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Jahresbericht der Handelskammer in Barmen.
Die Handelskammer in Barmen bespricht in
ihrem Jahresbericht für 1908 die Baumwollanbau-
versuche in den deutschen Kolonien, indem sie ausführt:
„Die im Jahre 1903 auf dem Baumwollmarkt
von Spekulanten in Szene gesetzte Hausse gab dem
Deutschen Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee, welchem
die hiesige Handelskammer als Mitglied angehört,
Veranlassung, den Versuchen zum Anbauen von
Baumwolle in unsern Kolonien erhöhte Aufmerksamkeit
zuzuwenden und mit Vorschlägen für einen ver-
stärkten Anbau dortselbst vor die Interessenten zu
treten... Zur Durchführung des vom Kolonial=
Wirtschaftlichen Komite ausgelegten Programms sind
erhebliche Mittel erforderlich, an deren Beschaffung
sich eine Anzahl hiesiger Interessenten mit ent-
sprechenden Zeichnungen beteiligt hat. Bis diese
— leider viel zu spät angestellten — Versuche und
eine daraufhin vielleicht zu unternehmende aus-
gedehntere Kultur elnen nennenswerten Einfluß auf
die Baumwollpreise ausüben können, vergehen natürlich
Jahre. Die bisherige Unterlassung rächt sich bitter.
Sowohl die deutsche Baumwollindustrie wie Reich
und Staat haben die Bedeutung der Frage zu spät
erfaßt. Es handelt sich hier um eine volkswirtschaft-
liche Frage allerersten Ranges, zu deren Lösung große
Opfer nicht gescheut werden dürfen.“
Auch in dem Jahresbericht der Pfälzlschen
Handels= und Gewerbekammer für das Jahr 1903
wird dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß in unsern
überseelschen Besitzungen der Baumwollanbau so
rasch wie möglich ausgedehnt werden möge, um
dadurch die deutsche Baumwollindustrie von Amerika
unabhängig zu machen.
Titeratur.
Kriegskarte von Deutsch-Südwestafrika
1:800 000: Blatt Windhuk. Dritte auf Grund
neu eingegangener Materialien ergänzte Ausgabe
April 1904. Preis in Umschlag Mk. 1.—.
Nach der Drucklegung der zweiten Ausgabe des
Blattes Windhuk der Kriegskarte in 1: 800 000
ging bei der Kolonial-Abteilung des Auswärtigen
Amts eine Reihe von Berichten und Skizzen von
Beamten, Offizieren (Wauemann, Streitwolf, Bottlin
u. a. m.) und Missionaren (Bernsmann, Eich, Iree,
Richmann) ein, die namentlich für den mittleren Teil
des Kartenblattes wertvolle Ergänzungen brachten
und die bei der Wichtigkeit der militärischen Vor-
gänge gerade in dlesem Gebiet die Neuherausgabe
des Blattes Windhuk notwendig machten.
Praktische Suaheli-Grammatik nebst einem
Deutsch-Suaheli-Wörterbuch von Prof. Dr. C.
Velten, Professor des Suahell am Seminar für
orlentalische Sprachen der Friedrich-Wilhelms-
Universität, Berlin. Berlin 1904. Verlag von
Wilhelm Baensch. -
DieSuahellfprache,dielingnskkancadekDstr
küste Afrlkas, ist von jeher von Sprachforschern aller
Nationen studiert worden. Abgesehen von den grund-
legenden Arbeiten der Missionare Krapf und Reb-
mann, die sich mit dem echten Alt-Suaheli, wie es
heutzutage höchstens noch bei Lamu gesprochen wird,
befaßten, sind auch von dem heutigen klassischen
Suaheli, dem Kl-Unguja, d. h. dem Dialekt der
Einwohner von Sansibar, mehrere hervorragende
Grammatiken geschrieben worden; ich erinnere z. B.
an die ältere des englischen Bischofs Steere und die
neuere von St. Paul-Illaire. Leider sind diese
umfangreichen und wissenschaftlich gehaltenen Werke
für den, der die Sprachen erst lernen will, zu ge-
lehrt und schrecken ihn daher ab; sie eignen sich mehr
für den, der die Sprache aus der Praxis schon be-
herrscht und sich nun auch die Feinheiten der Syntax
aneignen will. Leichtfaßliche und kurze Anleltungen
zum Erlernen des Suaheli zu schreiben, ist zwar
mehrfach versucht worden, besonders in der ersten
Zeit unserer Besitzergrelfung Deutsch-Ostafrikas, aber
diese Arbeiten waren meist nur ziemlich wahllose
Auszüge aus vorhandenen größeren Grammatiken,
zusammengestellt von solchen, die selber die Sprache
nur oberflächlich beherrschten. Es ist daher mit Freude
zu begrüßen, wenn ein so hervorragender Kenner des
Suaheli, wie Professor Dr. C. Velten, sich entschlossen
hat, einen für Anfänger berechneten, aus der Praxis
für die Praxis geschriebenen und doch auf gediegener
wissenschaftlicher Grundlage beruhenden Leitfaden
herauszugeben. Von der Syntax ist hier nur das
angegeben, was zum Verständnis des Aufbaues der
Sprache notwendig ist, und dieses ist so klar und
einfach dargestellt, daß es auch dem wissenschaftlich
nicht vorgebildeten Schüler einleuchten muß. Ge-
spräche, wie sie in Wirklichkeit draußen im Schutz-
gebiete zwischen Weißen und Negern täglich vorkommen,
sind in die einzelnen Kapitel der Grammatik verstreut.
Besondere Sorgfalt ist auf die Aussprache verwendet;
um die Wörter, die aus dem Arabischen stammen —
und das sind recht viele — besonders zu kennzeichnen
und ihnen zu einer richtigen Aussprache zu verhelfen,
sind für die gutturalen Gaumen= und Kehllaute be-
sondere Konsonantenzeichen eingeführt worden. Es
kann Jedem, der nach Ostafrika reist, dringend
empfohlen werden, das Büchlein als guten Freund
in der Tasche zu tragen und sich sowohl schon wäh-
rend der Dampferreise als auch während des ersten
Aufenthalts im Schutzgebiete mit seinem Inhalt ver-
traut zu machen. Hoffentlich läßt Prof. Dr. Velten
dieser Arbeit bald ein Lesebuch des Suaheli für
Anfänger folgen!
Von den „Berichten über Land= und Forst-
wirtschaft in Deutsch-Ostafrika“", herausgegeben
vom Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Ostafrika
(Biologisch-Landwirtschaftliches Institut in Amand),
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