedessen 
war keinerlei Sicherheit dofür gegeben, daß nicht 
durch irgendwelche Verhältnisse die bisher aufrecht 
erhaltene Parität zwischen der Gesellschaftsrupie und 
der indischen Rupie zerstört werden und die erstere 
einer plötzlichen Entwertung bis herab auf ihren 
effektiven Silbergehalt unterliegen könnte. Die 
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft selbst hatte es in 
der Hand, durch starke Rupienprägungen den Kurs 
der deutsch-ostafrikanischen Rupie zu werfen; wenn 
sie auch, solange sie das Prägerecht ausübte, im 
großen ganzen eine weise Zurückholtung an den Tag 
legte, so fehlten doch für die Zukunft alle Garan- 
tien. Insbesondere war dos Schicksal der Gesell- 
schaftsrupie ein gänzlich ungewisses hinsichtlich der 
Zeit nach dem Ablause des Vertrags zwischen der 
Kaiserlichen Reglerung und der Gesellschaft vom 
20. November 1890; spätestens nach Ablauf dieses 
Vertrags mußte das von der Gesellschaft ausgegebene, 
heute um fast die Hälfte unterwertige Geld gänzlich 
in der Luft schweben. Ein umerwertiges Geld aber, 
für dessen den Metallgehalt übersteigenden Kurswert 
niemand eine Verantwortlichkeit hat und eine Sicher- 
helt gewährt, ist ein Unding. Obwohl das Reich 
bei der Erteilung der Prägebefugnis an die Gesell- 
schaft dieser gegenüber jede Verpflichtung zur Ein- 
lösung des von ihr geprägten und in Umlauf ge- 
setzten Geldes ausdrücklich abgelehnt hat, hätte sich 
das Reich doch aus Gründen des öffentlichen Wohls 
nicht der Notwendigkeit entzlehen können, gegebenen- 
falls für die Aufrechterhaltung des Rupienkurses mit 
seinen Mitteln und seinem Kredit einzustehen. Die 
mit einer Entwertung der Rupie um nahezu die 
Hälfte verbundenen schweren Schädigungen der gut- 
gläubigen Inhaber von Rupien und Rupienforde- 
rungen und die unausbleiblichen starken Erschütte- 
rungen der Handelsbeziehungen und des Wirtschafts- 
lebens des ostafrikanischen Schutzgebiets hätten sich 
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nur dadurch vermeiden lassen, daß das Reich unter 
finanzlellen Opfern die Aufrechterhaltung des Rupien- 
kurses und die Einlösung der Gesellschaftsrupien 
übernommen hätte. Diese dem Relche bevorstehenden 
finanzlellen Opfer mußten um so größer werden, je 
länger die Gesellschaft das Münzrecht ausübte und 
je mehr Rupien sie in Umlauf setzte. Auf diese 
Weise mußten die großen Münzgewinne, welche sich 
für die Gesellschaft aus der Differenz zwischen 
Metallwert und Kurswert der Rupie ergaben, 
schließlich zu einer starken finanziellen Belastung des 
Reichs werden. 
Bei der Ertellung der Prägebefugnis an die 
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hatte diese durch 
die indische Währungsreform herbeigeführte Ge- 
staltung der ostafrikanischen Münzverhältnisse nicht 
vorhergesehen werden können. Nachdem aber diese 
Entwicklung einmal elngetreten war, machten es die 
geschilderten wirtschaftlichen und finanzlellen Gründe 
der Regierung zur Pflicht, Vorkehrungen zur Siche- 
rung des ostafrikanischen Geldwesens und ihrer 
eigenen finanzlellen Interessen zu treffen. 
Abgesehen von den eben dargestellten wirtschaft- 
lichen und finanzpolitischen Unzuträglichkeiten bedeutete 
der Zustand des ostafrikanischen Münzwesens in 
kassentechnischer Beziehung eine schwere Belastung für 
die Verwaltungsmaschine. Obwohl die Finanz= 
verwaltung des ostafrikanischen Schutzgebiets bei 
allen im Lande selbst erzielten Einnahmen und zu 
leistenden Ausgaben mit Ruplen arbeitet, läßt es sich 
in Rücksicht auf den im Reichshaushalts-Etat aus- 
zubringenden Reichszuschuß nicht umgehen, auch den 
Etat des Schutzgebiets in Reichswährung festzusetzen. 
Infolge dieses Umstandes ist die Finanzverwaltung 
des Schutzgebiets genötigt, die in Reichswährung 
normierten, aber in Rupien zu leistenden Ausgaben 
aus der einen Währung in die andere umzurechnen, 
ebenso zu den Zwecken der Rechnungslegung die in 
Rupien eingehenden Einnahmen. Zur Vermeldung 
erheblicher Differenzen mußte der Umrechnungskurs 
stets so normiert werden, daß er sich möglichst voll- 
ständig mit dem Kurse deckte, zu welchem das Gou- 
vernement sich gegen die ihm in Reichswährung zur 
Verfügung stehenden Beträge das benötigte Geld in 
Rupienwährung beschaffte. Die Beschaffung von 
Rupiengeld gegen Reichswährung geschah bisher in 
der Weise, daß das Gouvernement je nach Bedarf 
auf Relchswährung lautende Sichtwechsel auf die 
Legationskasse zog und diese in Deutsch-Ostafrika 
felbst, in Sansibar oder Indien gegen Rupiengelb 
verkaufte. Der sich aus diesen Rupienbeschaffungen 
ergebende Kurs wurde Monat für Monat als 
Gouvernementskurs neu festgestellt und der Um- 
rechnung der Einnahmen und Ausgaben aus der 
einen in die andere Währung zugrunde gelegt. 
Falls zur Deckung des Geldbedarfs des Gouverne- 
ments für einen Monat mehrere Wechsel zu ver- 
schiedenen Kursen begeben wurden, so war der für 
die gesamte Rupienbeschaffung erzielte Durchschnitts- 
kurs als maßgebend anzunehmen. Wenn der Zwe
	        
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