Bei der Gestaltung des Gepräges der neuen
Silbermünzen wurde von dem Grundsah ausgegangen,
daß Neuerungen gegenüber dem den Eingeborenen
bekannten Gepräge der Gesellschaftsmünzen möglichst
zu vermeiden seien. Der Avers der Silbermünzen,
der das Bildnis des Kaisers in Adlerhelm mit der
Umschrift „Guilelmus II Imperatore trägt, wurde
deshalb unverändert gelassen; der Revers, der bei
den Gesellschaftsmünzen das Wappen der Gesellschaft
trug, erhielt eine deutliche Wertbezeichnung inmitten
einer aus Palmwedeln gebildeten Verzierung und die
Umschrift „Deutsch Ostafrikat. Die neuen Kupfer-
münzen, welche auf der Hundertteilung der Rupie
beruhen (1 Rupie —= 100 Heller) erhielten auf der
einen Seite die Kaiserliche Krone und die Umschrift
„Deutsch Ostafrika4, auf der anderen Seite die
Wertbezeichnung. .
Ülber die staatsrechtliche Form, in welcher die
Neuordnung der ostafrikanischen Münzverhältnisse zu
erfolgen hatte, konnten Zweifel nicht wohl bestehen.
Zunächst war für die Ausprägung der neuen, mit
dem Bildnisse des Kaisers beziehungswelse mit der
Kaiserlichen Krone ausgestatteten Münzen die Aller-
höchste Genehmigung erforderlich. Ferner liegt der
Erlaß von Bestimmungen über das Münzwesen der
Schutzgebiete in der Kompetenz der Schutzgewalt,
die der Kaiser auf Grund des § 1 des Schutzgebiets-
gesetzes im Namen des Deutschen Reichs in den
Schutzgebieten ausübt. Auf Grund der ihm über-
tragenen Schutzgewalt ist der Kaiser berechtigt, die
Gesetzgebung in den Schutzgebieten in der Form von
Verordnungen auszuüben, soweit er nicht für be-
stimmte Materien durch das Schutzgebietsgesetz selbst
oder andere Reichsgesetze in der gesetzgebenden Ge-
walt beschränkt ist, wie z. B. auf dem Gebiete des
bürgerlichen Rechts, des Strafrechts, des gericht-
lichen Verfahrens, der Beurkundung des Personen-
standes, der Etatsfestsetzung, der Aufnahme von
Anleihen und der Übernahme von Garantien. In
bezug auf die Regelung des Münzwesens der Schutz-
gebiete ist eine Beschränkung der gesetzgebenden Ge-
walt des Kaisers durch kein Reichsgesetz ausgesprochen.
Der Kaiser ist mithin kraft der ihm übertragenen
Schutzgewalt besugt, durch den Erlaß von Ver-
ordnungen das Münzwesen der Schutzgebiete zu
regeln. Da ferner der Kaiser das ihm zustehende
Verordmugzsrecht, soweit dessen Übertragbarkeit nicht
ausdrücklich ausgeschlossen ist, an den Reichskanzler
oder die Beamten der Schutzgebiete übertragen kann,
ist er in der Lage, den Reichskanzler oder die Gou-
verneure zum Erlasse der für die Regelung des
Münzwesens erforderlichen Vorschriften zu ermäch-
tigen. Auf Grund einer allgemeinen Delegation des
Verordnungsrechts, wie sie z. B. in der Kaiserlichen
Verordnung vom 19. Jult 1886 enthalten ist, haben
bisher in den Schutgebieten die Gouverneure Ver-
ordnungen über das Münzwesen erlassen. Im vor-
iegenden Falle schien es der Wichtigkeit der Sache
zu entsprechen, daß die Regelung von dem durch
315.
Allerhöchste Ordre ausdrücklich dazu ermächtigten
Reichskanzler ausgehe.
Durch Allerhöchste Ordre vom 23. Dezember
1903 erklärte sich Seine Majestät der Kaiser mit
der Ausprägung der neuen Münzen nach den vor-
gelegten Zeichnungen einverstanden und ermächtigte
gleichzeitig den Reichskanzler, die für die Ordnung
des ostafrikanischen Münzwesens weiterhin erforder-
lichen Vorschriften zu erlassen. :
In Gemäßheit dieser Allerhöchsten Ordre hat
der Reichskanzler die Verordnung, betreffend das
Münzwesen des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets,
vom 28. Februar 1904, erlassen.
Die Verordnung regelt in den §8§ 1 bis 3 das
Münzsystem des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets.
Die Rechnungseinheit ist die Rupie, die in 100 Heller
eingeteilt wird. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens
der Hundertteilung der Rupie bleibt der Bestimmung
durch den Gouverneur überlassen. Die Stückelung
der Silbermünzen bleibt dieselbe wie bisher. An
Kupfermünzen sind ½= und ½-Hellerstücke vorge-
sehen; damit wird dem Mangel an einem kleineren
Münzstück als dem Pesa, der sich im kleinen Ver-
kehre störend fühlbar gemacht hat, abgeholfen.
Die 88 4 bis 7 regeln die Beschaffenheit der
einzelnen Münzstücke nach Metallgehalt und Gepräge.
Der Metallgehalt der Silbermünzen bleibt unver-
ändert. Die neuen Kupfermünzen sollen aus der-
selben Legierung geprägt werden wie die Reichs-
kupfermünzen, während die Pesa der Deutsch--Ost-
afmikanischen Gesellschaft aus reinem Kupfer bestehen;
die Neuerung ist aus münztechnischen Gründen vor-
genommen worden. Über das Gepräge ist bereits
oben das Erforderliche gesagt.
§ 8 ordnet die Frage des Prägerechts, indem
er bestimmt, daß die Ausprägung der in der Ver-
ordnung vorgesehenen Münzen für Rechnung des
deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets und nach Maß-
gabe des vorhandenen Bedarfs erfolgt. In der
Fassung dieses Paragraphen ist einmal das mit dem
Charakter des deutsch-ostafrikanischen Geldwesens,
das als ein Silberumlauf auf Basis des Goldwerts
gedacht ist, nicht vereinbarliche freie Prägerecht aus-
drücklich ausgeschlossen; gleichzeitig ist zum Ausdrucke
gebracht, daß die Ausprägung der deutsch-ostafri-
kanischen Landesmünzen auf Kosten des ostafrikanischen
Schutzgebiets geschieht und daß anderseits die Präge-
gewinne dem Schutzgebiete zufließen. Die Begren-
zung der Ausprägung auf den vorhandenen Bedarf
ergibt sich aus der Absicht der Aufrechterhaltung
eines bestimmten Goldkurses der Rupie. Eine
ziffermäßige Begrenzung der Ausprägungen ist nach
Lage der Verhältnisse nicht möglich.
In den 8§8 9 bis 11 sind die rechtlichen Quali-
täten der neuen Münzen geregelt. Die neuen deutsch-
ostafrikanischen Landesmünzen werden zum gesetzlichen
Zahlungsmittel für alle auf Rupien lautenden Ver-
bindlichkeiten, die bisher in Münzen der Deutsch-
Ostafrikanischen Gesellschaft oder inindischen Rupien zu
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