Full text: Deutsches Kolonialblatt. XV. Jahrgang, 1904. (15)

Beamten durch den Staatssekretär für die Kolonlen 
angestellt. Die Vermittlungsaufträge erhalten sie 
von den Regierungen oder, soweit es sich um Schutz- 
gebiete handelt, von dem Staatssekretär. Bei Aus- 
führung dieser Aufträge haben sie lediglich zu prüfen, 
ob dieselben von den zuständigen Behörden erteilt 
sind, und nur dann haben sie vor Aussführung der 
Aufträge die Genehmigung des Staatssekretärs ein- 
zuholen (was bisher bei allen Aufträgen erforderlich 
war), wenn sie begründeten Anlaß zu der Annahme 
haben, daß der Staatssekretär sich bewogen fühlen 
werde, die Aufträge abzuändern oder zurückzuziehen. 
Dadurch werden die Kronagenten bezüglich der Frage 
nach der Verantwortlichkelt für die erteilten Aufträge 
ausgeschaltet, und liegt letztere allein bei den Kolo- 
nialregierungen, die streng darauf zu achten haben, 
daß nur solche Aufträge den Kronagenten übertragen 
werden, die im Rahmen der gesetzlichen Besugnisse 
der Kolonialbehörden erteilt werden können. Die 
Aufträge sollen so deutlich wie möglich gefaßt sein, 
Warenbestellungen sollen sich möglichst nur auf all- 
gemein gebräuchliche, gangbare Waren erstrecken, und 
soll beim Ankauf für die Festsetzung des Kaufpreises 
den Kronagenten ein gewisser Spielraum gelassen 
werden. Auch soll angegeben werden, ob die Be- 
stellung dringend ist, und ob eine Untersuchung bei 
Abnahme der gekauften Waren stattfinden soll 
oder nicht. 
Durch diese Vorschriften soll ein langwieriger 
Briefwechsel zwischen den Kronagenten und den 
Kolonien tunlichst vermieden und eine möglichst 
schnelle Erledigung der Austräge herbeigeführt werden. 
Ferner sollen, wenn eine Kolonialreglerung von be- 
stimmten Firmen Angebote über zu liefernde Waren 
zu erhalten wünscht, die Kronagenten hiervon nur 
aus triftigen Gründen abgehen, jedoch sollen die 
Kolonialregierungen es möglichst vermeiden, derartige 
Wünsche auszusprechen, da die Kronagenten vermöge 
ihrer größeren Kenntnis der Verhältnisse eher in der 
Lage sind, die richtige Auswahl unter den Firmen 
zu treffen, als die mit den örtlichen Verhältnissen 
in England nicht näher vertrauten Kolonialregierungen. 
Den leitenden Persönlichkeiten in den Kolonial= 
regierungen wird es schließlich zur Pflicht gemacht, 
bei ihrem jeweiligen Aufenthalt in England mit den 
Kronagenten und ihren Hilfsbeamten persönliche 
Fühlung zu suchen. 
Die Art und der Umfang der Geschäftsführung 
des Instituts der Kronagenten ist in einer dem oben 
erwähnten Rundschreiben beigesügten Denkschrift aus- 
führlich geschildert, die nachstehend in wörtlicher 
Übersetzung folgt: 
Denkschrift 
über die Dienststellung und die Obliegenheiten der 
Kronagenten für die Kolonien. 
1. Die Kronagenten sind für alle Kolonien, so- 
weit sie nicht Selbstverwaltung haben, und für alle 
Schutzgebiete, die dem Kolonialamt unterstehen, die 
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Handels= und Finanzagenten in dem vereinigten 
Königreich Großbritannien. Eine ähnliche Stellung 
nehmen sie den dem Auswärtigen Amt unterstehenden 
Schutzgebieten gegenüber ein. 
2. Den Kolonlalregierungen sind sie unmittelbar 
verantwortlich, jedoch übt der Staatssekretär für die 
Kolonien eine allgemelne Kontrolle über ihre Ge- 
schäftsführung aus, und empfangen sie von diesem 
bisweilen in grundsätzlichen, dringlichen oder besonders 
wichtigen Fragen Instruktionen. 
3. Sie werden von dem Staatssekretär für die 
Kolonien ernannt und beziehen von diesem festgesetzte 
Gehälter. Diese Gehälter und andere Ausgaben 
für ihre Geschäftsführung, einschließlich der Pensionen, 
werden aus einem Fonds bestritten, der durch Abgaben 
der einzelnen Kolonialreglerungen gebildet wird, die 
diese für die Inanspruchnahme der Kronagenten zu 
leisten haben. Keine Zahlung aus diesem Fonds 
erfolgt ohne Genehmigung des Staatssekretärs. Die 
Höhe der zu diesem Fonds zu leistenden Abgaben 
wird von dem Staatssekretär festgesetzt. Aus diesen 
Mitteln wird das Institut der Kronagenten erhalten, 
und unterliegt deren Bewilligung nicht Parlaments- 
beschlüssen. Das Rechnungswesen wird durch den 
Comptroller and Anditor-General überwacht, und 
werden Auszüge dem Staatssekretär vorgelegt. 
4. Der Umfang der Geschäfte der Kronagenten 
bat von Jahr zu Jahr bedeutend zugenommen, und 
vermitteln sie solche jetzt nicht nur für 44 Kolonien 
und Schutzgebiete, sondern auch für die West African 
Frontier Force, die King's African Rifles, die 
South African Constabulary und die Uganda- and 
Central South African Railways. 
5. Wenn wichtige Staatsanlagen, wie Eisen- 
bahnen, Hafenbouten oder wasserwuttschaftliche An- 
logen usw., in den Kolonien ausgeführt werden 
sollen, so liegt die Vermittlung der zu diesem Zweck 
in England abzuschließenden Verträge in den Händen 
der Kronagenten. Wenn solche Anlagen von einer 
Kolonialregierung mit Zuziehung englischer Ingenieure 
hergestellt werden sollen, so haben die Kronagenten 
das Erforderliche zur vorläufigen Anfertigung von 
Zeichnungen und Voranschlägen und zur nachfolgenden 
Ausarbeitung der Pläne zu besorgen. Soll die 
Ausführung der Anlage durch einen Unternehmer 
erfolgen, so lassen sie sich auf dem Submissionswege 
Angebote machen und schließen nach Erledigung der 
Vorarbeiten die erforderlichen Verträge ab. Die 
Korrespondenz zwischen den Kolonialregierungen und 
den als Sachverständige zugezogenen Ingenieuren 
wird durch die Kronagenten geführt, und sollen sie 
im allgemeinen über alle hierbei auftauchenden be- 
merkenswerten oder wichtigen Fragen sowohl dem 
Staatssekretär wie der betreffenden Koloniolregierung 
berichten. Mit der Uberwachung der Ausführung 
der vergebenen Anlage haben die Kronagenten nichts 
zu tun; dies ist vielmehr Sache der Kolonialregie- 
rungen, denen es überlassen bleibt, erforderlichenfalls 
besondere Beamte hlermit zu betrauen, die dann
	        
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