Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Bei der Gestaltung des Gepräges der neuen 
Silbermünzen wurde von dem Grundsah ausgegangen, 
daß Neuerungen gegenüber dem den Eingeborenen 
bekannten Gepräge der Gesellschaftsmünzen möglichst 
zu vermeiden seien. Der Avers der Silbermünzen, 
der das Bildnis des Kaisers in Adlerhelm mit der 
Umschrift „Guilelmus II Imperatore trägt, wurde 
deshalb unverändert gelassen; der Revers, der bei 
den Gesellschaftsmünzen das Wappen der Gesellschaft 
trug, erhielt eine deutliche Wertbezeichnung inmitten 
einer aus Palmwedeln gebildeten Verzierung und die 
Umschrift „Deutsch Ostafrikat. Die neuen Kupfer- 
münzen, welche auf der Hundertteilung der Rupie 
beruhen (1 Rupie —= 100 Heller) erhielten auf der 
einen Seite die Kaiserliche Krone und die Umschrift 
„Deutsch Ostafrika4, auf der anderen Seite die 
Wertbezeichnung. . 
Ülber die staatsrechtliche Form, in welcher die 
Neuordnung der ostafrikanischen Münzverhältnisse zu 
erfolgen hatte, konnten Zweifel nicht wohl bestehen. 
Zunächst war für die Ausprägung der neuen, mit 
dem Bildnisse des Kaisers beziehungswelse mit der 
Kaiserlichen Krone ausgestatteten Münzen die Aller- 
höchste Genehmigung erforderlich. Ferner liegt der 
Erlaß von Bestimmungen über das Münzwesen der 
Schutzgebiete in der Kompetenz der Schutzgewalt, 
die der Kaiser auf Grund des § 1 des Schutzgebiets- 
gesetzes im Namen des Deutschen Reichs in den 
Schutzgebieten ausübt. Auf Grund der ihm über- 
tragenen Schutzgewalt ist der Kaiser berechtigt, die 
Gesetzgebung in den Schutzgebieten in der Form von 
Verordnungen auszuüben, soweit er nicht für be- 
stimmte Materien durch das Schutzgebietsgesetz selbst 
oder andere Reichsgesetze in der gesetzgebenden Ge- 
walt beschränkt ist, wie z. B. auf dem Gebiete des 
bürgerlichen Rechts, des Strafrechts, des gericht- 
lichen Verfahrens, der Beurkundung des Personen- 
standes, der Etatsfestsetzung, der Aufnahme von 
Anleihen und der Übernahme von Garantien. In 
bezug auf die Regelung des Münzwesens der Schutz- 
gebiete ist eine Beschränkung der gesetzgebenden Ge- 
walt des Kaisers durch kein Reichsgesetz ausgesprochen. 
Der Kaiser ist mithin kraft der ihm übertragenen 
Schutzgewalt besugt, durch den Erlaß von Ver- 
ordnungen das Münzwesen der Schutzgebiete zu 
regeln. Da ferner der Kaiser das ihm zustehende 
Verordmugzsrecht, soweit dessen Übertragbarkeit nicht 
ausdrücklich ausgeschlossen ist, an den Reichskanzler 
oder die Beamten der Schutzgebiete übertragen kann, 
ist er in der Lage, den Reichskanzler oder die Gou- 
verneure zum Erlasse der für die Regelung des 
Münzwesens erforderlichen Vorschriften zu ermäch- 
tigen. Auf Grund einer allgemeinen Delegation des 
Verordnungsrechts, wie sie z. B. in der Kaiserlichen 
Verordnung vom 19. Jult 1886 enthalten ist, haben 
bisher in den Schutgebieten die Gouverneure Ver- 
ordnungen über das Münzwesen erlassen. Im vor- 
iegenden Falle schien es der Wichtigkeit der Sache 
zu entsprechen, daß die Regelung von dem durch 
315. 
  
Allerhöchste Ordre ausdrücklich dazu ermächtigten 
Reichskanzler ausgehe. 
Durch Allerhöchste Ordre vom 23. Dezember 
1903 erklärte sich Seine Majestät der Kaiser mit 
der Ausprägung der neuen Münzen nach den vor- 
gelegten Zeichnungen einverstanden und ermächtigte 
gleichzeitig den Reichskanzler, die für die Ordnung 
des ostafrikanischen Münzwesens weiterhin erforder- 
lichen Vorschriften zu erlassen. : 
In Gemäßheit dieser Allerhöchsten Ordre hat 
der Reichskanzler die Verordnung, betreffend das 
Münzwesen des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets, 
vom 28. Februar 1904, erlassen. 
Die Verordnung regelt in den §8§ 1 bis 3 das 
Münzsystem des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets. 
Die Rechnungseinheit ist die Rupie, die in 100 Heller 
eingeteilt wird. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens 
der Hundertteilung der Rupie bleibt der Bestimmung 
durch den Gouverneur überlassen. Die Stückelung 
der Silbermünzen bleibt dieselbe wie bisher. An 
Kupfermünzen sind ½= und ½-Hellerstücke vorge- 
sehen; damit wird dem Mangel an einem kleineren 
Münzstück als dem Pesa, der sich im kleinen Ver- 
kehre störend fühlbar gemacht hat, abgeholfen. 
Die 88 4 bis 7 regeln die Beschaffenheit der 
einzelnen Münzstücke nach Metallgehalt und Gepräge. 
Der Metallgehalt der Silbermünzen bleibt unver- 
ändert. Die neuen Kupfermünzen sollen aus der- 
selben Legierung geprägt werden wie die Reichs- 
kupfermünzen, während die Pesa der Deutsch--Ost- 
afmikanischen Gesellschaft aus reinem Kupfer bestehen; 
die Neuerung ist aus münztechnischen Gründen vor- 
genommen worden. Über das Gepräge ist bereits 
oben das Erforderliche gesagt. 
§ 8 ordnet die Frage des Prägerechts, indem 
er bestimmt, daß die Ausprägung der in der Ver- 
ordnung vorgesehenen Münzen für Rechnung des 
deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets und nach Maß- 
gabe des vorhandenen Bedarfs erfolgt. In der 
Fassung dieses Paragraphen ist einmal das mit dem 
Charakter des deutsch-ostafrikanischen Geldwesens, 
das als ein Silberumlauf auf Basis des Goldwerts 
gedacht ist, nicht vereinbarliche freie Prägerecht aus- 
drücklich ausgeschlossen; gleichzeitig ist zum Ausdrucke 
gebracht, daß die Ausprägung der deutsch-ostafri- 
kanischen Landesmünzen auf Kosten des ostafrikanischen 
Schutzgebiets geschieht und daß anderseits die Präge- 
gewinne dem Schutzgebiete zufließen. Die Begren- 
zung der Ausprägung auf den vorhandenen Bedarf 
ergibt sich aus der Absicht der Aufrechterhaltung 
eines bestimmten Goldkurses der Rupie. Eine 
ziffermäßige Begrenzung der Ausprägungen ist nach 
Lage der Verhältnisse nicht möglich. 
In den 8§8 9 bis 11 sind die rechtlichen Quali- 
täten der neuen Münzen geregelt. Die neuen deutsch- 
ostafrikanischen Landesmünzen werden zum gesetzlichen 
Zahlungsmittel für alle auf Rupien lautenden Ver- 
bindlichkeiten, die bisher in Münzen der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft oder inindischen Rupien zu 
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