Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

bank-Direktorium in einer Außerung vom 22. Ok- 
tober 1903 in jeder Beziehung beigetreten. 
Neben den bisher erörterten Fragen kamen nach 
der Übernahme des Münzrechts für Ostafrika durch 
das Reich noch die folgenden beiden Punkte zur 
Erörterung: 
1. die dezimale Einteilung der Ruple an Stelle 
der bisherigen Eintellung in Vlerundsechszigstel; 
2. die Ergänzung des ostafrikanischen Münzumlaufs 
durch papierne Geldzeichen (Kassenschelne oder 
Banknoten). 
Was die erstere Frage anlangt, so besteht die 
Einteilung der Rupie in 100 Cents schon seit län- 
gerer Zeit in Ceylon. Neuerdings ist die Einführung 
der Hunderttellung der Rupie auch in Britisch- 
Ostafrika eingeleitet worden. Die Vorzüge des Dezi- 
malsystems sind derartig einleuchtend, daß auch für 
Deutsch-Ostafrika gelegentlich der vorzunehmenden 
Neuordnung des Geldwesens die Einführung der 
Hundertteilung der Rupie beschlossen worden ist. 
über die Schaffung paplerner Geldzeichen für 
Deutsch= Ostafrika sind noch Erörterungen im Gange, 
und zwar in Verbindung mit der Frage einer in 
dem Schutzgebiete zu errichtenden und mit dem Rechte 
der Notenausgabe auszustattenden Bank. 
(Schluß folgt.) 
Dandel am bLiktoria-vanusa. 
Einem Privatbrief aus Schirati am Viltoria= 
Nyansa vom 10.März 1904 entnehmen wir folgendes: 
Der Handel am See nimmt einen bedeutenden 
Ausschwung. Von Bukoba und Muansa werden 
monatlich etwa 15 000 bis 20 000 Felle, meist 
Ziegenfelle (für Aden), exportiert, abgesehen von 
Erdnuß, Fasern und Gräsern (zur Seidenfabrikation), 
Baumwolle, Kautschuk usw. Besonders letzterer hat 
eine große Zukunft, da er in Plantagen gedeiht. 
Alle diese Produkte sind durch die Eisenbahn her- 
vorgezaubert und exportfähig. Zwei prachtvolle 
englische Dampfer befahren den See, der eine, „Wini- 
fred“, geht ständig zwischen Kisumo und Entebbe, 
der andere, „Sybil“, geht von Kisumo über Schirati, 
Muansa nach Bukoba, von hier aus weiter nach 
Entebbe, wenn er Passagiere hat, sonst direkt nach 
Kisumo (across). Jede zweite Fahrt macht der 
„Sybil“ in entgegengesetzter Richtung. 
  
Kamerun. 
Bericht des Oberst Mueller über die Bakoko-Expedition. 
Die Expedition marschierte am 22. Januar 1904 
aus Lolodorf ab. Um nichts zu unterlassen, was 
zur Verbreitung der friedlichen Absichten der Ex- 
pedition beitragen konnte, war einige Tage zuvor 
durch Vermittlung der Station Lolodorf Botschaft 
an den nächsten großen Bakokohäuptling Njigi, Ort 
286 
  
Nüteniol geschickt worden, um ihn auf das Ein- 
treffen der Expeditlon vorzubereiten. Der Marsch 
führte in nordöstlicher Richtung am rechten Ufer des 
Lokundje aufwärts zunächst durch das Ngumbagebiet, 
wo auch noch das erste Nachtlager bezogen wurde. 
Mit dem zweiten Marschtage wurde das Bakoko- 
gebiet betreten, am dritten Tage das Dorf Njigen- 
jok erreicht. Die Grenze zwischen Ngumba und 
Bakoko bildet eine mehrere Stunden lange unbewohnte 
Urwaldstrecke. In Nilgenjok war nur der Häupt- 
ling anwesend, alles übrige geflüchtet. Man traute 
offenbar der Expedition nicht recht. Auch der 
Häuptling hatte den wertvolleren Teil seiner Habe 
im Busch versteckt. Wie sich nachher herausstellte, 
waren durch Rgumbahändler, mit denen ein großer 
Teil des Bakokogebietes durchsetzt ist, lange vor 
Eintreffen der Expedition beunruhigende Gerüchte 
verbreitet worden. Häuptling Njigi ließ sich aber 
überzeugen, daß er bei Wohlverhalten nichts zu 
fürchten hobe. Den Rest des Mißtrauens beseitigte 
die ausreichende Bezahlung, und Njigi erwies sich 
nun als ein ganz brauchbarer Vermittler, denn es 
ließen sich wenigstens einige der nahewohnenden 
Häuptlinge sehen. Auch wurde Verbindung mit den 
auf dem rechten Niongufer belegenen Ortschaften 
aufgenommen. 
Am 26. Januar wurde der von Njigenjok etwa 
2 Stunden in nördlicher Richtung entfernte Niong 
überschritten. Hart am rechten Ufer wurde Lager 
bezogen. Beim Flußübergang leistete neben dem 
altbewährten Faltboot eln quer über den etwa 
90 m breiten Fluß gespanntes Seil ausgezeichnete 
Dienste. An diesem Seil wurde eine Relhe von Tags 
zuvor vorbereiteten Flößen hinüber und herüber 
bewegt und dadurch die Dauer des Flußübergangs 
etwa um die Hälfte abgekürzt. Bei dem jämmer- 
lichen Material, das meist beim Überschreiten auch 
größerer Flüsse zur Verfügung steht — in diesem 
Falle war nur ein einziges halbleckes Kanu aufzu- 
treiben gewesen — sollte diese Einrichtung größere 
Verbreitung finden. Ein festgeflochtenes flaches 
Seil nach Art der Feuerwehrleinen ist auch in er- 
heblicher Länge bequem mitzuführen, und auch der 
Floßbau wird trotz des hohen spezifischen Gewichts 
der Hölzer meist ausführbar seln. 
Vom Nordufer des Niong aus marschierte ich 
zunächst stromabwärts. Ein den Fluß in naher 
Entfernung flußabwärts begleitender Weg ist nicht 
vorhanden, die Expedition war daher genötigt, einige 
Umwege mit in den Kauf zu nehmen, gelangte aber, 
wie beabsichtigt, sich allmählich nach Westen ver- 
schiebend, immer wieder an den Strom, dessen Lauf 
im ganzen an drei Stellen durch Routenaufnahmen 
festgestellt ift. Diese Umwege, die anfangs als 
lästig empfunden wurden, hatten denn doch das 
Gute, daß eine größere Menge von Ortschaften durch- 
schritten wurde, als es bei einem schnellen Durch- 
marsch hätte geschehen können. So hatten die 
Bewohner Zeit, Vertrauen zu gewinnen, es sprach
	        
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